Etwa 18 Millionen Patienten (25,2 % der Versicherten) haben im Laufe der letzten zwölf Monate in einer Arztpraxis sog. „Individuelle Gesundheitsleistungen“ angeboten bzw. in Rechnung gestellt bekommen (zahnärztliche Leistungen ausgenommen). Die aktuellen Zahlen, so WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber, bewegten sich nach wie vor auf einem hohen Niveau, das sogar noch leicht angewachsen sei. Insgesamt werde mit IGeL – hochgerechnet – ein Umsatz von rund einer Milliarde Euro erzielt.
Bei den Angaben zu den einzelnen IGeL-Leistungen zeigt sich eine große Bandbreite. An der Spitze liegen mit einem Anteil von 19,7 % Ultraschalluntersuchungen, gefolgt von Augen innendruckmessungen (14,6 %) und ergänzenden Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Frauen (13,8 %). Auf diese drei Leistungsgruppen entfällt nahezu die Hälfte der angebotenen Leistungen. Dabei adressieren die IGeL-Angebote unterschiedliche Personenkreise. Beispielsweise werden Ultraschalluntersuchungen und ergänzende Krebsfrüherkennungsuntersuchungen bei Frauen vor allem den Frauen zwischen 30 und 50 Jahren angeboten. Das Angebot für Augeninnendruckmessungen nimmt mit dem Alter der Patienten zu.
Fachärzte machen im Vergleich zu Allgemeinmedizinern deutlich mehr private Leistungsangebote. Am häufigsten bieten Gynäkologen und Augenärzte IGeL an. An dritter Stelle werden die Urologen genannt, gefolgt von Hautärzten und Orthopäden.
Wie bereits in der letzten Untersuchung zeigt sich auch aktuell wieder eine deutliche soziale Differenzierung beim Angebot von IGeL: Patienten mit überdurchschnittlicher Bildung und höherem Einkommen bekommen IGeL deutlich häufiger angeboten. So bekam in den unteren Einkommensgruppen (bis 1.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) nur etwa jeder Sechste Privatleistungen vorgeschlagen (14,9 %), während in den höheren Einkommensgruppen (über 4.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) mehr als ein Drittel der Befragten (37,0 %) über ein individuelles Angebot ihres behandelnden Arztes berichtet. Patienten mit hoher Schulbildung werden doppelt so häufig private Zusatzleistungen angeboten (33,4 %) wie Patienten mit einfacher Schulbildung (16,8 %).
Die Befragungsergebnisse dokumentieren zudem erneut, dass die Erbringung von IGeL-Leistungen nicht immer rechtlich korrekt erfolgt. In nur 36,4 % der genannten Fälle wurde vor der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient getroffen. Für jede fünfte erbrachte IGeL-Leistung (21,1 %) wurde in der Arztpraxis keine Rechnung ausgestellt.
„Wenn Ärzte als Verkäufer von sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen auftreten, werden Patienten zu Kunden, die eine Leistung aus eigener Tasche zahlen“, sagt Studienlei-ter Klaus Zok: Drei Viertel der Versicherten mit IGeL-Erfahrung befürchten eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Arzt und Patient durch die Zusatzangebote.
„In einem wachsenden Privatmarkt der IGeL ist nach wie vor mehr Transparenz und Qualitätssicherung nötig“, betont Zok. Krankenkassen und Verbraucherzentralen bieten hier Unterstützung an. Patienten, die sich durch IGeL-Angebote verunsichert fühlen, sollten sich hier vor einer Inanspruchnahme beraten lassen.