Nach Ansicht von Hans Bethge, geschäftsführender Partner bei der Angermann M&A International GmbH aus Hamburg, wirkt sich die internationale Finanzkrise immer stärker auch auf den deutschen M&A-Markt aus. So rechnet er mittlerweile nicht mehr mit einem Wachstum im mittelständischen deutschen M&A-Markt, erwartet jedoch in diesem Sektor weiterhin in bestimmten Segmenten positive Impulse: Sinkende Unternehmenspreise machen eine Zunahme der Cross-Border-Deals - insbesondere durch osteuropäische Investoren - wahrscheinlich. Ebenso ist zu erwarten, dass Verkäufe aufgrund von Nachfolgeregelungen und auslaufenden Mezzanine-Programmen ansteigen.
Rückgang der Transaktionszahlen und -volumina
"Für 2008 erwarten wir für Deutschland einen Rückgang der Transaktionszahlen und der Transaktionsvolumina", gibt sich Bethge skeptisch. "Wenn sich das zweite Halbjahr 2008 vom derzeitigen Trend nicht deutlich absetzen kann, ist bestenfalls eine Stagnation der deutschen M&A-Aktivitäten zu erwarten." Zwar wirke sich die Liquiditätsverknappung in erster Linie auf Transaktionen jenseits der 75-Millionen-US-Dollar-Grenze aus, doch die zunehmende Verunsicherung im internationalen Finanzsektor ist nun auch auf dem mittelständischen M&A-Markt zu spüren.
Rückgang der teilweise überzogenen Unternehmensbewertungen zu beobachten
"Die 'fetten' Jahre sind definitiv erst einmal vorüber, denn der Einbruch der Nachfrage bei den Finanzinvestoren wirkt sich nun deutlich auf die zu erzielenden Marktpreise aus", kann Bethge eine klare Trendwende am Markt erkennen. "So ist eine Korrektur der teilweise überzogenen Bewertungen zu beobachten. Da im Mittelstand aber nur bei jeder dritten Transaktion Finanzinvestoren beteiligt waren, gleichen die strategischen Investoren, die mit gut gefüllten Kassen im deutschen Mittelstand auf Einkaufstour sind, die Zurückhaltung der Finanzinvestoren aus."
Unsichere Folgefinanzierungen machen alternative Finanzierungsmodelle notwendig
"Spätestens ab der zweiten Jahreshälfte 2008 werden Verkäufe, die aus Finanzierungsnotwendigkeiten heraus erfolgen, zunehmen. Um Liquiditätsengpässen vorzubeugen, werden einige Unternehmen die Anlehnung an strategische Investoren suchen. Denn die ersten Mezzanine-Programme werden bald auslaufen und die Folgefinanzierungen sind durch die derzeitige restriktivere Kreditvergabe nicht für alle Unternehmen und zumindest nicht zu den bisherigen Konditionen gesichert", skizziert der M&A-Experte weitere Folgen der internationalen Kreditkrise für die kommenden M&A-Aktivitäten.
"Mittelständische Unternehmen mit einer starken Eigenkapitalquote dürften mit dieser Situation weniger Probleme haben."
Zunahme der Cross-Border-Deals im deutschen Mittelstand zu erwarten
Neben der Unternehmensnachfolge wird die Zunahme von Cross-Border-Deals im deutschen Mittelstand ein weiterer bestimmender Faktor für das laufende Jahr sein. "Das Interesse aus Osteuropa, China und Indien an der Übernahme von mittelständischen deutschen Firmen ist weiter ungebrochen hoch. Hier können die sinkenden Preise sogar das Geschäft noch weiter forcieren", gewinnt Bethge der Finanzkrise sogar positive Seiten ab. Doch seiner Ansicht nach wird sich das Geschäft in die umgekehrte Richtung ebenfalls besser entwickeln. "Wir erwarten eine Zunahme der deutschen Aktivitäten vor allem in Osteuropa." Gegenüber anderen Anrainerstaaten haben die Deutschen hier noch ein großes Nachholpotenzial. "Die günstige Euro-Entwicklung und die derzeit niedrigen Zentralbanksätze werden besonders eigenkapitalstarken deutschen Mittelständlern den Weg ins Ausland erleichtern und somit die Cross-Border-Aktivitäten auf einem hohen Niveau halten", prognostiziert der Hamburger M&A-Experte.