"Sparen ist beileibe kein Selbstzweck", betonte Hermann. "Frei werdende Finanzmittel können wir zum Beispiel in innovative Versorgungsformen investieren." Die Rabattverträge der AOKs, so Hermann, seien die effektivste Methode, die Arzneimittelkosten ohne Qualitätseinbußen zu senken.
"Rabattverträge, wie sie die AOK ausschreibt und umsetzt, sorgen zudem für eine hohe Kontinuität in der Arzneimittelversorgung", betonte der Vorstandsvize. "Wir haben für jeden Wirkstoff einen exklusiven Partner. AOK-Patienten erhalten deshalb zwei Jahre in jeder Apotheke garantiert das gleiche Medikament. Damit verhindern wir den sonst üblichen Wechsel von Medikamenten." Eine heute in Berlin veröffentlichte Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) belegt diese Aussage. "Danach hat der Medikamentenwechsel bei Patienten, die bei der AOK versichert sind, nach Einführung der Rabattverträge deutlich abgenommen", sagte Hermann. "Das gilt insbesondere für umsatzstarke Medikamente. Zum wirtschaftlichen Erfolg, der allen Versicherten nutzt, kommt also eine deutliche Verbesserung der Therapietreue."
Der AOK-Chefverhandler für die bundesweiten Generikaverträge kündigte bereits die nächste Ausschreibung an. Sie werde rund 100 Wirkstoffe umfassen. Das betreffe die Medikamente der im Frühjahr 2012 auslaufenden vierten Vertragstranche, aber auch weitere Arzneimittel, für die in der nächsten Zeit der Patentschutz auslaufe.
Er gehe davon aus, dass die Pharmaindustrie aus ihren Niederlagen in den Nachprüfungsverfahren zur aktuellen Rabattrunde (AOK VI) gelernt habe, sagte Hermann. "Der Wechsel der Gerichtsbarkeit von den Sozialgerichten hin zu den Zivilgerichten hat den Pharmafirmen nicht den erhofften Erfolg gebracht. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat als oberstes zuständiges Zivilgericht unser Ausschreibungsverfahren ausdrücklich bestätigt."
Auch das Bundeskartellamt habe sich nie negativ geäußert, betonte der AOK-Vorstand. "Nicht zuletzt deshalb, weil wir uns dafür einsetzen, dass bei den Strukturen unserer Ausschreibung auch mittelständische Arzneimittelhersteller zum Zug kommen können."
Angesichts der aktuellen Rechtsprechung und der erfolgreichen AOK-Rabattverträge sei die Bundesregierung gut beraten, endlich mehr Handlungsspielraum für Kooperationen zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen zu schaffen und weniger vermeintlichen Industrieinteressen zu folgen. "Der GKV-Arzneimittelmarkt braucht klare wettbewerbliche Spielregeln, aber keine Sicherung von Erbhöfen für Leistungserbringer", so Christopher Hermann.
Die inzwischen 6. Tranche der bundesweiten AOK-Arzneimittelrabattverträge für Generika ist am 1. Juni 2011 pünktlich gestartet. Sie umfasst 560 Verträge über 80 Wirkstoffe mit 30 pharmazeutischen Unternehmen. Zusammen mit den in diesem Jahr parallel laufenden Vertragstranchen IV und V haben die AOKs aktuell 172 Wirkstoffe unter Vertrag. Die Verträge decken zwei Drittel des AOK-Generikamarktes ab. Das entspricht bundesweit einem jährlichen AOK-Umsatzvolumen von mehr als 3,5 Milliarden Euro.