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Emmely - Unverhältnismäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung

(lifePR) (Düsseldorf, )
Kaum ein arbeitsgerichtlicher Prozess hat in den letzten Monaten so großes Medien- und Öffentlichkeitsinteresse geweckt wie der Fall der Kassiererin „Emmely“. Dies liegt unter anderem daran, dass so genannte Bagatellkündigungen natürlich ein hohes Identifikationspotential bei Arbeitnehmern auslösen. Nichtjuristen können sich kaum vorstellen, wegen des Verzehrs eines Bienenstichs kurz vor Feierabend oder Mitnahme von 6 Maultaschen, die ohnehin weggeworfen worden wären, fristlos entlassen zu werden. Im so genannten Bienenstichurteil hat das Bundesarbeitsgericht in dem Kuchenverzehr einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gesehen und begründet dies mit der schwerwiegenden Verletzung des Vertrauensverhältnisses zum Arbeitgeber (BAG, Az.: 2 AZR 3/83).

Das BAG hat in dem Urteil aus dem Jahr 1984 eine Grundsatzentscheidung gefällt und führt diese auch in dem aktuellen Fall konsequent fort. Das Gericht hat mit Urteil vom 10.06.2010 bestätigt, dass Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers auch bei geringem wirtschaftlichem Schaden eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können (BAG Az.: 2 AZR 541/09). Entscheidend sind aber immer die konkreten Umstände des Einzelfalls, die im Rahmen einer umfangreichen Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Im Fall „Emmely“ fiel die von den Richtern in letzter Instanz vorgenommene Abwägung zu Gunsten der Arbeitnehmerin aus. Die Klägerin „Emmely“, eine 50-jährige Mutter von drei Kindern, war seit mehr als 30 Jahren bei der beklagten Supermarktkette als Kassiererin beschäftigt. Sie erhielt von der Beklagten eine fristlose Kündigung, weil sie zwei liegengebliebene und ihr zur Aufbewahrung übergebene Pfandbons bei einem privaten Einkauf einreichte.

Das BAG sah in dem Einlösen der fremden Pfandbons im Gesamt wert von 1,30 € einen schwerwiegenden Arbeitsvertragsverstoß, der das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber objektiv erheblich belastete. Gerade Einzelhandelsunternehmen sind von einer Vielzahl häufig vorkommender Kleinstschädigungen besonders schwer betroffen. Das BAG sah allerdings die Umstände, die zugunsten der Arbeitnehmerin sprachen, als höhergewichtig an. Schließlich war sie seit mehr als 30 Jahren ohne rechtlich relevante Störungen bei dem Arbeitgeber beschäftigt gewesen und hat damit ein hohes Maß an Vertrauen aufgebaut. In Abwägung dazu war die Höhe der Schädigung als gering einzustufen. Daher wäre eine Abmahnung als Reaktion auf das vertragswidrige Verhalten als milderes Mittel ausreichend und angemessen gewesen.

Praxishinweis:

Das Urteil im Fall „Emmely“ legitimiert gerade nicht Kleinstvermögensdelikte gegen den Arbeitgeber. Entgegengesetzt berechtigen Bagatelldelikte den Arbeitgeber auch nicht automatisch zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung. In jedem einzelnen Fall muss unter Berücksichtigung aller Umstände eine Interessenabwägung erfolgen. Arbeitgeber müssen also prüfen, ob nicht zunächst eine Abmahnung ausreicht, um angemessen auf die Vertragsverletzung zu reagieren. Wird dennoch eine fristlose Kündigung ausgesprochen, müssen die Arbeitsgerichte in einem eventuell sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren nun die Vorgaben des BAG berücksichtigen.
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