Nachdem wir jetzt wissen, dass wir millionenfach abgehört werden, ist es ein Gebot der Höflichkeit, neben dem Gesprächspartner auch die Mithörer zu begrüßen.
(© Dr. Achim Reichert (*1941), Physiker, ehem. Hamburger Politiker)
Die Wanze an der Wand ist die Laus im Pelz, die den Floh im Kopf abhört.
(© Erhard Horst Bellermann (*1937), deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker)
Eiskalt sind Astrid Kortens Bücher! Auch beim neuen Thriller geht es gleich im Prolog richtig gefühlskalt zu und wird mit Grausamkeiten nicht gegeizt. Am Beginn erleben die Leser den Mord an einer Frau mit aus der Sicht des Mörders Janus, einem genialen Softwareentwickler, der keine Skrupel kennt und im Roman immer präsent ist. Er ist ein Psychopath, der langsam foltert, beinahe poetisch, mit Hingabe kostet er das Spiel richtig aus. Der schnelle Tod befriedigt ihn nicht. Wie ein Künstler vollbringt er sein Werk und wie ein Künstler will er dafür bewundert werden.
Im Mittelpunkt des Thrillers steht auch die Neurologin und Psychiaterin Alexa Erbach. Sie ist mit dem Profiler Tom Diavelli verheiratet und hat mit ihm zusammen den siebenjährigen Sohn Josh.
Alexa wird von Frank Ponti, Vorstandsvorsitzender der Neurotec AG, angefordert. Im Auftrag des Innenministeriums soll sie die Projektleiterin des neuen Projekts CHIMÄRE werden. Im Gegensatz zu Predictive Policing alleine verspricht das Programm eine bessere und zuverlässigere Aussage in der Verbrechungsbekämpfung. Bei Alexa bleibt hingegen ein mulmiges Gefühl, zudem meint sie Frank Pontis Stimme schon einmal irgendwo gehört zu haben.
Dann erleidet ihr Vater einen Herzanfall, ab diesem Zeitpunkt bleibt in ihrem Leben nichts mehr wie es war und sie und ihre Familie geraten in große Gefahr.
Astrid Korten schreibt Bücher mit Bestsellergarantie, so wird der vorliegende Thriller sicher auch sprunghaft die Bestsellerlisten empor klettern.
Die Autorin hat einen Thriller der Sonderklasse verfasst, gewohnt qualitativ hochwertig. Ihr Schreibstil ist schnörkellos, detailreich, ihre Ausdrucksweise ist prägnant, teilweise poetisch und immer sehr ausgefeilt. Die Geschichte entwickelt von Anfang an einen unbeschreiblichen Sog, der den Leser wie ein Strudel in den Abgrund zieht.
Ihre Figuren agieren glaubhaft und authentisch. Die Charaktere sind wundervoll gezeichnet. Der Leser kann sich stets einfühlen, manchmal kippt man sogar zu sehr rein, so mitreißend ist die Geschichte geschrieben, aus der es kein Entrinnen gibt.
Als Schauplätze fungieren unter anderem Berlin und Moskau. Nach Angaben der Autorin sind die Idee zu diesem Thriller und der Mörder aus einer ihrer preisgekrönten Kurzgeschichten entstanden.
Astrid Korten ist auch bekannt dafür aktuelle Geschehnisse oder brisante Themen in ihre Thriller zu packen und darum einen stringenten Plot zu konstruieren. Im vorliegenden Roman hat die Autorin sich dem Thema Predictive Policing und der umstrittenen Anwendung der Mindmachine gewidmet, um tief in die Köpfe der Verbrecher zu dringen, um Taten und Gedanken auszuwerten und Zukünftiges vorherzusehen. Das ist längst keine Zukunftsmusik mehr.
Des Weiteren thematisiert die Autorin auch den Missbrauch der digitalen Überwachung mittels eigener Softwares und liefert somit jede Menge Diskussionsstoff, weit über die spannende Lektüre hinaus.
Die Autorin verwendet wieder mehrere Erzählperspektiven, die sie gekonnt miteinander verflicht. Alle münden am Ende in einen roten Faden. Korten führt den Leser auf eine gnadenlose Achterbahn, quält uns mit Gewaltdarstellungen, lockt mit falschen Fährten, überrascht mit unglaublichen Wendungen und sorgt für Herzklopfen bis zum fulminanten, nicht vorhersehbaren und wohldurchdachten Show-Down, nachdem man als Leser allerdings immer noch nicht aufatmen kann, sondern mit einem mulmigen Gefühl schlafen geht.
Wie viel in diesem Thriller ist noch Fiktion, wie viel ist Wirklichkeit?
Wie wird unsere Vergangenheit unsere Zukunft beeinflussen?
Sind wir überhaupt noch sicher in dieser Welt?
Oder existieren von uns geheime Aufzeichnungen, die vielleicht schon bald gegen uns verwendet werden?
Auch bleiben einige Punkte in der Geschichte der Protagonisten am Schluss offen, was auf eine Fortsetzung mit Alexa Erbach hoffen lässt. Das Nachwort der Autorin bringt den Lesern interessante Fakten rund um die brisanten Themen nah.
Fazit: Hier schreibt eine Meisterin ihres Fachs. Astrid Kortens neuer Thriller „Eiskalte Verschwörung“ ist noch packender, grausamer, eindrücklicher und abgründiger als alle Bücher bisher. Ein eiskaltes und schockendes Leseerlebnis, das sibirische Temperaturen ins Wohnzimmer holt, die das Blut in den Adern gefrieren lassen. Ein Lese-Highlight für alle Thriller-Liebhaber und sicher einer der Top-Thriller des Jahres.
Jennifer B. Wind