Wir gehen immer noch von Lockdown zu Lockdown, in den Schulen herrscht Chaos, in der Politik regiert die Uneinigkeit und in der Bevölkerung macht sich zusehends mehr Unmut breit.
Das einzig Positive, was in den letzten Monaten zustande gebracht wurde ist, dass die Impfkampagne jetzt langsam an Fahrt aufnimmt. Aber auch hier läuft einiges nicht rund. Impfstoffe werden abgesetzt, dann doch wieder erlaubt, aber nur für Menschen ab einem Alter von 60 Jahren und am Schluss doch wieder für alle?
Andere Impfstoffe werden nicht geliefert oder gar nicht erst zugelassen. Impfpriorisierungen werden seit Monaten heilig gesprochen und dann doch wieder übergangen? Hieß es nicht die ganze Zeit, dass man eine Erkrankung haben, einen Impfcode aufgrund einer bestimmten Berufsgruppe oder ein entsprechendes Alter haben muss, um mit Termin und dann nach langem Warten geimpft zu werden? Und was ist seit kurzem der Fall?
In Problemvierteln mit einer hohen Arbeitslosenquote und / oder Ausländerquote wird geimpft, in einem Bus mit einem engagierten Ärzteteam. Ohne viel Bürokratie, jedoch mit langem Anstehen bekommen alle, die eine Impfung wollen die lang ersehnte Spritze. Dazu kann ich nur noch sagen, na endlich! Während die gut betuchten Herren und Damen sich in Berlin über Wochen und Monate nicht einig wurden, packten Städte wie Köln und Mannheim die Gelegenheit beim Schopf und handelten, um aus der Pandemie herauszukommen.
Und dann wäre da ja noch die ständige Frage nach Erleichterungen für Geimpfte und Genesene. Diese vermeintlichen Boni beherrschen die Politik und geben unserer Bevölkerung zu denken. Was können Jugendliche und junge Erwachsene ohne Vorerkrankungen oder Menschen in nicht risikobelastenden Berufsgruppen dafür, dass ihnen noch kein Impfangebot gemacht wurde? Müssen die, die sowieso schon einen Teil ihrer Jugend, ihrer Karriere oder ähnliches geopfert haben jetzt noch weiter bezahlen? Ja, scheinbar ist es so. Eigentlich wäre es doch schon genug an Belastung, dass Geschäfte, Sport- und Kultureinrichtungen und Vergnügungseinrichtungen nicht öffnen dürfen, stattliche Hilfen entweder gar nicht, sehr verspätet oder in nur unzureichender Menge ankommen, oder? Es scheint wirklich jede entscheidende Person überfordert zu sein.
Im Saarland zum Beispiel gelten seit Montag, den 03. Mai 2021 Erleichterungen. Die Testpflicht für Genesene als auch zwei Wochen nach der Zweitimpfung für Geimpfte entfällt. Dabei ist es aber doch so, einen 100%igen Schutz bietet keine Impfung und auch nicht das Überstehen von Corona. Jeder kann infiziert werden, vielleicht nicht so leicht, aber infiziert werden können auch Geimpfte und Genesene. Stellen wir uns vor, eine vollständig Geimpfte Person hat Kontakt mit einer unwissentlich mit einer Coronamutation infizierten Person. Der Geimpfte wird angesteckt, was ja theoretisch sein kann. Dieser geimpfte Mensch geht dann in den Einzelhandel, zum Friseur oder ins Fitnessstudio. Dass er infiziert ist, bemerkt er selbst nicht und auch kein Test, denn die Testpflicht entfällt ja laut Gesetz. Nun hat dieser eine Mensch der scheinbar sicher zu sein schien vielleicht noch viele andere Menschen angesteckt. Ist das wirklich das, was wir uns alle wünschen? Eine zwei Klassen Gesellschaft, die wir aufgrund der Verteilung von Arm und Reich sowieso schon haben? Müssen Freunde und Familienmitglieder, die geimpft und nicht geimpft sind wirklich so auseinandergebracht werden? Heißt es nicht immer alle für einen und einer für alle? Ganz oder gar nicht?
Und was ist dann mit den plötzlich systemrelevanten Berufen wie Verkäufer oder Altenpfleger? Seit nunmehr über einem Jahr wird über mehr Gehalt diskutiert, passiert und bei den Menschen angekommen ist aber bis heute nur wenig. Ja, Politiker sein ist in diesen Tagen scheinbar eine unlösbare Mammutaufgabe. Und jetzt kommt auch noch ans Tageslicht, dass ein Tarifvertrag für Altenpflegekräfte momentan nicht zustande kommen kann, und warum?
Weil sich der vermeintliche Samariter unter den Trägern dagegenstellt, mit der fadenscheinigen Ausrede, dass die guten Bedingungen mancherorts durch einen flächendeckenden Tarifvertrag gefährdet werden könnten. Mensch Leute, die die sich für so groß und wichtig halten in Politik und Vorstand. Wenn euch das Schicksal der Menschen wirklich interessiert und am Herzen liegt, dann würdet ihr dafür sorgen, dass gute Bedingungen durch den Tarifvertrag bleiben und schlechte verschwinden. Setzt euch doch bitte endlich an die ritterliche Tafelrunde und tut was für euer manchmal scheinheiliges Ritterdasein! Es sind doch gerade die, die sich jeden Tag in Gefahr begeben, in der Masse von Hamsterkäufen trotz üblen Beschimpfungen einen kühlen Kopf bewahren oder unsere Angehörigen pflegen und alles dafür tun, damit wir sie genesen wieder in die Arme schließen können. Sollen wir diese Menschen noch zusätzlich in Gefahr bringen, indem wir uns nicht mehr testen lassen, wenn wir geimpft sind oder die Krankheit überstanden haben? Ich denke, das muss nicht sein.
