Assistenzsystem: Auf Basis von 33 Hochleistungssensoren, dreidimensionalem Laserscanner und einer erfassten Datenmenge von bis zu 8 GB pro Sekunde lässt der Nio autonomes Fahrgefühl erwarten. Umso größer ist die Enttäuschung. Der Spurhalteassistent greift nicht nur permanent, sondern auch teils rigide in die Spurführung ein. Der adaptive Tempomat bekommt beim Überholen quasi vor jedem Fahrzeug Panik, das sich auf der rechten Spur befindet, und bremst den ET7 kurz ein. Das assistierte Fahren ist ein ähnliches Himmelfahrtskommando wie bei Teslas sogenanntem Autopiloten.
Bediensystem: Offenbar hat sich Nio auch bei der Menüführung Tesla zum Vorbild genommen. Entsprechend kompliziert ist die Bedienung, selbst den Seitenspiegel muss man über diverse Menüschritte einstellen. Oft ist es Zufall, ob man eine Funktion findet. Weil die Verkehrszeichenerkennung offenbar nach den Zufallsprinzip funktioniert, warnt das System ständig vor Tempoüberschreitungen. Nio verweigert das Spiegeln von Apple CarPlay und Android Auto. Deren Kopplung mit Fahrzeug und Handy beschäftigt den Fahrer samt Operator eine halbe Stunde. Das Navi geht bei der Planung von Ladestops von der WLTP-Reichweite aus, nicht vom echten Akkustand.
Reichweite/Akku: Die Reichweite des Nio ET7 mit 100 kWh-Akku ist laut auto motor und sport deutlich niedriger als angegeben. Im Test bei winterlichen Temperaturen schaffte das Auto bei einem Testverbrauch von 33 kWh nur rund 300 km. Offiziell gibt Nio einen Verbrauch von 21,8 kWh auf 100 km und eine Reichweite von 509 km an. Selbst wer zurückhaltend im Eco-Modus stromert, kommt lediglich 376 km weit. Das spricht nicht für die Effizienz der beiden Elektromotoren. Ärgerlich: Auch beim Ladetempo schwächelt der ET7, der knapp die angegebene maximale Ladeleistung von 130 kW erreicht. Für 100 Kilometer reale Reichweite lädt man somit 17 Minuten, für 200 Kilometer steht man mehr als doppelt so lang. Wer zu Hause mit 11 kW dreiphasig laden kann, der muss den Nio rund zehn Stunden abstellen. Immerhin: Der Akkuwechsel, den Nio an aktuell zwei Stationen im Bundesgebiet anbietet anstelle des Aufladens, klappt unproblematisch.
Fahrleistungen: Souverän sind die Fahrleistungen, sie vermitteln je nach Modus das Gefühl motorischer Überlegenheit. Die Bremsen packen beherzt zu, der Bremsweg aus 100 km/h ist mit 34 m kurz. Die starke Antriebsleistung trübt allerdings die Lenkung, die so viel Feedback und Präzision vermittelt wie ein PC-Lenkrad aus den Nullerjahren. Zudem schafft es die Luftfederung nicht, die Wankneigung gänzlich zu unterbinden.
Fazit: Die Limousine im Luxussegment wird es schwer haben gegen ausgereifte deutsche Konkurrenten wie den Mercedes EQE.
Redakteur: Clemens Hirschfeld