- Keine Vorfahrt nach verkehrsberuhigtem Bereich
- Vortritt für Fußgänger beim Ausfahren aus einem Kreisverkehr
- Vorrang für Linien- und Schulbusse beim Abfahren von Haltestellen
So manche besondere Vorfahrtsregel ist längst nicht allen Verkehrsteilnehmern geläufig. „Solche Wissenslücken sind ein Problem, denn die Beachtung von Verkehrsregeln ist für ein sicheres, unmissverständliches und unfallfreies Miteinander im Verkehrsalltag wesentlich“, sagt ARCD-Pressesprecher Josef Harrer. Dass gerade die Missachtung der Vorfahrt bzw. des Vorrangs zu teils schweren Unfällen führen kann, zeigt auch die aktuelle Verkehrsunfallstatistik 2014 des Statistischen Bundesamtes: Unter den 248 712 Fehlverhalten von Pkw-Fahrern als Ursache von Unfällen mit Personenschaden liegt die Missachtung der Vorfahrt bzw. des Vorrangs auf Platz zwei (17,6 Prozent).
Eine Besonderheit bei der Vorfahrtsregelung stellt der verkehrsberuhigte Bereich dar – häufig auch als Spielstraße bekannt –, denn wer aus diesem Bereich kommt, hat keine Vorfahrt. Hier gilt nämlich nicht automatisch die „Rechts vor links“-Regelung, sondern §10 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum vorsichtigen Ein- und Anfahren. Verkehrsteilnehmer, die aus einem Grundstück, einer Fußgängerzone, einem Feld- oder Waldweg herausfahren oder über einen abgesenkten Bordstein fahren, haben ebenfalls keine Vorfahrt. Die „Rechts vor links“-Regelung ist hier außer Kraft gesetzt.
Unsicherheit herrscht oft beim Kreisverkehr. Ein solcher ist mit einem blauen runden Verkehrszeichen mit drei sich verfolgenden Pfeilen und einem „Vorfahrt gewähren“-Schild gekennzeichnet. Hier gilt: Die Fahrzeuge im Kreisverkehr haben Vorfahrt, die einfahrenden Fahrzeuge müssen warten. Fehlt das „Vorfahrt gewähren“-Schild, handelt es sich dagegen um einen kreisförmigen Knotenpunkt mit der Regelung „Rechts vor links“. Was häufig missachtet wird: Beim Ausfahren aus dem Kreisverkehr haben Fußgänger, die die Straße überqueren wollen, Vorrang (§9 Absatz 3 der StVO). Demnach ist „auf zu Fuß Gehende (...) besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten“. Diese Regelung gilt auch allgemein für abbiegende Autofahrer.
Und wie sieht es beim Zusammentreffen mit Straßenbahnen sowie Linien- und Schulbussen aus? „Noch immer herrscht die Auffassung vor, dass Straßenbahnen grundsätzlich Vorfahrt haben. Das ist nicht so“, sagt Harrer. Straßenbahnfahrer müssen sich so verhalten wie andere Verkehrsteilnehmer auch, außer wenn ein „Vorfahrt gewähren“-Schild in Kombination mit einem Straßenbahn-Schild der Bahn Vorrang gibt. Achtung Fußgänger: An Zebrastreifen müssen Straßenbahnen nicht halten! Linien- und Schulbusse haben laut StVO zumindest beim Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen Vorfahrt. In §20 Absatz 5 heißt es: „Omnibussen des Linienverkehrs und Schulbussen ist das Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen zu ermöglichen. Wenn nötig, müssen andere Fahrzeuge warten.“
Für Diskussionen sorgen immer wieder auch Fahrbahnverengungen, häufig auf Autobahnen vor Baustellen. Hier gilt nicht etwa die Regelung, dass Fahrzeuge auf der Hauptspur Vorrecht haben, sondern das sogenannte Reißverschlussverfahren: Fahrzeuge auf beiden Spuren haben abwechselnd Vorfahrt, und zwar direkt vor der Verengung und nicht schon hunderte Meter davor.
Auch wenn diese Situationen ganz klar geregelt sind, dürfen Verkehrsteilnehmer im Zweifel nicht auf ihr Recht beharren und die Vorfahrt erzwingen. Vielmehr hilft hier das ARCD-Motto „Rücksicht statt Risiko“, um durch rücksichtsvolles und partnerschaftliches Verhalten eine Gefährdung von sich und anderen zu vermeiden.