Die Weiterentwicklung der Online-Angebote der ARD ist nach Auffassung des ARD-Vorsitzenden Fritz Raff ein Schritt hin zur europäischen Normalität. Verglichen mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern in Europa, habe die ARD ein geradezu bescheidenes Online-Angebot, das durch nicht mehr zeitgemäße Selbstbindungen und Auflagen beschränkt sei. Fritz Raff: "Das ist einzigartig in der Europäischen Union. Wir sind derzeit dazu verpflichtet, hinterher zu hinken. Wenn man sieht, was die für ihr Engagement hoch gelobte BBC darf und wir nicht dürfen, erkennt man die eklatanten Unterschiede." Als Beispiel nannte Raff die Beschränkung der ARD-Online-Auftritte auf programmbegleitende Aspekte und die noch bestehende Deckelung des Online-Budgets auf 0,75% der Gebührengelder. "Das sind Bedingungen, die Finnland, Frankreich, England und andere Länder nicht kennen." Im Übrigen halte auch die EU-Kommission weitaus höhere Ausgaben für Online-Angebote für zulässig.
Die meisten der in Deutschland noch geltenden Beschränkungen, so Raff, seien künstlich und dem Gebührenzahler gegenüber kaum zu rechtfertigen.
Raff: "Warum soll man dem Nutzer zum Beispiel im Internet ein Angebot vorenthalten, das ohne großen Mehraufwand aus vorhandenen Inhalten des Fernsehens und Hörfunks gewonnen werden kann. Es wäre geradezu eine Verschwendung von Gebührengeldern, wenn wir die vom Gebührenzahler bereits finanzierten Inhalte nicht auf allen möglichen Ausspielwegen anbieten."
Dies gelte besonders für junge Menschen, die so genannte Internet-Generation. Auch diese zahle Gebühren und habe ein Recht darauf, die vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk produzierten Inhalte zu nutzen.
Dass dies uneingeschränkt geschehen kann, dafür müsse die Politik jetzt die Grundlagen schaffen. Nur so könne sichergestellt werden, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine gesellschaftliche Aufgabe der Grundversorgung erfüllen kann, und nach wie vor alle gesellschaftlichen Gruppen Zugang zu unabhängiger und nicht interessengeleiteter Information hätten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sehe sich weiterhin in der verfassungsmäßigen Verantwortung, zu einer pluralistischen Gesellschaft mit Kultur- und Meinungsvielfalt beizutragen.
In Deutschland sei die medienpolitische Diskussion derzeit durch lautstarke Proteste von kommerziellen Rundfunkanbietern und Verlegern geprägt, so Raff, die in den öffentlich-rechtlichen Angeboten wirtschaftliche Konkurrenz sähen. Das entbehre aber jeder Grundlage. Die Häufigkeit und Heftigkeit mit der die Argumente vorgetragen würden, mache diese nicht richtiger. Raff: "Im Internet verdient man Geld mit Werbung. Unsere Angebote sind werbefrei." Das werde zwar in anderen EU-Staaten, zum Beispiel in Österreich, anders gehandhabt, es gebe aber gute Gründe, in Deutschland bei den bestehenden werbefreien Online-Auftritten der Öffentlich-Rechtlichen zu bleiben. Auch verzichte man seitens der ARD bei den Online-Angeboten der einzelnen Landesrundfunkanstalten auf eine flächendeckende lokale Berichterstattung, um der regionalen Tagespresse keine Konkurrenz zu machen. Dies könne auch gerne so bleiben, so Raff.
Umgekehrt sei es aber so, dass die Verleger jetzt auch noch Fernsehen machen, um damit ihren Einfluss und ihre Meinungsmacht zu steigern. Wenn aber die gleichen Verleger, die Zeitungen herausbringen, jetzt auch noch Internet und Fernsehen anbieten, müsse schon die Frage erlaubt sein, wo denn da die Meinungsvielfalt bleibe.