Es sind asiatische Automobilhersteller, die bei wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenautos die Nase vorn haben. Das machte die jüngste Vollversammlung zum Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Anfang Dezember in Berlin einmal mehr deutlich. Zwar ist es dem 2007 ins Leben gerufenen und durch öffentliche Fördermaßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung gespeisten Programm gelungen, allmählich durchaus Verständnis bis hin zu einer gewissen Zuversicht zu generieren. "Allerdings wird diese leichte Zuversicht vornehmlich durch die hiesigen Aktivitäten auf Tankstellenseite und die massiven Anstrengungen der Asiaten gerade auf der Fahrzeugseite getrieben, während die Situation bei den deutschen Fahrzeugherstellern eher keinen Enthusiasmus erkennen lässt", sagt Dr. Ulrich W. Schiefer, dessen Laufbahn bei Daimler begann und bei BMW u.a. als Innovationschef und später als Gründer von Porsche Engineering vorankam. Schiefer weiter: "Ein Daimler Konzern, der 30 Jahre der Meinungs- und Know-how-Führer im Bereich Brennstoffzelle war und sich erst jetzt angesichts der Überholmanöver der Japaner und Koreaner den Sand aus den müden Augen reibt - das macht einen besorgt." So bemühe man sich zwar, eine limitierte Kleinserie von 200 Fahrzeugen, die von Endkunden nur geleast werden können, auf die Räder zu bringen. Toyota, Hyundai und Honda produzieren aber hingegen bereits in kleiner Serie und die Koreaner peilen den Aufbau einer Infrastruktur für 700.000 Brennstoffzellenfahrzeuge jährlich an.
Und genau hier liegt für den Fahrzeugingenieur das Dilemma. So ist zwar nach Aussagen der jetzt in Berlin zusammengekommenen Experten die zentrale und dezentrale Wasserstoffproduktion technologisch reif und es sollen Tankstellen in großer Zahl gebaut werden. Zudem liegen Transportkonzepte vor und warten nur auf das Investment der Tankspeditionen, sind Firmen für Brennstoffzellenheizungen startbereit und auch private und geschäftliche Nutzer bei entsprechender Förderung dabei. Doch das Ganze kommt nur langsam voran, weil das "rollende Material" - die Autos - fehlt.
"Pkw-Fuhrparks, die in die neue Technologie einsteigen wollen, suchen vergeblich nach Fahrzeugen aus lokaler Produktion. Dagegen können sich die Asiaten bereits die Hände reiben, weil sie die entsprechenden alltagstauglichen Fahrzeuge liefern werden", bringt es der Fahrzeugingenieur auf den Punkt. Nicht viel besser sieht Schiefer die Situation der Deutschen bei Brennstoffzellenbussen: "Seit Daimler Chef Dieter Zetsche 2017 öffentlich zum Glauben an die Batterie konvertiert ist, hat sich Evobus immerhin zur Produktion von 500 E-Bussen hinreißen lassen - eine homöopathische Dosis angesichts 200.000 Einheiten auf dem Weltmarkt bzw. auch mit Blick auf den japanischen Hersteller Toyota, der beispielsweise die Olympischen Spiele 2020 mit Brennstoffzellen-Bussen ausstatten wird."
Bei einem "Weiter so!" wird das Erfolgskonzept der deutschen Automobilindustrie nach Überzeugung des renommierten Fahrzeugingenieurs und Branchenkenners künftig komplett auf den Kopf gestellt. "Die Deutsche Autoindustrie 1.0 war einst ein inniger Verbund aus lokalen Tier-1-Zulieferern und lokalem Hersteller. Jetzt, bei der Deutschen Autoindustrie 2.0 arbeiten die deutschen Zulieferer auch mangels lokaler Alternativen mit ausländischen Herstellern zusammen: sei es Bosch, der mit dem amerikanischen Lkw-Hersteller Nicola gemeinsame Sache macht, oder deutsche Autobauer, die sich zunehmend an ausländische Brennstoffzellenkompetenz, wie die mittlerweile teilweise in chinesische Hand gegangene, kanadische Firma Ballard, koppeln oder im Falle von BMW an Toyota. Für Schiefer, Inhaber der AtTrack GmbH, Gesellschaft für Mobilität, muss die deutsche Automobilindustrie spätestens jetzt beherzt nach vorne gehen und handeln, statt sich weiter mit ihren Dieselwunden zu beschäftigen. Äußeres Anzeichen dafür, dass man noch nicht darüber hinweg ist, ist die "Nichtmachbarkeitskeule", die die lokalen Protagonisten sofort herausgeholt haben, als in der laufenden Woche die EU die Abgasgrenzwerte bis und über 2030 hinaus bekanntgab.