Die Sepsis muss als eine der häufigsten Todesursachen in deutschen Kliniken besser erforscht, die frühe Diagnose, die Behandlung und die Ärzteausbildung verbessert sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert werden, um sie erfolgreich bekämpfen zu können. So lauten zusammengefasst die Forderungen auf dem 50. Kasseler Symposium zum Thema "Sepsis - Ein interdisziplinäres Problem - Standortbestimmung und Zukunftsperspektiven". Auf der medizinischen Tagung am Freitag und Samstag, den 1. und 2. Juni, diskutierten zahlreiche Experten in der Kasseler Stadthalle Probleme und Erfahrungen mit der Sepsis (?Blutvergiftung?).
Problem Sepsis unterschätzt
Sepsis ist die Antwort des Körpers auf eine Infektion. Diese wird meistens durch Bakterien verursacht und kann auf bestimmte Körperregionen begrenzt sein, sich aber auch auf die Blutbahn ausbreiten, was im Volksmund als Blutvergiftung bekannt ist. Eine Sepsiserkrankung ist kein Einzelfall. Einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Erhebung zufolge erkranken jährlich 75.000 Menschen an einer schweren Sepsis bzw. an einem septischen Schock und 79.000 an einer Sepsis, insgesamt also etwa 150.000 Menschen. Die Überlebenschance liegt bei ungefähr 50 Prozent - beste medizinische Versorgung vorausgesetzt. Mit ca. 60.000 Todesfällen sind septische Erkrankungen die dritthäufigste Todesursache und folgen damit gleich auf den akuten Herzinfarkt. Nach offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes sterben hingegen jährlich nur 6.000 Menschen in Deutschland an Sepsis, ein Hinweis, dass das Problem hierzulande noch völlig unterschätzt wird und die Wahrnehmung sehr gering ist.
Nicht unterschätzt werden darf auch der gesundheitsökonomische Faktor: Etwa 30 Prozent des Budgets für Intensivmedizin werden in die Behandlung der Sepsis investiert. Die finanzielle Belastung für die Krankenkassen sowie Renten- und Versicherungsträger ist also enorm.
"Wir müssen dafür sorgen, dass die Sepsis stärker in das öffentliche Bewusstsein gelangt, das wäre ein erster Schritt zur Bekämpfung der Erkrankung", forderte Prof. Dr. med. Konrad Reinhart vom Universitätsklinikum Jena und Vorsitzender der Deutschen Sepsis- Gesellschaft, der die wissenschaftliche Leitung des 50. Kasseler Symposium innehat. "Wo Sepsis-Fälle in Krankenhausberichten verschwiegen und in Entlassungspapieren nicht einmal aufgeführt werden, kann auch kein medizinischer Fortschritt erfolgen." Ein erster Schritt, so Prof. Reinhart, wäre eine Verbesserung der Ausbildung der Ärzte. Zudem müssten neue Methoden angewendet und die Forschung vorangetrieben werden. Dafür sei es dringend notwendig, dass Mediziner interdisziplinär besser zusammen arbeiteten.
50 Jahre Kasseler Symposium
Das Kasseler Symposium feiert in diesem Jahr mit dem Sepsis-Kongress sein 50-jähriges Bestehen. 1957 wurde es zunächst als Elektrolyt-Symposium ins Leben gerufen. Otto und Bernd Braun, die damals das Unternehmen B. Braun leiteten, suchten nach einem Weg, ein Bewusstsein für die große Bedeutung der Infusionstherapie in der Fachöffentlichkeit zu schaffen.
"Der Austausch von medizinischem Wissen, den wir heute mir dem Slogan Sharing Expertise unterstreichen, und damit die Förderung des medizinischen Fortschritts ist seit langem ein Anliegen von B. Braun. Mit dem Kasseler Symposium haben wir ein Instrument geschaffen, das sich dringenden Themen der Medizin annimmt und diese vorantreibt.
Dadurch hat sich das Kasseler Symposium eine hohe Akzeptanz in Fachkreisen geschaffen,"
sagte Dr. Joachim Schnell, Mitglied des Aufsichtsrates der B. Braun Melsungen AG und ehemaliger Stellv. Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, während einer Pressekonferenz am Rande der Veranstaltung.
Das Kasseler Symposium wird heute von der Stabsabteilung Medizinische Wissenschaft in Zusammenarbeit mit der Aesculap Akademie veranstaltet. Nahmen an der ersten Veranstaltung 35 Mediziner teil, so waren es in den vergangenen Jahren - je nach Thema - bis zu 600. Zum Sepsis-Symposium kamen rund 300 Interessenten in die Kasseler Stadthalle. "Wir freuen uns über das große Interesse," sagte Dr. Martin Kirschner, Leiter Stabsabteilung Medizinische Wissenschaft, mit Blick auf den hohen Zuspruch 2007.