Ich selbst bekomme am 31. Mai 2021 meine zweite Coronaschutzimpfung und bin zwei Wochen später „vollständig“ geschützt. Dennoch lasse ich mich dann weiterhin testen, freiwillig. Dies tue ich nicht, weil ich es angenehm finde ein Stäbchen bis fast ins Gehirn geschoben zu bekommen oder weil ich plötzlich Spaß an Vorschriften, die meine Person einschränken habe, sondern um andere Menschen in meiner Umgebung zu schützen. Da wäre zum Beispiel mein Mann, der als Maler jeden Tag bei unterschiedlichen Kunden steht, freundlich zu ihnen ist und keinerlei Würdigung in Form einer Impfung bekommt.
Die Angst, sich zu infizieren ist allgegenwärtig und folgt ihm auf Schritt und Tritt. Beinahe hämisch kann er es bildlich vor sich sehen, wie sie ihn auslacht, oder denkt ihr, dass es jedem der geimpft oder genesen ist auf der Stirn stehen hat: „Ich stelle keine Gefahr mehr dar“? Maler ist kein Systemrelevanter Beruf und er kann auch nicht im Homeoffice arbeiten. In einer Priorisierungsgruppe ist er dennoch nicht. Er ist gesund und mit 41 Jahren relativ jung. Also wird er bei der Impfung einer der letzten sein. Eine neue Hoffnung, die für ihn seit heute, den 07.05.2021 besteht ist, dass Astra Zeneca scheinbar freigegeben wird. Der Impfstoff, der vor wenigen Wochen noch ausgesetzt wurde und als „gefährlich“ galt, zunächst nur für Menschen ab 60 eingesetzt werden durfte, soll jetzt für alle Personengruppen freigegeben werden? Ich denke ich muss nicht extra erwähnen welche Ironie in diesem Gedankenvorgang steckt.
Außerdem wäre da noch meinen Vater, der für die Gastronomie im Außendienst arbeitet und täglich sehr viele Kundenkontakte hat. Aber auch er, im Alter von 64 Jahren hat erst jetzt, am 04.05.2021 eine Impfung bekommen. Und dass nur dadurch, dass ein Sonderkontingent Astra Zeneca zur freiwilligen Verimpfung zur Verfügung stand.
Wenn es heißt, wir wollen durch das Impfen Leben retten, dann widerspricht es sich diese Leben mit einer solchen Leichtsinnigkeit wieder aufs Spiel zu setzten. Der Wegweiser sollte Zusammenhalt und gleiches Recht für alle sein.
Immer öfter kommt auch die Frage auf, impfen oder nicht impfen? Prominente, die Werbung für eine Coronaschutzimpfung machen werden bedroht, belästigt und aufs übelste Beschimpft (Günther Jauch). Andere sagen, wir wären wieder in Hitlerzeiten angekommen. Ich persönlich denke, wer so etwas behauptet, hat noch nie mit seinen Eltern oder Großeltern über diese Zeit gesprochen, sonst würden solche Behauptungen nicht aufgestellt werden. Eines ist allerding sicher und mittlerweile Kräfte zerrend und nervend. Wir alle müssen uns erheblich einschränken, zurückstecken, sehen wie unsere Kinder leiden und unsere Existenzen zugrunde gehen. Und hier, so denke ich sind wir uns alle einig, das muss ein Ende haben. Wir alle wollen wieder in Clubs gehen, Kultur genießen, ins Restaurant gehen, uns mit Freunden treffen, auf Konzerte gehen, zur Schule und arbeiten gehen. Und womit bekommen wir das alles wieder zurück? Mit Durchhaltevermögen, Impfungen und Respekt.
Und ja, ich gehe sogar so weit und sage, dass Corona, nachdem wir das als Gesellschaft, als Gemeinschaft überstanden haben werden ein Segen war. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass wir es vermissen, arbeiten zu gehen? Wer hätte gedacht, dass wir es einmal so schätzen, in einem freien Land zu leben, indem wir im Normalzustand im legalen Bereich alles machen können, was wir wollen? Welche Mutter hätte gedacht, dass sie auch Lehrerin und Therapeutin sein kann? Welches Kind hätte gedacht, die Schule zu vermissen? Und vielleicht, wenn wir uns alle anstrengen, bekommen manche Berufe auch in Zukunft mehr Anerkennung und der Respekt, den wir jetzt schon füreinander entwickelt haben, bleibt.
Es ist mehr Empathie für andere Dinge entstanden. So hat die Politik die Klimaziele so angesetzt, so dass wir nach der Pandemie (sie wird uns sicher noch einige Zeit begleiten) mit dem Blick nach vorne in eine Zukunft gehen können, die auch unsere Kinder mit einem guten Gefühl annehmen werden. Füreinander stehen und einstehen, das ist das, was die Pandemie uns gelehrt hat und weiterhin lehren wird. Mit dem geringsten zufrieden sein und sich über jeden kleinen Fortschritt freuen. Letztendlich machen doch die kleinen Dinge im Leben glücklich. Und so kann die Coronapandemie auch für die Gesellschaft und für jeden Einzelnen ein Segen sein! Das kleine Glück zu schätzen, nicht auf das große Glück vielleicht vergebens zu warten und in jedem Tag etwas positives sehen. Das lässt uns als Einzelpersonen aber auch als Gesellschaft wachsen und reifen.