Neue Wege in der Patienteninformation beschritt die BARMER vor rund zwei Jahren mit einem Film, der Frauen mit Brustkrebs eine erste Orientierungshilfe bieten soll. Seit Mai 2007 wurden bundesweit rund 5.000 Kopien des Films bei niedergelassenen Ärzte, Brustzentren und Beratungsstellen eingesetzt. Die Erfahrungen damit belegen, dass Transparenz und verbindliche Qualitätsstandards darüber entscheiden, dass Patientinnen und Patienten Informationen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sie auch als vertrauenswürdig anerkennen. "Nur dann wird aus der Information die Basis oft lebensbestimmender Entscheidung", so Fischer. Hochwertige und objektive Informationen brauchten Patientinnen und Patienten aber nicht nur für therapeutische Entscheidungen. Sie seien ebenso bei individuellen Gesundheitsleistungen oder im Rahmen von Auseinandersetzungen nach einem Behandlungsfehler nötig.
Bei zahlreichen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, die auf dem Markt sind, sei der Nutzen nicht nachgewiesen. Darauf wies Susanne Mauersberg von Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin hin. Bei Brustkrebs werde gegenwärtig davon ausgegangen, dass die Gruppe der Frauen zwischen 50 und 69 Jahren mehrheitlich von einer Röntgenuntersuchung (Mammographie) profitiert. Allerdings gebe es auch trotz eindrucksvoller Zahlen berechtigte Kritik. Das Screening sei unpersönlich, die Untersuchungsergebnisse kämen per Post. "Eine individuelle Entscheidung für oder gegen die Teilnahme am Mammographie-Screening kann nur auf der Basis neutraler Informationen erfolgen", so Mauersberg. Es mache einen großen Unterschied, ob eine Patientin an dieser Früherkennungsuntersuchung mit fundiertem Wissen teilnehme. Nur fundiertes Wissen ermögliche eine Abwägung von Vor- und Nachteilen.
"Die Frage, ob Patientenbeteiligung und Patientenrechte vom Gesetzgeber wirklich gewünscht sind, ist zunächst einmal mit einem klaren Ja zu beantworten", betonte Prof. Dr. Benedikt Buchner, Gesundheits- und Medizinrechtler an der Universität Bremen. Es stehe dem Gesetzgeber ohnehin nicht frei, Patientinnen und Patienten eine informierte Entscheidungsfindung abzusprechen. Die Maxime der Patientenautonomie sei keine "Gnade" des Gesetzgebers, sondern verfassungsrechtlich vorgegeben, und eben diese Patientenautonomie setze unabdingbar einen informierten Patienten voraus. Streitig sei jedoch, wie dieses Ziel in der Praxis erreichbar sei. So könnten Patientinnen und Patienten "bei der Verarbeitung von Informationen einer Vielzahl von Rationalitätsdefiziten unterliegen". Umso wichtiger sei es daher, dass im Interesse einer wirklichen Patienteninformiertheit nur solche Informationen rechtlich zulässig seien, die qualitativ hochwertig sind. Entsprechend fragwürdig sei es, wenn derzeit in der Europäischen Kommission ausgerechnet die Arzneimittelunternehmen als die Informanten der Zukunft und als Garanten eines informierten und eigenverantwortlich handelnden Patienten präsentiert würden.
Die Expertendiskussion auf diesem Symposium ist ein weiterer Meilenstein der BARMER auf dem Weg zu einer neuen Art der Patienteninformation, resümierte Birgit Fischer. Filmprojekte wie oben beschrieben, Internetangebote und eine neue Art von Fachbroschüren, die nicht mehr einfach einen Weg weisen, sondern ein breites Spektrum an Informationen und Orientierung bieten, die eine selbstbestimmte Entscheidung ermöglichen, sind weitere Bausteine der evidenzbasierten Patienteninformation, wie sie die BARMER pflegt.