In einem Fall, den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte, machte ein Arbeitnehmer 18 Jahre lang täglich Überstunden im Umfang von einer halben Stunde und erhielt dafür regelmäßig eine Vergütung von 200 Euro brutto monatlich. Nach einer Umstrukturierung wurde seine zusätzliche Aufgabe von einem Kollegen übernommen. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit dem Argument, aus der Zusatzaufgabe sei eine dauerhafte Verlängerung seiner Wochenarbeitszeit geworden. Da die Lohnabrechnung die Mehrarbeit jedoch bis zuletzt als Überstunden ausgewiesen habe, hat das Gericht keine Vertragsänderung angenommen und den Anspruch des Klägers auf Ableistung der Überstunden abgelehnt (BAG, Az.: 5 AZR 133/08).
Häufiger dürfte allerdings folgender Fall sein. Der Chef bittet kurz vor Feierabend noch darum, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Dann stellen sich die klassischen Fragen: Kann ich die Ableistung der Überstunden verweigern? Werden sie vergütet oder ist zumindest ein Freizeitausgleich möglich? Die Antworten hängen zunächst davon ab, ob es eine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung gibt. Der Arbeitgeber kann bei entsprechender Vertragsgestaltung im Rahmen seines Weisungsrechts Überstunden anordnen. In Notfallsituationen, wenn z.B. aufgrund unvorhergesehener Krankheitsfälle ein Termin nicht mehr eingehalten werden und ohne Überstundenanordnung dem Unternehmen ein großer wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte, kann der Arbeitsgeber fast immer Überstunden anordnen.
Aber auch bei Überstunden ist das Arbeitszeitgesetz zu beachten, nach dem ein Arbeitstag grundsätzlich nicht länger als 8 Stunden dauern darf. Die Arbeitszeit darf auf 10 Stunden erhöht werden, wenn in einem 6 Monatszeitraum durchschnittlich nicht mehr als 8 Stunden täglich gearbeitet wird. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. So kann beispielsweise tarifvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung eine höhere Arbeitszeit bestimmt sein, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig Arbeitsbereitschaft fällt.
Auch in Bezug auf die Überstundenvergütung sollte man zunächst einen Blick in den Arbeitsvertrag oder den Tarifvertrag werfen. Oftmals ist vertraglich geregelt, dass eine bestimmte Anzahl von Überstunden (z.B. zehn pro Monat) mit dem Gehalt abgegolten ist. Nur die Vereinbarung eines Monatslohnes bei gleichzeitiger Festlegung der Höhe der Arbeitszeit (z.B. 40 Stunden-Woche) rechtfertigt laut ARAG Experten den Schluss, dass Überstunden mit dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Anteil des Monatsentgelts zu vergüten sind. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer bei der Vergütung der Überstunden kein Wahlrecht, ob diese durch Freizeitausgleich oder Bezahlung erfolgen soll. Gibt es keine arbeits- oder tarifvertragliche Regelung, besteht regelmäßig nur ein Anspruch auf Bezahlung der Überstunden. Allerdings kann es auch hier gesetzliche Ausgleichspflichten geben, beispielsweise ist ein gesetzlicher Freizeitausgleich für geleistete Sonntagsarbeit vorgeschrieben.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beweispflicht des Arbeitnehmers. Wenn er also die Überstundenvergütung einklagen möchte, dann muss er genau darlegen, welche geschuldete Tätigkeit er in der Zeit ausgeübt hat. Er muss beweisen, dass der Arbeitgeber die Überstunden entweder angeordnet hat oder sie zur Erledigung der Arbeit notwendig waren und vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet wurden.