"Schwangere Arbeitnehmerinnen wenden sich oft an unsere Rechtsberatung, weil das freudige Ereignis durch eine Verunsicherung über die berufliche Zukunft beeinträchtigt wird", berichtet Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer. "Deshalb erwarten sie, dass ihr Arbeitgeber sie in ihrer besonderen Situation unterstützt und sie trotz der besonderen Umstände, in denen sie sich befinden, gerne weiter beschäftigt." Stattdessen berichten Frauen immer wieder davon, dass Arbeitgeber ihre Einsatzfähigkeit bezweifeln und zudem die erhöhten Anforderungen zum Schutz der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes am Arbeitsplatz scheuen. Sie legen deshalb den Frauen nahe, sich krankschreiben zu lassen oder ein individuelles Beschäftigungsverbot zu erwirken.
Diesen Trend bestätigt auch Elisabeth Holthaus-Hesse, stellvertretende Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Frauenärzte: "Immer mehr Arbeitgeber und Institutionen stellen Schwangere komplett von der Arbeit frei. Das gilt beispielsweise für zahnmedizinische Fachangestellte oder Erzieherinnen, wenn sie Lücken im Immunschutz aufweisen. Es wird dann gar nicht mehr versucht, die Arbeitsplätze so zu gestalten, dass sie für die Schwangeren passen. Manche Arbeitgeber versuchen auch, Druck auf die Frauenärztinnen und Frauenärzte auszuüben, damit ein Beschäftigungsverbot ausgestellt wird."
Die Arbeitnehmerkammer und die ZGF kritisieren solche Ausgrenzungen und fordern, die Weiterbeschäftigung durch die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen in den Betrieben sicherzustellen.
Die allermeisten Frauen haben großes Interesse daran, auch während der Schwangerschaft ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen und ihre Kompetenzen und Fähigkeiten weiterhin unter Beweis zu stellen. Schierenbeck: "Schwangerschaft ist keine Krankheit und sie beeinträchtigt auch nicht automatisch die Leistungsfähigkeit."
Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe betont: "Schwangere Mitarbeiterinnen haben ein Recht auf akzeptable Beschäftigungsbedingungen. Die Betriebe tun sich keinen Gefallen damit, Schwangere auszusortieren. Sie verprellen motivierte Mitarbeiterinnen, anstatt dafür zu sorgen, dass junge Frauen nach der Geburt gerne wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren."
Sie erwartet deshalb, dass jeder Arbeitgeber die Gestaltungspflichten aus dem Arbeitsschutz- und Mutterschutzgesetz ernst nimmt. Es geht darum, diejenigen Tätigkeiten zu vermeiden, die Mutter und Kind gefährden. Alle anderen Aufgaben kann die betroffene Beschäftigte ausführen - dafür müssen vielleicht nur vorübergehend Arbeitsabläufe oder Zuständigkeiten geändert werden. Denn die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit in den Unternehmen erhöht die Identifikation mit dem Betrieb und die Motivation zum Wiedereinstieg nach der Geburt. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung von großer Bedeutung.
Auf Initiative der ZGF und der Arbeitnehmerkammer hat sich jetzt eine Arbeitsgruppe "Mutterschutz" in Bremen gebildet, die Unternehmen bei der Umsetzung des Mutterschutzes im Betrieb unterstützen will. An der AG, die unter der Federführung der Senatorin für Gesundheit arbeitet, sind neben Handwerks- und Handelskammer auch der Berufsverband der Frauenärzte sowie die Gewerbeaufsicht und die Betriebs-/Werksärzte beteiligt.