Hintergrund des AOK-Vorgehens ist die Empfehlung des BHÄV an die Hausärzte, kollektiv auf die vertragsärztliche Zulassung zu verzichten. Anschließend sollen Versorgungsverträge geschlossen werden, die sich nicht mehr im Rahmen des Sozialgesetzbuchs (SGB) bewegen. Anlass dafür dürfte die neue Gesetzeslage sein, wonach neue Hausarzt-verträge nur noch dann höhere Honorare vorsehen dürfen als die Regelversorgung, wenn diese durch Einsparungen finanziert werden.
Die AOK Bayern sieht durch das Vorgehen des BHÄV die ambulante Versorgung der bayerischen Bevölkerung und die Existenz tausender Arztpraxen bedroht und bezeichnet das Vorgehen des BHÄV als Rechtsbruch. So verbietet das Sozialgesetzbuch V "ein abgestimmtes Verfahren oder Verhalten, auf die Zulassung als Vertragsarzt zu verzichten". Gesetzlich nicht zulässig ist auch der Abschluss eines neuen Vertrags mit Ärzten, die kollektiv auf die Zulassung verzichtet haben.
Nach Verlautbarungen des BHÄV sollen nach einer kollektiven Rückgabe der vertragsärztlichen Zulassung Praxisschließungen nach einem ausgearbeiteten Aktions- und Ablaufplan angedroht werden, um einen neuen Hausarzt-vertrag auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und unter Ausschluss des Sozialgesetzbuchs zu erzwingen. Versicherte, die nicht zur Einschreibung in die neuen Verträge bereit sind, sollen nur noch gegen Privatrechnung behandelt werden.
Unter diesen Bedingungen ist eine weitere Zusammenarbeit der AOK Bayern mit dem BHÄV nicht zumutbar. Die AOK steht unverändert zu einer hausarztzentrierten Versorgung und entsprechenden Selektiv-Verträgen, aber dies kann nur innerhalb des im Sozialgesetzbuch geregelten Systems erfolgen. Insbesondere muss gewährleistet sein, dass die Teilnahme von Versicherten und Ärzten auf freiwilliger Basis erfolgt. Schon allein zum Schutz der Versicherten ist die Forderung der AOK an den BHÄV unumgänglich, alle Aktivitäten zum Systemausstieg zu unterlassen.
Im Falle eines kollektiven Systemausstiegs verlieren zugleich alle Verträge mit den Krankenkassen von Gesetzes wegen ihre Gültigkeit, auch die bestehenden Hausarztverträge. Für die beteiligten Ärzte ergeben sich daraus massive Konsequenzen. So erhalten sie weder von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) noch von den Krankenkassen ein Honorar. Eine neue Zulassung als Vertragsarzt ist frühestens nach sechs Jahren möglich.
Wie keine andere Krankenkasse fördert die AOK Bayern die hausärztliche Versorgung: Bereits seit 2005 gibt es im Frei-staat AOK-Hausarztverträge. Inzwischen nehmen über 7.000 Hausärzte und 2,6 Millionen Versicherte am AOK-Hausarzt-vertrag im Freistaat teil. Für die AOK Bayern ist die Umsetzung der versorgungspolitischen Idee der hausarzt-zentrierten Versorgung unverändert eine der großen Aufga-ben im Gesundheitswesen. Der Patient profitiert von einer erheblich besseren Versorgungsqualität, wenn er mit Hilfe eines qualifizierten Hausarztes durch das komplizierte Gesundheitssystem gelotst wird. Die Hausärzte bleiben des-halb Partner der AOK Bayern. Dies geht allerdings nur im Rahmen der geltenden Gesetze. Auf dieser Grundlage bietet die AOK Bayern weiterhin ihre Zusammenarbeit in der haus-arztzentrierten Versorgung an.