Sind jedoch diese Voraussetzungen erfüllt, stockt der Arbeitgeber den Teilzeitverdienst um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt und demjenigen, das sich infolge der Verringerung der Arbeitszeit ergibt, auf. Dieser Betrag wird nach Ende der Familienpflegezeit wieder ausgeglichen, indem der Beschäftigte während der gleich langen Nachpflegephase wieder seine volle vorherige Stundenzahl arbeitet, aber weiterhin nur sein reduziertes Bruttogehalt verdient.
Beispiel: Nimmt eine Arbeitnehmerin für zwei Jahre eine Familienpflegezeit und reduziert ihre Arbeitszeit um die Hälfte, muss sie anschließend zwar wieder ihre volle vorherige Stundenzahl arbeiten, erhält aber für zwei weitere Jahre (insgesamt also vier Jahre lang) nur 75 Prozent ihres Bruttogehalts.
Während der Familienpflegezeit und der sich anschließenden Nachpflegezeit mit reduziertem Gehalt darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Doch Achtung: Bei der Beantragung der Familienpflegezeit gilt noch kein Kündigungsschutz, sondern erst mit dem tatsächlichen Beginn. Außerdem müssen Arbeitnehmer, die eine Familienpflegezeit nehmen, auf eigene Kosten eine private Familienpflegezeitversicherung abschließen. Diese Versicherung deckt das Ausfallrisiko, das dem Arbeitgeber durch Tod oder Berufsunfähigkeit entsteht. Übrigens: Durch die Aufstockung des Gehalts und durch die Anerkennung von Pflegezeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Einbußen bei den Rentenanwartschaften eher gering.
Kosten tragen allein die Arbeitnehmer
Das neue Familienpflegezeitgesetz verbessert sicherlich die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege naher Angehöriger - finanziell tragen aber allein die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Risiko der Pflege, denn sie nehmen Gehaltseinbußen in Kauf und müssen die Kosten der privaten Familienpflegezeitversicherung übernehmen. "Wir hätten uns außerdem gewünscht, dass die Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf eine Familienpflegezeit erhalten, anstatt auf den guten Willen des Arbeitgebers zu setzen", ergänzt Joachim Duhnenkamp, Leiter der Abteilung Rechtspolitik und Rechtsberatung der Arbeitnehmerkammer. Eine wesentliche Hürde ist zudem der fehlende Kündigungsschutz während der Zeit der Beantragung - "davon könnten sich viele Beschäftigte abschrecken lassen", fürchtet Duhnenkamp.
Das bisherige Pflegezeitgesetz
Die neuen Regelungen ergänzen die schon bestehenden Regelungen nach dem seit 1. Juli 2008 geltenden Pflegezeitgesetz. Danach haben Beschäftigte bei einer akut auftretenden Pflegesituation eines nahen Angehörigen einen Anspruch gegen ihren Arbeitgeber auf unbezahlte, kurzzeitige Arbeitsbefreiung von bis zu 10 Arbeitstagen, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder die sofortige pflegerische Versorgung des betroffenen Angehörigen sicherzustellen.
Für die längere Pflege eines nahen Angehörigen mit Pflegestufe in häuslicher Umgebung können Beschäftigte in Betrieben mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten einmalig bis zu sechs Monate unbezahlte "Pflegezeit" in Anspruch nehmen. Dabei können sie zwischen der vollständigen oder teilweisen Freistellung von der Arbeit wählen. Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Pflegezeit nicht kündigen.
Die Arbeitnehmerkammer Bremen berät ihre Mitglieder kostenfrei in Rechtsfragen zur Vereinbarung von Beruf und Pflege.
Kontakt: +49 (421) 36301-0 (Bremen) und +49 (471) 92235-0 (Bremerhaven)
Weitere Infos unter www.arbeitnehmerkammer.de/....