Nach Ansicht des Europäischen Parlaments ist dies jedoch zu wenig. Auch sollen mindestens sechs Wochen des Mutterschaftsurlaubs nach der Entbindung bei voller Bezahlung gewährt werden. Eine Kürzung des Mutterschaftsurlaubs um vier auf 16 Wochen soll dann in Betracht kommen, wenn das nationale Recht die Möglichkeit eines Urlaub aus familiären Gründen, nämlich der Geburt des Kindes, gewährt. Während dieser Zeit müsse aber die Vergütung mindestens 75 Prozent des letzten Monatsgehalts oder eines durchschnittlichen Monatsgehalts nach einzelstaatlichem Recht entsprechen.
Ein vergleichbares Urlaubssystem ist zwar grundsätzlich im deutschen Recht verankert. Nach dem Mutterschutz steht es Müttern frei, Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) bis zu einer Dauer von drei Jahren in Anspruch zu nehmen. Innerhalb dieses Zeitraums können die Eltern für den Zeitraum von 12 beziehungsweise 14 Monaten Elterngeld beziehen.
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem bisherigen Einkommen und beträgt in der Regel 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens. Bei einem Durchschnittsverdienst von weniger als 1.000 Euro wird der Prozentsatz auf bis zu 100 Prozent erhöht, bei mehr als 1.200 Euro wird der Prozentsatz seit dem 1. Januar 2011 auf bis zu 65 Prozent verringert. Das Mindestelterngeld beträgt 300 Euro und wird auch an diejenigen gezahlt, die vor der Betreuung des Kindes nicht erwerbstätig waren. Maximal werden 1.800 Euro gezahlt. Kein Elterngeld gibt es für Alleinerziehende mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Euro (bei Paaren mehr als 500.000 Euro).
Vorausgesetzt, die genannten Vorschläge des Europäischen Parlaments würden ohne Änderung in nationales Recht umgesetzt, wären diese Regelungen anzupassen. Nicht nur, dass der Mutterschutz generell verlängert werden müsste, für eine Anrechnung der Elternzeit auf den Mutterschaftsurlaub wäre ferner eine Anhebung des Elterngelds von derzeit mindestens 65 Prozent auf 75 Prozent der vorherigen Vergütung erforderlich. Der Mutterschaftsurlaub würde sich bei Inanspruchnahme der Elternzeit dann nicht auf 20 Wochen, sondern aufgrund der Anrechnung der Elternzeit lediglich auf 16 Wochen bei voller Bezahlung verlängern. Sollte die Mutter keine Elternzeit beantragen, so wäre der Mutterschaftsurlaub für eine Dauer von 20 Wochen bei vollem Entgelt zu gewähren. Die geplante Änderung stößt dabei - unter anderem bei dem zu den geplanten Änderungen mittlerweile angehörten Rat der Europäischen Union - vor allem wegen einer befürchteten finanziellen Mehrbelastung von Wirtschaft und öffentlichen Haushaltsplänen auf Kritik.
Zusätzlich schlägt das Europäische Parlament einen ebenfalls voll vergüteten Vaterschaftsurlaub vor. Dieser solle eine Mindestdauer von zwei Wochen ohne Unterbrechung haben und müsste nach der Entbindung innerhalb der Zeit des Mutterschaftsurlaubs genommen werden. Dieser Vaterschaftsurlaub solle die gleichberechtigte Einbindung beider Elternteile in familiäre Rechten und Pflichten fördern. Kritiker geben zu bedenken, dass hierdurch der Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz von Frauen nicht Rechnung getragen werden könne und die Regelung so nicht mit dem Zweck der Richtlinie zu vereinbaren sei, sondern lediglich der Vereinbarung von Familie und Beruf diene. Eine entsprechende Regelung des Vaterschaftsurlaubs ist im deutschen Recht bislang nicht enthalten, jedoch haben Väter schon jetzt die Möglichkeit nach den Regelungen des BEEG Elternzeit und Elterngeld zu beantragen.
Ob und wann die Vorschläge des Europäischen Parlaments für die Mitgliedstaaten verbindlich werden könnten, ist nicht absehbar. Selbst wenn demnächst eine Entscheidung über die Änderungen erfolgen sollte, würde bis zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht noch einige Zeit vergehen, da den Mitgliedstaaten hierfür regelmäßig eine Frist von zwei bis drei Jahren gewährt wird.