Wie lief das bislang?
Einkünfte aus Kapitalvermögen unterlagen als Teil des Einkommens schon immer der Einkommens- und der Kirchensteuer, vorausgesetzt, die Erträge übersteigen die Freistellungsgrenze von 801 Euro für Ledige bzw. von 1.602 Euro für Verheiratete. Früher mussten die Steuerzahler diese Erträge in der Steuererklärung angeben und dann versteuern. 2009 wurde für die Kapitalertragssteuer eine sogenannte Abgeltung eingeführt, d.h. die Steuer wird seitdem grundsätzlich in Höhe von 25 Prozent von den Banken automatisch erhoben und an die Finanzämter abgeführt. In der Steuererklärung müssen diese Einkünfte dann nicht mehr angegeben werden. Wer das automatische Abgeltungsverfahren auch für die Kirchensteuer nutzen wollte, musste dies dagegen bei seinem Geldinstitut beantragen und außerdem die Religionszugehörigkeit und den Steuersatz mitteilen. Wurde kein Antrag gestellt, behielt die Bank auch keine Kirchensteuer ein. Der Steuerzahler war in diesem Fall verpflichtet, die notwendigen Angaben über seine Kapitalerträge im Rahmen der Steuererklärung zu machen.
Das neue Verfahren
Ab Januar 2015 wird nun auch die auf Kapitalerträge anfallende Kirchensteuer automatisch direkt an der Quelle – also z.B. bei den Banken oder Versicherungen – einbehalten und an die Finanzbehörden weitergeleitet. Ein Antrag an die Bank ist in Zukunft ebenso wenig erforderlich wie Angaben in der Einkommenssteuererklärung, es sei denn, das Finanzamt fordert dazu auf oder das automatische Abzugsverfahren konnte ausnahmsweise nicht durchgeführt werden. Die Höhe der anfallenden Steuer bleibt dabei laut ARAG Experten unverändert: Sie beträgt nach wie vor acht Prozent der Kapitalertragssteuer in Bayern und Baden-Württemberg und neun Prozent in allen anderen Bundesländern. Wer in der Vergangenheit seine Einkünfte aus Kapitalvermögen zutreffend beim Finanzamt angegeben hat, für den ändert sich also mit dem neuen Verfahren im Ergebnis nichts! Damit die Kirchensteuer automatisch abgeführt werden kann, rufen die abzugsverpflichteten Stellen einmal jährlich das sogenannte Kirchensteuerabzugsmerkmal beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ab. Dabei handelt es sich um einen elektronischen Schlüssel, aus dem sich die Religionszugehörigkeit, der anzuwendende Steuersatz und das Gebiet der jeweiligen Religionsgemeinschaft ablesen lassen. Nur sofern einzelne Kunden über die Abfrage nicht erfasst werden konnten, werden sie von der Bank angeschrieben und müssen dann ihre Steueridentifikationsnummer und eine eventuelle Religionszugehörigkeit mitteilen.
Widerspruch ist möglich! So funktioniert's.
Mit der verschlüsselten Übermittlung der Daten ist der Gesetzgeber einer Forderung des Bundesdatenschutzbeauftragten nachgekommen. Zudem werden die Daten in einer technisch geschlossenen Umgebung verarbeitet. Die Sorge mancher Bankkunden, dass der Kundenbetreuer die Religionszugehörigkeit einsehen kann, ist daher unbegründet. Wer dennoch nicht möchte, dass seine Bank Informationen über die Kirchenzugehörigkeit erhält, hat die Möglichkeit, dem Abruf der Daten zu widersprechen und einen sogenannten Sperrvermerk setzen zu lassen. Der Widerspruch muss schriftlich beim BZSt erfolgen. Das amtliche Formular mit der Bezeichnung „Erklärung zum Sperrvermerk“ ist auf der Webseite des BZSt abrufbar. Es muss ausgefüllt und per Post an das BZSt gesandt werden. An der Steuerplicht ändert der Sperrvermerk aber selbstverständlich nichts: Wurde dem Datenabruf widersprochen, müssen – wie früher – die erforderlichen Angaben in der Steuererklärung gemacht werden. Der Sperrvermerk kann jederzeit mit demselben Formular widerrufen werden.