Bei einem Auffahrunfall geht man in der Regel davon aus, dass der Auffahrende zu schnell war und zu wenig Abstand zu seinem Vordermann gehalten hat. Es spricht daher zunächst einmal der so genannte "Beweis des ersten Anscheins" für die Schuld des Auffahrenden. Aber die Faustregel "Wer auffährt, hat Schuld" gilt nicht immer, wie eine aktuelle Gerichtsentscheidung zeigt. Bemerkt nämlich ein Autofahrer während der Fahrt einen Motordefekt, der das Fahrzeug immer langsamer rollen lässt, muss er andere Verkehrsteilnehmer warnen. Kommt es deshalb zu einem Auffahrunfall, muss er ganz überwiegend für den Schaden aufkommen. Dies entschied das Kammergericht Berlin in einem aktuellen Leitsatzurteil (Az.: 12 U 5/08), über das der Deutsche Anwaltverein (DAV) berichtet. Das Gericht bezog sich dabei auf §§ 1 Abs.2, 16 Abs. 1 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO). In dem betreffenden Fall war ein Autofahrer auf der Überholspur einer Autobahn unterwegs, als der Fahrzeugmotor mehr und mehr an Kraft verlor und der Wagen immer langsamer wurde. Der Fahrer wechselte deshalb von der linken auf die rechte Spur. Kurz bevor er stehen blieb, fuhr ein anderer Wagen auf. Nach dem Motto "Wer auffährt, zahlt" wollte der Vordermann Schadensersatz vom nachfolgenden Fahrer einklagen, scheiterte aber mit diesem Begehren in zwei Instanzen. Das Kammergericht hielt ihm vor, dass er weder Warnblinker gesetzt noch auf andere Weise vor der Gefahr gewarnt habe. Zwar spreche bei einem Auffahrunfall viel für die Schuld des Auffahrenden. In diesem Fall setzte das Gericht den Schuldanteil des Klägers aber doppelt so hoch an wie den des Auffahrenden. Auf einer Schnellstraße sei nicht damit zu rechnen, dass die Geschwindigkeit des Vordermanns ohne erkennbaren Grund und ohne Warnung reduziert werde, urteilte das Berliner Kammergericht. ARCD
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