Eine ehrliche Diskussion um besseren Schutz der Patienten vor überflüssigen Operationen dürfe auch nicht durch vorschnelle Rationierungsvorwürfe blockiert werden. Deh: "Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland sichert jedem Patienten, ob nun jung oder alt, gute medizinische Behandlung. Dazu gehört auch ohne jede Altersbegrenzung selbstverständlich eine künstliche Hüfte oder ein künstliches Kniegelenk. Die AOK will, dass das ohne Wenn und Aber auch so bleibt. Verbessern müssen wir aber den Schutz der Patienten vor überflüssigen Operationen. Hier besteht großer Handlungsbedarf. Denn überflüssige Operationen setzen Patienten medizinethisch unvertretbar hohen Risiken aus. Das sind zugleich vermeidbare finanzielle Belastungen für die Beitragszahler."
Deh sagte weiter: "Je stärker Kliniken aufgrund von Überkapazitäten unter wirtschaftlichem Druck stehen, desto größer ist auch der Anreiz, aufgrund eines rein wirtschaftlichen Kalküls zu operieren. So zeigen wissenschaftliche Studien, dass durchaus nicht allein die medizinische Notwendigkeit im Vordergrund steht. Was früher die Hüft- und Kniegelenksoperationen waren, das sind heute die Rückenoperationen. Wir verzeichnen eine enorme Zunahme der Fallzahlen, ohne dass hierfür medizinische Gründe ersichtlich wären."
Beispielsweise hätten die Cage Implantationen (Wirbelkörperversteifungen mit Metallkäfigen) von 2007 bis 2009 um knapp 60 Prozent zugenommen und die Zahl der Bandscheibenendoprothesenen sei im gleichen Zeitraum um fast 20 Prozent gestiegen. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie arbeite die AOK daran, diese Entwicklung genau zu untersuchen und wirkungsvolle Qualitätssicherungsmaßnahmen zu etablieren, um Patienten besser vor möglicherweise überflüssigen und gefährlichen Operationen an der Wirbelsäule zu schützen.
Ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor überflüssigen Operationen seien auch die von Gesundheitsminister Daniel Bahr vorgeschlagenen Mehrleistungsbegrenzungen für Krankenhäuser. Dieses Instrument müsse so gestaltet werden, dass es unattraktiv werde, Operationszahlen aus einem rein ökonomischem Kalkül in die Höhe zu treiben.
Um die Spreu vom Weizen zu trennen, müsse bei der Finanzierung von Kliniken grundsätzlich die Qualität der medizinischen Versorgung eine größere Rolle spielen. Besonders wichtig sei für Patienten die richtige Auswahl der Klinik, in der die sinnvolle Operation stattfinden soll. Hier biete die AOK allen gesetzlich Krankenversicherten schon heute die Möglichkeit, sich beim geplanten Einsatz einer künstlichen Hüfte, eines Kniegelenks, oder bei der geplanten Entfernung der Gallenblase nach der Internetrecherche im AOK-Krankenhaus-Navigator für die Durchführung der Operation in Krankenhäusern mit guten Qualitätsergebnissen zu entscheiden.
Auch das von der AOK mitinitiierte Endoprothesenregister Deutschland leiste einen wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit. Bei künstlichen Hüft- und Kniegelenken werde es dadurch bald leichter als heute möglich, bei Bedarf gezielte Rückrufaktionen zu starten und betroffene Patienten schnell und direkt über mögliche Produkt- und Prozessmängel zu informieren. Das Register nehme Mitte 2012 seinen Betrieb auf.
Das Einsetzen von künstlichen Hüft- und Kniegelenken gehört zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Allein im Jahr 2010 haben Ärzte rund 390.000 Hüft- und Knie-Endoprothesen bei Patienten mit starkem Gelenkverschleiß (Arthrose) oder nach Brüchen eingebaut. Darin enthalten sind knapp 37.000 Wechseloperationen, bei denen die Kunstgelenke ausgetauscht werden mussten. Über die Gründe dafür wollen die Beteiligten mit Hilfe des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD) mehr erfahren.
Weitere Informationen zum EPRD: www.eprd.de