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Reichlich Fiktion in der Baurechtsnovelle

Gemeinsame Presseinformation des Städtetags Baden-Württemberg und der Architektenkammer Baden-Württemberg

(lifePR) (Stuttgart, )
Das Kabinett hat am heutigen Dienstag den Entwurf eines „Gesetzes für das schnellere Bauen“ beschlossen. Land, Städte und Architekten eint das gemeinsame Ziel: Bauen soll schneller werden. „Der Entwurf hält nicht, was er in seiner Überschrift verspricht“, urteilen der Städtetag Baden-Württemberg und die Architektenkammer Baden-Württemberg. Bereits im Vorfeld hatten sie die Befürchtung geäußert, „dass die Maßnahmen nicht die ganze Realität des Planungs- und Genehmigungsalltages abbilden und Gefahr laufen, das Ziel zu verfehlen“. In Teilen sei dies nun eingetreten.

Konkret: Künftig sollen die meisten Bauanträge mit einer Entscheidungsfrist von einem Monat als genehmigt gelten - auch dann, wenn das Bauamt keine Entscheidung getroffen hat. „Diese sogenannte Genehmigungsfiktion versucht Symptome langer Antragsverfahren zu beheben, beseitigt aber nicht die eigentlichen Ursachen“, so Ralf Broß, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags, und Hans Dieterle, Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer. Die Beschleunigung sei nur eine scheinbare, wenn Bauvorhaben während der Bauausführung gestoppt werden müssen, weil dagegen geklagt werde. Wirkungsvoller wäre, die Ursachen für lange Verfahren in den Blick zu nehmen und das gesetzlich definierte Prüfprogramm kritisch zu hinterfragen, so die Vertreter der beiden Verbände.

In einem „fast lane“-Verfahren etwa würde die Behörde nur die zentralen Anforderungen an die Gebäudesicherheit überprüfen und der Bauherr die Verantwortung dort übernehmen, wo er ohne größeren wirtschaftlichen Schaden nachbessern kann. Das „vereinfachte Genehmigungsverfahren“ erfülle diese Anforderungen aus Sicht von Städtetag und Architektenkammer nicht.

Bei einer umfassend geltenden Genehmigungsfiktion könnten sich die Bauämter in vielen Fällen nicht mehr mit der konstruktiven Lösung von Problemen befassen, befürchten Broß und Dieterle, weil sie zeitlich durch die Prüfung der Vollständigkeit und der Ermessensausübung bei der Rücknahme von eingetretenen Fiktionen gebunden seien. „Das hilft im Ergebnis niemanden, sondern verschärft die bestehenden Personalengpässe“, so Broß.

Auch die in der Novelle der Landesbauordnung vorgesehenen Anforderungen an die Qualifikation der in den Bauämtern Beschäftigten sind aus Sicht von Städtetag und AKBW nicht zielführend. Ab 2033 müssen demnach alle Bauämter einen Beamten des höheren Verwaltungsdienstes, zum Beispiel einen Volljuristen, und einen Beamten des höheren technischen Dienstes, etwa einen Regierungsbaumeister, einstellen.

„Wir sehen schon heute, dass es dieses zusätzliche Personal auch in neun Jahren nicht geben wird“, betont Ralf Broß, „den Fachkräftemangel löst man nicht, indem man Fachkräfte per Gesetz verordnet.“ Sinnvoll wäre es, das Verfahren stattdessen so zu gestalten, dass Bauanträge vom bestehenden Personal gut und zügig bearbeitet werden können. Unvollständige oder fehlerhafte Anträge binden Personal und Zeit. Um das zu vermeiden, solle das Einreichen von Bauanträge auch zukünftig Expertinnen und Experten vorbehalten sein.

Städtetag und Architektenkammer sehen Änderungsbedarf – und haben erste Lösungsvorschläge: „Es ist illusionär, Beschleunigungen zu versprechen, wenn die Verknüpfung zum sogenannten Baunebenrecht nicht hergestellt wird“, so Hans Dieterle für die AKBW. „Eine Beschleunigung der Verfahren kann nur erreicht werden, wenn den Mitarbeitenden in den Baurechtsbehörden der Prüfkanon im Baugenehmigungsverfahren unzweideutig klar ist und sie nicht zwischen Landesbaurecht, den Regelungen aus dem Bundesrecht sowie gut 100 Vorschriften aus dem sogenannten Baunebenrecht herumlavieren müssen.“

Wenn überhaupt sollte die Genehmigungsfiktion, also die gesetzliche Regelung, bei der nach einer Entscheidungsfrist von einem Monat ein Antrag automatisch genehmigt wird, in einem ersten Schritt nur für den Wohnungsbau eingeführt werden. Begleitend sollte es einen strukturierten Austausch zwischen der kommunalen Praxis und den Planern geben, in dem Schwierigkeiten und Herausforderungen bewertet werden. Erst auf der Grundlage dieser fachlichen Einschätzung sollte politisch über eine Ausweitung entschieden werden.

„Anstatt nicht vorhandene Fachkräften zu verordnen, brauchen wir einen Austausch dazu, wo in der Praxis der Schuh drückt und wie die Herausforderungen trotz Fachkräftemangel gelöst werden können“, sagt Ralf Broß für den Städtetag. Die Einreichung von Bauanträgen ohne Expertenwissen müsse auch zukünftig eng begrenzt bleiben.

Nun komme es darauf an, den Entwurf gut weiterzuentwickeln, denn einzelne gute Aspekte seien enthalten. So begrüßen Städtetag und AKBW etwa, dass Nutzungsänderungen, um Wohnraum im Innenbereich zu schaffen, zukünftig grundsätzlich verfahrensfrei sein sollen oder Unklarheiten der letzten LBO-Änderung korrigiert werden.

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