Zahlreiche Untersuchungen (als Metastudie: Frazelle/Munro 2011) bestätigen die Rolle der Zahnbürste bei der Übertragung von Infektionen wie Erkältungskrankheiten, Lippenherpes oder Parodontitis. Patienten, die an Infektionen leiden, sollten daher ihre Bürste regelmäßig desinfizieren oder austauschen, um Re-Infektionen zu vermeiden (Plagmann 1998, Splieth 2000, Sato 2005). Lippenherpes weist durch Re-Infektion mit der Zahnbürste einen längeren und zuweilen schlimmeren Krankheitsverlauf auf, ähnlich verhält es sich bei Halsentzündungen oder einer Grippe. Sogar hartnäckige Pilze wie Candida albicans werden auf Zahnbürsten nachgewiesen - hat der Patient eine Pilzinfektion im Mund, sollte er noch genauer auf die Zahnbürstenhygiene achten.
Besondere Risikogruppen
Ein spezielles Augenmerk auf eine nahezu keimfreie Mundhygiene sollten Patienten mit Stoffwechselerkrankungen und Krebspatienten legen: Da die Abwehr geschwächt ist, kommt es leicht zu Infektionen - vor allem an den Schleimhäuten. Bei Erkrankungen an Krebs oder AIDS ist das Immunsystem häufig so geschwächt, dass es zum Pilzbefall in der Mundhöhle (Mundsoor) kommt. Hier gilt es, etwaige Re-Infektionen über Zahnbürste oder Zahnprothese auf jeden Fall zu vermeiden, denn eine Zahnbürste kann bis zu 10⁵ KBE Candida albicans beherbergen.
Diabetiker wiederum haben eine herabgesetzte Widerstandskraft, die ein intraorales Wundrisiko mit Auswirkungen auf den Diabetes begünstigt. So kann schon eine "harmlose" Parodontitis eine gute Blutzuckereinstellung gefährden. Ähnliche Wechselwirkungen werden zwischen Parodontitis und rheumatischen Erkrankungen beschrieben. Bei Patienten in der Klinik und im Pflegeheim kommen das häufige Auftreten von (multi-)resistenten Keimen wie MRSA und die Nähe zu anderen Patienten hinzu, die oft antibiotikaerfahren sind. Für den Schutz vor MRSA in der Zahnarztpraxis gibt es Anleitungen, doch welchen Rat gibt man den Patienten für die häusliche oder pflegerische Mundhygiene?
Zahnbürste und Zahnprothese desinfizieren
Die Desinfektion mit dem Goldstandard Chlorhexidin erscheint als das Mittel der Wahl, um Zahnbürste & Co antiseptisch zu behandeln - die Anwendung als hochkonzentriertes Spray ist dabei besonders effektiv (Sato 2005). Das patentierte Dentalspray ist mittlerweile unter dem Namen anti-infect mit 1,5%-igem Chlorhexidinacetat erhältlich. Es bekämpft alle relevanten Bakterien, Viren und Pilze, zwei Minuten nach dem Aufsprühen auf der Bürste sind keine Mikroorganismen mehr nachweisbar (Brill 2012). Unerwünschte Nebenwirkungen wie Zahnverfärbungen oder ein unangenehmer Geschmack sind nicht zu erwarten, zumal die Zahnbürste abschließend abgespült wird. Das Spray ist in der Apotheke (PZN 9715485 - 14,95€/100ml), über DENTIQUES und im Dentalhandel erhältlich.
Dr. Jens Hartmann, Zahnarzt und Hygienebeauftragter: "Nach HIV, BSE und EHEC nun wieder Ebola, MRSA und Hygienemängel in Kliniken. Die mediale Aufmerksamkeit ist jeweils groß, Besserungen werden zu Recht gefordert. Bei Zahnärzten sehe ich in der gewissenhaften Aufklärung über häusliche Mundhygiene Verbesserungspotenzial, denn für manche Praxen gilt noch immer der Satz: >Ein Patient, der die Praxis verlässt, ist verlassen.< Wenn Zahnarzt oder Helferin den Patienten dagegen über den Stellenwert der häuslichen Mundhygiene und des Infektionsschutzes aufklären, ihm die Anwendung hilfreicher Produkte erklären, ihn in seiner Eigenverantwortung stärken - dann haben wir für seine Mundgesundheit und für den Infektionsschutz schon viel erreicht.
Selbst im Klinikkontext kommt Prävention zu kurz: Das RKI schreibt z.B. die Desinfektion der Zahnbürste oder des Kombinationsersatzes erst bei bestehendem MRSA-Befall zwingend vor. Auch Pflegerichtlinien nehmen kaum Bezug auf die Vermeidung von Zahnbürstenkontaminationen. Die Vermeidbarkeit nosokomialer Infektionen belegen die Niederlande: Dort beträgt die Infektionsrate nur 0,6% im Vergleich zu ca. 5% in Deutschland. Angesichts von ca. 500.000 nosokomialen Infektionen mit mutmaßlich 30.000 Todesfällen sollte Deutschland beim Infektionsschutz noch besser werden.
Da der Mund eine, wenn nicht sogar die Haupteintrittspforte für Keime ist, rate ich z. B. Klinik- und Heimpatienten vorsorglich zur täglichen Desinfektion von Zahnbürste und Zahnprothese. Schließlich sind Ältere durch ein geschwächtes Immunsystem und häufige Antibiotikaerfahrung besonders anfällig für multiresistente Keime. Doch in manchen Pflegeheimen wird noch nicht einmal im Akutfall desinfiziert - als kooperierender Zahnarzt erlebe ich sogar, dass MRSA-Patienten für die Dauer der Sanierungsphase ihre Prothese nicht tragen können, weil Zeit, Geld und Know-how für die erforderliche und vorgeschriebene Desinfektion fehlen. Die Gerontostomatologie und die Hygienewissenschaft müssen also noch viel Aufklärungsarbeit vor Ort leisten. Die Vergütungssätze für Mundhygiene bei Pflegebedürftigen bzw. Intensivpatienten sollten daher von der Politik überdacht werden, um dem pflegenden Personal oder den pflegenden Angehörigen die Möglichkeiten dafür zu eröffnen. Das wäre einfach und nicht einmal so teuer."