Ganz konkret bildet das Thema "Predictive Policing" das Thema des aktuellen Thrillers.
Hinter diesem hochmodernen Schlagwort verbirgt sich die Vorhersage und in weiterer Folge Verhinderung von Verbrechen durch statistische Auswertungen basierend auf einer Vielzahl an Daten über Demographie, Psychologie, Beschaffenheit des urbanen Lebensraumes und noch unzähligen mehr. Was vom amerikanischen Science Fiction-Autor Philipp K. Dick bereits ersonnen und als "Minority Report" verfilmt wurde, findet nun langsam seinen Weg auch in unseren Alltag. Mit Projekten in Los Angeles, aber auch Zürich und Berlin konnten bereits erste Erfolge erzielt werden. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch die Spannungsliteratur dieses Themas annimmt. Zumindest im deutschsprachigen Raum dürfte Sebastian Fitzek, moderne Symbolfigur des raffinierten Psychothrillers, das Rennen für sich entscheiden.
Mit ihrem neuen Roman stellt sich Astrid Korten selbstbewußt dem Vergleich mit dem prominenten Kollegen. Wo aber Fitzek wieder die Wahrnehmung seiner Figuren und Lesern in Frage zu stellen verspricht, erzählt Korten naturgemäß eine Geschichte kühl kalkulierter Intrigen, die diesmal sogar weltpolitische Dimensionen annehmen. Was, wenn die Predictive-Policing-Software in die falschen Hände fällt? Was, wenn damit nicht Verbrechen verhindert, sondern gefährlich präzise geplant werden? Und wer bestimmt, welche Hände die richtigen und welche die falschen sind?
Diese brisanten Fragen bilden jene Kordel, auf die die Handlungsstränge um eine Kriminalistendynastie, einen brutalen Berufskiller und psychologische Experimente mit Häftlingen aufgewickelt sind. Im Bewußtsein des Lesers werden sie zu einem undurchdringlichen Geflecht aus Manipulation, Zweifel und ebenso subtiler wie wirkungsvoller Zerstörung einer Persönlichkeit gesponnen. Die Autorin versteht es außerdem, den Leser ins Grübeln über die eigene unterschwellige Beeinflußbarkeit zu versetzen. Inwieweit ist der freie Wille nur eine wohlige Illusion, inwieweit entstammen unsere Entscheidungen auch tatsächlich unseren eigenen Überzeugungen? Die Aufweichung der Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verleiht dem Roman noch zusätzlich an Spannung, zieht den Leser noch tiefer ins Geschehen.
Die Vorhersage von menschlichem Verhalten mittels Algorithmen und die Auswertungen von Datenbanken ist derzeit ein brandaktuelles Thema, das genügend Stoff für spannende Geschichten liefert. Astrid Korten und Sebastian Fitzek haben es bereits aufgegriffen. Wem von beiden dies besser gelingt ..? Werte Leser, entscheiden Sie selbst.
Wolfgang Brandner Bücherkaffee