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Arbeitnehmerkammer Bremen

Teilzeitjob mit Niedriglohn - Armutsgefährdung von Frauen in Bremen

Arbeitnehmerkammer legt "Bericht zur sozialen Lage" vor

(lifePR) (Bremen, )
Sie arbeiten - aber mehr als 50 Prozent von ihnen in Teilzeit, befristet oder in Minijobs. Sie sind häufiger als früher erwerbstätig - das Arbeitsvolumen ist aber gleich geblieben. Sie sind besser ausgebildet - bekommen aber durchschnittlich 25 Prozent weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Sie sind vom Partner unabhängiger - Kinder und Familie werden aber im Zweifelsfall immer noch zur Armutsfalle - für Frauen.

Die Situation von Frauen in unserer Gesellschaft hat sich zwar in den zurückliegenden Jahren deutlich verändert, für einen erheblichen Teil aber nicht wirklich verbessert. Das zeigt unser diesjähriger "Bericht zur sozialen Lage" (vormals "Armutsbericht"), mit dem Thema Frauenarmut. Die Ergebnisse machen deutlich: Armut ist nicht gesetzt, sondern das Ergebnis politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen. Wie zum Beispiel die Ausweitung der Minijobs oder der zu langsame Ausbau der Kinderbetreuung. "Das bedeutet im Gegenzug, dass politische und wirtschaftliche Weichenstellungen nötig sind, um das Armutsrisiko von Frauen zu verminderen", betonte Peter Kruse, Präsident der Arbeitnehmerkammer Bremen, am Freitag bei der Vorstellung des Berichts.

Das erhöhte Armutsrisiko von Frauen entsteht in drei Bereichen: auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem und in den Familien. Weil diese Bereiche "zusammenwirken", helfen die häufig in der Politik diskutierten einfachen Lösungen nicht. Peter Kruse: "Wenn wir die Chancen von Frauen verbessern wollen, müssen wir an verschiedenen Stellen ansetzen."

Auf dem Arbeitsmarkt im Land Bremen sind lediglich halb so viele Frauen (79.886) wie Männer in Vollzeit erwerbstätig (150.929). Ihnen standen 47.652 Frauen in einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung gegenüber sowie 42.595 geringfügig beschäftigte Frauen. Aus der Sicht dieser mehr als 90.000 Frauen (53 Prozent), kann nicht von atypischen Beschäftigungsverhältnissen gesprochen werden. Der überwiegende Teil von ihnen erzielt aufgrund relativ kurzer Arbeitszeiten - zum Teil erzwungene Teilzeit (Abbildung 4, S. 19) - und/oder von Niedriglöhnen, kein existenzsicherndes Einkommen. Dazu tragen in den vergangenen Jahren auch viele neue Arbeitsplätze in den personenbezogenen Dienstleistungen bei. Sie werden häufig als Helferinnen-, Assistentinnen- und Zuverdienerinnen-Stellen angeboten - mit oft geringem Verdienst. Dazu trägt aber auch der überdurchschnittlich hohe Lohnabstand von 25 Prozent ("Gender Pay Gap") in Bremen und Bremerhaven bei. Dieser höhere Abstand als in anderen Großstädten, beruht nicht allein auf zu niedrigen Löhnen für Frauen. In einem Teil der Bremer Wirtschaftsbranchen erhalten Männer überdurchschnittlich hohe Löhne und Gehälter. Die soziale Spaltung zwischen Frauen und Männern ist in Bremen besonders ausgeprägt.

Tatsächlich sind die Bildungsabschlüsse der Frauen auch im Land Bremen schon seit vielen Jahren stets besser als die der Männer. So haben 36 Prozent der jungen Frauen im Jahr 2009 die Schule mit einer allgemeinen (Fach-) Hochschulreife abgeschlossen, bei den jungen Männern waren es hingegen nur 30 Prozent. Auf der anderen Seite beendeten auch 23 Prozent der jungen Frauen (889) und 28 Prozent der jungen Männer (1.127) ihre Schulzeit ohne Abschluss oder mit einem Hauptschulabschluss (Abbildung 2, S. 15). Für fast jede vierte junge Frau kann deshalb nicht wirklich von einem "Bildungsvorsprung" gesprochen werden. Das bestätigt auch, dass insgesamt 4.906 jungen Frauen zwischen 15 und 24 Jahren von Hartz IV abhängig sind, gegenüber 4.337 jungen Männern dieses Alters. Bereits in dieser zentralen Lebensphase des Berufseinstiegs geht ihr Bildungsvorsprung verloren. Weil in den zurückliegenden Jahren vor allem die jungen Männer als "Problemgruppe" im Bildungssystem thematisiert wurden, werden diese jungen Frauen oft "übersehen".

