Nach Meldung des Anwalt-Suchservice (Service-Rufnummer: 0900 - 10 20 80 9/ 1,99 €/ Min.*) war ein Harleyfahrer innerorts auf einer Straße unterwegs, auf der Tempo 50 galt. An einer Grundstückseinfahrt wollte er links abbiegen. Er blinkte, ordnete sich ein, sah in den Rückspiegel sowie über die Schulter und setzte zum Abbiegen an. Drei ihm nachfolgende Pkws verzögerten leicht, um ihm das Fahrmanöver zu ermöglichen. Hinter der kleinen Autokolonne näherte sich jedoch ein Kawasakifahrer. Er überholte die drei abbremsenden Pkws mit 75 km/h und kollidierte prompt mit der Harley. Deren Fahrer wurde verletzt und sein Motorrad erheblich beschädigt.
Später verklagte er den Kawasakifahrer auf Schadensersatz, doch der wollte nicht zahlen. Der Harleyfahrer sei selbst schuld, meint er, da er unvorsichtig abgebogen sei. Das LG Bielefeld sah das allerdings anders (Az.: 8 O 96/07). Komme es zwischen einem Linksabbieger und einem Überholer zum Zusammenstoß, so spreche zwar normalerweise der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Abbiegende seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Anders sei es aber, wenn besondere Unfallumstände hinzukämen, die dagegen sprächen. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn der von hinten Kommende dem Linksabbieger nicht unmittelbar folgte, sondern zunächst eine Fahrzeugkolonne überholt habe, bevor er mit ihm kollidierte.
Das, so die Richter weiter, sei hier der Fall gewesen. Es sei ungewiss, ob der Linksabbieger die zum Überholen ansetzende Kawasaki überhaupt habe sehen können, da die ja zunächst an drei Pkws vorbeiziehen musste, bevor sie ihn erreichte. Ein verkehrswidriges Verhalten sei bei ihm insgesamt nicht festzustellen.
Demgegenüber sei der Kawasakifahrer nicht nur mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren; er habe zudem auch noch bei unklarer Verkehrslage überholt. Den Umständen nach habe er nicht damit rechnen dürfen, dass das Überholen gefahrlos möglich war, so das Gericht. Denn erstens hätten die drei Autofahrer vor ihm auf freier Strecke plötzlich verzögert, wodurch er hätte gewarnt sein müssen. Und zweitens habe er spätestens nach dem Ausscheren den links abbiegenden Harleyfahrer sehen können. Er hätte den Überholvorgang daraufhin abbrechen müssen, so die Richter. Dadurch, dass er trotzdem weiterfuhr, habe er sorgfaltswidrig gehandelt.
Im Ergebnis müsse der Kawasakifahrer zu 80 Prozent für den Schaden aufkommen. Der Harleyfahrer hafte dagegen nur für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs und habe 20 Prozent zu tragen, so das Urteil.