Man stelle sich vor: In Zeiten von zunehmender Wohnraumknappheit wird der Wohnungsbau auch noch verteuert und keiner merkt es! Unvorstellbar? Keineswegs: Das Bundeskabinett möchte mit der EnEV 2014 (www.enev-online.de) die Vorschriften zum Primärenergiebedarf neu regeln. Der Entwurf sieht vor, den Energiebedarf von Neubauten ab 2014 um 12,5 Prozent und 2016 nochmals um 12,5 Prozent zu senken. Weniger heizen im Sinne der Umwelt? An sich ein guter Gedanke - aber nur, wenn das dazugehörige Konzept umwelt- und sozialverträglich ist. "Die meisten Dämmmaterialien gefährden schon bei deren Herstellung die Umwelt", so die erfolgreiche Geschäftsführerin Dagmar Fritz-Kramer des Ökohaus-Pioniers Baufritz (www.baufritz-qd.de).
Sozialpolitisch höchst kritisch
Experten kritisieren die Regelung aber auch als extrem unsozial - insbesondere vor dem Hintergrund des Mangels an Wohnraum in Ballungszentren: "Höhere Neubauanforderungen bedeuten für alle Beteiligten weitere Kostensteigerungen. Außerdem ist davon auszugehen, dass besonders in den Ballungsgebieten zu wenig in den unteren Preissegmenten gebaut werden wird", kritisiert der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) (www.bid.info) Walter Rasch die geplante Neuregelung. Vermieter von Neubauwohnungen sehen sich gezwungen, die Mietpreise analog zu den höheren Baukosten anzupassen. Schon jetzt aber klagen vor allem in größeren Städten viele junge Paare und Familien, dass es kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt. Gerade Menschen mit mittlerem Einkommen sowie Rentner und Studenten leiden unter der Verteuerung des Mietmarkts.
Regelungen legen "Häuslebauern" Steine in den Weg
Die geplante EnEV wird aber auch den Bau eines Eigenheims erschweren. Das wiederum verschärft die anhaltende Rentendiskussion: Die eigenen vier Wände sind immer noch der sicherste Maßstab, um sich am Ende seines Arbeitslebens entspannt zurückzuziehen und das Leben zu genießen. Werden aber den Häuslebauern schon im Berufsleben immer mehr finanzielle Steine beim Bau ihres Eigenheims in den Weg gelegt, verschreckt das die meisten. Die mögliche Konsequenz: Am Ende des Tages fehlt vielen Rentnern eine sichere Existenzgrundlage und die Altersarmut droht.
Neuerung für öffentliche Gebäude verbindlich ab 2019
"Was für Privatleute gilt, gilt multipliziert für Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften", so Heinz-Werner Götz vom Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW). Hinzu kommt, dass der Niedrigstenergie-Neubaustandard für öffentliche Gebäude bereits ab 2019 verbindlich werden soll (für private Gebäude erst ab 2021). Hier handelt es sich um Neubauten, die eine sehr gute Gesamtenergieeffizienz aufweisen. Erneuerbare Energien sollen größtenteils ihren sehr geringen Energiebedarf decken. Demnach müssten Bauherren von Nichtwohn-Neubauten, die nach dem 1. Januar 2019 einen Bauantrag oder eine Bauanzeige einreichen, bereits den Niedrigstenergie-Standard erfüllen.
In seiner Stellungnahme an die Bundesregierung fordert der Arbeitskreis "Richtig bauen" die Abschaffung der Verordnung. Darin heißt es: "Die Erstellung von Niedrigstenergiehäusern machen mit ihren unwirtschaftlichen dreifach-Fensterverglasungen, alternativen Energieerzeugungsanlagen, Lüftungsanlagen und Dämmsystemen das Wohnen insgesamt wesentlich teurer als in den Begründungen zu EnEG- und EnEV-Novelle behauptet wird und für einen zunehmenden Teil der Bevölkerung unbezahlbar."
Förderung umweltbelastender Dämmmaterialien
Doch damit nicht genug: Die neue EnEV ist nicht nur für Sozial-, Wohnungs- und Rentenpolitik Gift, sondern auch für die Umwelt. Denn die Förderung von Energiesparmaßnahmen unterscheidet nicht zwischen chemischen, also umweltgefährdenden Dämmstoffen und nachwachsenden Biodämmstoffen. Im Gegensatz zu den Bio- und Naturdämmstoffen können chemische Stoffe nicht mehr in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden. Hinzu kommt, dass die Politik die Grauenergie völlig vernachlässigt - also die Energiebilanz zum Transport, zur Herstellung oder zur Entsorgung der chemischen Bau- oder Dämmmaterialien. Die CO2-Bilanz der meisten Produkte ist folglich verheerend.
Erforderlich ist die gezielte Förderung nachhaltiger Dämmmaterialien. Der mehrfach ausgezeichnete Holzhaus-Hersteller Baufritz setzt hier z.B. auf den weltweit ersten Cradle-to-Cradle zertifizierten Naturdämmstoff, die patentierte Biodämmung HOIZ. Sie besteht aus Holzspänen, welche aus kontrolliertem, FSC-zertifiziertem Holzanbau stammen. Durch die ausschließliche Behandlung mit natürlichen Rohstoffen wie z.B. Molke für den Brandschutz und einem Soda-Laugenzusatz für den Pilzbefall lässt sich die Biodämmung zudem komplett in den biologischen Kreislauf rückführen und äußerst umweltfreundlich entsorgen.
Ökologischer und sozialer Unsinn
Die Verschärfung der Wohnungsknappheit in Ballungszentren, das zunehmende Risiko von Altersarmut durch die Verteuerung von Eigenheimen, die umweltbedenkliche Produktion und Entsorgung von chemischen Dämmstoffen: All diese Entwicklungen nimmt die geplante EnEV 2014 in Kauf. Diese gilt es zu verhindern - denn sie sind für Umwelt und Gesellschaft eine Zumutung. Es stellt sich die Frage, weshalb Politiker aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Wohnungsbau dagegen nicht Sturm laufen?
Infokästen:
Die BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland ist ein Zusammenschluss aus den Verbänden BFW, BVI, DDIV, GdW, IVD, vdp, VGF und ZIA. Mit der BID sind die wichtigsten Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft unter ein Dach getreten, um mit gebündelten Kräften gemeinsame inhaltliche Positionen effektiver in der Öffentlichkeit zu vertreten. Mit der BID steht der Politik und anderen Wirtschaftszweigen sowie weiteren Verbänden ein unterstützender und durchsetzungsfähiger immobilienwirtschaftlicher Partner zur Seite.
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