Für die Einkommensteuerstatistik 2007 hat das Statistische Landesamt in einer Totalerhebung die Daten von knapp 315.000 Steuerpflichtigen ausgewertet - fast 265.000 wohnen in der Stadt Bremen und knapp 50.000 in der Seestadt Bremerhaven. Danach hatte ein Steuerpflichtiger durchschnittlich im Land Bremen im Jahr 2007 zu versteuernde Einkünfte von 28.854 Euro. Doch dieser Durchschnittswert täuscht über die großen Unterschiede hinweg: Rund die Hälfte der Steuerzahler hatte nur ein Einkommen von unter 20.000 Euro und damit nur ein Achtel aller Einkünfte.
Das heißt, die andere Hälfte teilt sich sieben Achtel der Einkünfte.
Obwohl nur 1,6 Prozent der Bremer und Bremerhavener Steuerzahler jährlich 125.000 Euro und mehr einnehmen, vereinigen sie fast ein Fünftel (19 Prozent) aller im Land erzielten Einkommen auf sich. "Um der zunehmenden Polarisierung der Einkommen entgegenzutreten, brauchen wir eine Lohnpolitik, die die Tarifverträge stärkt und für höhere Löhne sorgt, die die Minijobs begrenzt, sich für Equal Pay in der Leiharbeit stark macht und für einen gesetzlichen Mindestlohn", betonte Schierenbeck.
Ungleichheit der Einkommen nimmt zu
Die Ungleichheit der Einkommen hat sich nach verschiedenen Untersuchungen zwischen 2000 und 2007 deutlich verstärkt, womit die soziale Spaltung deutlich zunimmt. Denn Haushalte mit niedrigen Einkommen wohnen meist dort, wo die Mieten gering sind. Und Haushalte mit gewissem Wohlstand sind eher in den teureren, "bevorzugten" Lagen zu finden. Dies lässt sich am Beispiel der Stadt Bremen erkennen. So lebt die Hälfte der 4.321 Steuerpflichtigen, die jährlich ein Einkommen von mindestens 125.000 Euro erzielen, in den Stadtteilen Schwachhausen, Oberneuland und Horn-Lehe. Umgekehrt wohnen in den Stadtteilen Gröpelingen, Walle und Woltmershausen zusammen nur zwei Prozent der Steuerpflichtigen mit Einkünften von 125.000 Euro und mehr.
Große Unterschiede innerhalb von Stadtteilen
Im Stadtteil Schwachhausen beträgt das Durchschnittseinkommen zwar 48.200 Euro, doch - das zeigt ein anderes statistisches Maß, der Median - liegen die Einkünfte einer Hälfte der Steuerpflichtigen unter 28.751 Euro. Dies bedeutet, dass die oberen Einkommen einen höheren Anteil an den gesamten Einkünften haben. Rund ein Viertel der Steuerpflichtigen hat Gesamteinkünfte von 50.000 Euro oder mehr, 5,5 Prozent sogar mindestens 125.000 Euro. Auf der anderen Seite der Einkommensskala finden sich fast 30 Prozent Steuerpflichtige, deren Einkünfte nur bis zu 15.000 Euro betragen.
Deutlich anders zeigt sich die Einkommensverteilung im Stadtteil Gröpelingen. Hier beträgt schon das durchschnittliche Einkommen nur 18.234 Euro, die Hälfte der Steuerpflichtigen erreicht aber nur Einkünfte von maximal 12.808 Euro. Der Anteil der Steuerpflichtigen mit Einkünften von maximal 15.000 Euro beträgt deutlich mehr als im Durchschnitt des Landes, nämlich 54,4 Prozent. Nur 6,1 Prozent der Steuerpflichtigen haben Einkünfte von 50.000 Euro und mehr.
Leitbild Bremen 2020 - "eine sozial gerechte Stadt"
Eine Zielsetzung des bremischen Leitbilds der Stadtentwicklung "Bremen 2020" lautet, dass bis zum Jahr 2020 der "Abstand zwischen den zehn ärmsten und den zehn reichsten Ortsteilen zu verringern ist." Würde man die zu versteuernden Einkünfte als Indikator dafür nehmen, ob ein Ortsteil "ärmer" oder "reicher" ist, ergäbe sich für den "Abstand" folgendes Bild.
- In den zehn Ortsteilen mit den niedrigsten Durchschnittseinkünften wohnten 25.745 Steuerpflichtige. Die durchschnittlichen Einkünfte pro Steuerpflichtigen betrugen 17.537 Euro.
- In den zehn Ortsteilen mit den höchsten durchschnittlichen Einkünften wohnten 31.486 Steuerpflichtige, die durchschnittliche Einkünfte von 61.795 Euro erzielten.
Forderungen an die Politik
Eine Polarisierung der Einkommen führt dazu, dass sich die Haushalte mit niedrigem Einkommen in Stadtteilen konzentrieren, in denen die Mieten niedrig sind. Dabei handelt es sich häufig um unsanierte Wohnungsbestände mit niedriger Wohnqualität, die ein geringes Sozialprestige haben. Um diesem Problem zu begegnen, braucht Bremen ein Wohnungsbauprogramm zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Denn der Bedarf an Wohnungen ist gerade bei den Beziehern niedrigerer Einkommen besonders hoch. Derzeit hat Bremen eine Leerstandsquote von nur zwei Prozent. Doch besonders in den stadtentwicklungspolitischen Vorzeigeprojekten - Überseestadt, Stadtwerder - richtet sich das Angebot vornehmlich an finanziell besonders leistungsfähige Zielgruppen. Deshalb ist eine Umsteuerung der bisher sozial schieflastigen Planungen dringend nötig, um der Spaltung der Stadt entgegenzuwirken.
Handlungsbedarf besteht nach Auffassung der Kammer auch aufgrund der wegfallenden Mittel für die Arbeitsmarktförderung. Bislang hat Bremen gerade in sozial benachteiligten Quartieren sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gefördert. Durch die Neuregelung der Arbeitsmarktpolitik drohen diese Möglichkeiten wegzubrechen - "das wird nicht ohne Folgen für diese Quartiere bleiben", warnt Schierenbeck. Bremen muss deshalb alle Möglichkeiten ausschöpfen, um hier weiterhin Schwerpunkte zu setzen.
Kooperation zwischen Statistisches Landesamt und Arbeitnehmerkammer Arbeitnehmerkammer und Statistisches Landesamt kooperieren seit 2009 bei der Analyse und Darstellung regionaler Beschäftigungsstrukturen sowie auf dem Gebiet der Arbeitsmarktentwicklung. Dabei verwendet die Arbeitnehmerkammer die Ergebnisse von Sonderauswertungen im Rahmen ihrer Lageberichterstattung und im Kontext einzelner Berichte, Analysen und Stellungnahmen. Folgende Themen stehen im Mittelpunkt:
- Entwicklung der Beschäftigung
- Arbeitsmarktentwicklung
- Sektorale und regionale Beschäftigungsstruktur
- Funktionale Differenzierung und Qualifikation
- Wandel der Beschäftigungsformen
- Arbeitnehmereinkommen, Verteilung und Entwicklung
- Ausbildungsstellenmarkt
- Querschnittthemen (zum Beispiel Gender und soziodemografischer Wandel)
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