- ARCD kritisiert "Salamitaktik" des Bundesverkehrsministeriums
- Geplante Änderungsverordnung stellt Verlässlichkeit von Regelungen in Frage
- Verkehrssicherheit gerät beim Feldversuch zunehmend ins Hintertreffen
400 sollten es werden, mit bislang zwölf Fahrzeugen auf der Straße ist das Interesse der Güterverkehrsbranche am Gigaliner-Feldversuch von Verkehrsminister Peter Ramsauer jedoch äußerst bescheiden. Um die Gigaliner vor dem endgültigen Aus zu retten, hat das Bundesverkehrsministerium nun eine Ändeungsverordnung auf den Weg gebracht, die bisherige Regelungen zum Feldversuch scheibchenweise aufweicht. Der ARCD befürchtet, dass diese "Salamitaktik" nur der Beginn einer noch weiter reichenden Untergrabung bestehender Regelungen sein könnte.
Bereits im Februar äußerte der ARCD seine Bedenken hinsichtlich einer schleichenden Ausdehnung des Gigaliner-Feldversuchs auf nicht geeignete Strecken. Durch die geplante Änderungsverordnung sieht sich der Club in seiner Haltung nun bestätigt, da künftig in umfangreicher Weise zusätzlich Teile des untergeordneten Straßennetzes für Gigaliner freigegeben werden sollen. Diese Maßnahmen kurz nach dem Start des Feldversuchs zu Jahresbeginn wertet der ARCD als eindeutige Anzeichen einer handwerklich mangelhaften Vorbereitung des Experiments. Denn sonst müsste nicht zu einem so frühen Zeitpunkt bereits "nachgebessert" werden.
Kritik kommt auch von Seiten der Opposition. Mit seinem Vorgehen wische Verkehrsminister Ramsauer Sicherheitsbedenken einfach zur Seite und handele damit fahrlässig, so die SPDVerkehrsexpertin im Bundestag, Kirsten Lühmann: "Die Bedenken an den zuerst zugelassenen Straßen sind noch nicht ausgeräumt, trotzdem genehmigt die Regierung mit der neuen Verordnung zusätzliche Straßen. An den jetzt schon für Lang-Lkw freigegebenen Straßen gibt es Bahnübergänge, die für das Überfahren von riesigen Lkw nicht ausgelegt sind. Auch Rastplätze an den Autobahnen stellen die Fahrenden vor Herausforderungen, da die Plätze für die ausladenden Maße nicht ausreichend sind."
Auch andere Aufweichungen, wie etwa der im vergangenen Jahr noch komplett ausgeschlossene, nun aber nach bestimmten Vorgaben mögliche Transport von Gefahrgütern, lassen laut ARCD berechtigte Zweifel an der Verlässlichkeit einmal getroffener Entscheidungen aufkomen. So stellt sich für den Club etwa die Frage, ob das bislang zugesicherte maximal zulässige Gesamtgewicht der Gigaliner von 44 Tonnen demnächst ebenfalls zu Disposition gestellt werde, sollten große Spediteure in diesem Punkt Druck auf die Politik ausüben.
Angesichts des bislang geringen Interesses von nur sieben Unternehmen mit insgesamt zwölf Gigalinern ist es, so der ARCD, allerdings fraglich, ob diese überlangen Lkw tatsächlich benötigt werden. Oder ob auf dem Umweg über nachträgliche Änderungsverordnungen Gigaliner nun mit Gewalt auf die Straße gebracht werden sollen. Die Politik dürfe sich aber nicht vor den Karren von Lobbyisten spannen lassen, so der Club.
Der ARCD appelliert daher mit Nachdruck an die Verantwortlichen, nicht ökonomische Interessen, sondern die Auswirkungen auf Verkehrssicherheit und Infrastruktur in den Mittelpunkt des Gigaliner-Feldversuchs zu stellen.