Selbst wenn beide Elternteile erwerbstätig sind, wird die Familienarbeit in Deutschland im Jahr 2010 noch immer im wesentlichen von Frauen geleistet (Abbildung 3, S. 17). Das gilt besonders für Mütter mit Kindern unter 18 Jahren. Sie leisten zu 11 Prozent die gesamte Familienarbeit, 67 Prozent "das meiste" und lediglich 18 Prozent teilen sich die unbezahlte Arbeit partnerschaftlich. Selbst Mütter mit Vollzeitstellen leisten die meiste (53 Prozent) oder die gesamte Familienarbeit (4 Prozent).

Zusammenfassend wird deutlich, dass die Frauen, die von staatlicher Grundsicherung und von Sozialleistungen leben müssen, kaum in größerer Zahl von Armut betroffen sind als Männer (Abbildung 7 u. 8, S. 25-26). Im Sinne der Hartz-Gesetze waren das im Dezember 2010 in Bremen 26.707 Frauen und 26.091 Männer. In Bremerhaven waren es zum gleichen Zeitpunkt kaum mehr Männer (7.517) als Frauen (7.413). Die insgesamt höhere Zahl von Frauen, die in Armut leben, ergibt sich in erster Linie aus ihrer prekären Position auf dem Arbeitsmarkt (niedrig entlohne Teilzeitarbeit und Minijobs). Ein Großsteil der Frauen ist trotz eigener Erwerbstätigkeit von einer eigenständigen Existenzsicherung weit entfernt. Tragen sie dann auch noch Verantwortung für die Versorgung und Betreuung von Kindern, steigt ihr Armutsrisiko enorm.

Das zeigt sich vor allem an den Alleinerziehenden, die in Bremen und Bremerhaven immerhin 34 Prozent aller Familienhaushalte bilden (90 Prozent Frauen, 10 Prozent Männer). Erbringen bereits Paare mit Kindern ein höheres Maß an Energie und Geduld, leisten das Alleinerziehende (Frauen) ausschließlich aus eigener Kraft. Sie leisten aber gleichzeitig auch mehr Erwerbsarbeit als Frauen in Paarfamilien. Denn in Deutschland sind zwei Drittel aller alleinerziehenden Frauen mit Kindern unter 18 Jahren erwerbstätig. Das sind zwei Prozent mehr als Mütter in Paarfamilien. Wesentlicher: alleinerziehende Frauen arbeiten mit 42 Prozent häufiger in Vollzeit als Mütter in Paarfamilien (27 Prozent).

Forderungen der Arbeitnehmerkammer Bremen

Die Bildungsarmut von jungen Frauen reduzieren

- Vor allem in den Kitas und Grundschulen in den Ortsteilen, in denen viele Familien mit wenig Geld ihren Alltag bestreiten, müssen hochwertige Ganztagsangebote geschaffen werden.
- Junge Frauen müssen eine solide Ausbildung erhalten anstatt Hartz IV. Im Dezember 2010 benötigten zum Beispiel in der Stadt Bremen 4.906 junge Frauen (15-24 Jahre) Hartz IV, im Vergleich zu 4.337 jungen Männern.
- "Typisch weibliche" Ausbildungsberufe (Arzt-/Zahnarzthelferin, Kranken-/Altenpflegerin, Erzieherin usw.) müssen durch höhere (Ausbildungs-)Vergütungen aufgewertet werden - vergleichbar zu "typisch männlichen" Ausbildungsberufen im dualen System wie (Kfz-) Mechatroniker, Industriemechaniker, Elektroniker und so weiter.

Den besonders großen Lohnabstand in Bremen verringern - was angesichts hoher Gewinne und steigender Einnahmen der öffentlichen Hände möglich ist.

- Die Tarifparteien - Arbeitgeber und Gewerkschaften - müssen für gerechtere Lohnstrukturen sorgen. Die Arbeitgeber sind in der Pflicht, diskriminierende Löhne und Gehälter zu vermeiden und die Gewerkschaften müssen eine geschlechtergerechte Bezahlung einfordern. Denn die Niedriglohnstrategie der zurückliegenden Jahre bezahlen überwiegend die Frauen.
- Die Politik muss einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn einführen. Erst dann können auch Familien ohne klassischen Ernährer ihre Existenz sichern - ohne aufstockende Leistungen zu erhalten.
- Gewünschte Teilzeitbeschäftigung muss sozialversicherungs-pflichtig und existenzsichernd sein - Minijobs gehören abgeschafft. Frauen und Männer müssen auf Wunsch leichter ihre Arbeitszeit reduzieren, aber aber auch wieder aufstocken können.
- Minijobs in ihrer jetzigen Form müssen abgeschafft werden, weil sie Armuts- und Niedriglöhne produzieren und nicht existenzsichernd sind.
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