Bis heute wurden bereits sechs Studien mit insgesamt 100.000 Teilnehmern in der Primärprävention kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse mit Aspirin publiziert. In einer Metaanalyse aus fünf dieser Studien war das Risiko, einen nicht tödlichen Myokardinfarkt zu erleiden, unter Acetylsalicylsäure um knapp ein Drittel geringer als bei denjenigen, die keine Acetylsalicylsäure eingenommen hatten. Dies entspricht der Risikoreduktion, die in den Studien zur Sekundärprävention erzielt wurden.
Aspirin, wenn das 10-Jahres-KHK-Risiko auf 10 Prozent steigt Der Nutzen der Prävention mit Acetylsalicylsäure ist umso größer, je höher das kardiovaskuläre Risiko zu Beginn der Therapie ist. Als erster Schritt in der Praxis sollte daher immer das individuelle Risikoprofil ermittelt werden, betonte Prof. Dr. Harald Darius, Berlin. Die europäische Präventionsleitlinie empfiehlt zur Risikoabschätzung den auf den Daten aus zwölf europäischen Ländern basierenden SCORE-Risikokalkulator. Errechnet wird das 10-Jahres-Risiko, an einem kardiovaskulären Ereignis zu versterben. Das Risiko wird in sieben Abstufungen von unter 1 Prozent bis über 15 Prozent angegeben. Die interaktive Testversion ist im Internet abrufbar unter www.escardio.org/prevention.
SCORE berücksichtigt neben den etablierten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Hypercholesterinämie und Rauchen auch die Faktoren Lebensalter und Geschlecht. Beide spielen eine entscheidende Rolle für die Höhe des Risikos.
Bei Frauen steigt das Risiko hormonell bedingt erst sehr viel später an als bei Männern. Nach den Therapieleitlinien der American Heart Association
(AHA) sollten Erwachsene, bei denen das 10-Jahres-Risiko für ein koronares Ereignis auf über 10 Prozent steigt, prophylaktisch niedrig dosierte Acetylsalicylsäure erhalten. Dies trifft auf den Großteil aller 50-jährigen Männer zu. Frauen erreichen dieses Risikoausmaß meist erst zehn Jahre später. Da der präventive Netto-Nutzen der ASS-Prophylaxe mit zunehmendem kardiovaskulären Risiko steigt, erklärt dies den unterschiedlichen kardioprotektiven Nutzen von ASS bei gleichaltrigen Frauen und Männern.
Groß angelegte Studie mit Aspirin gestartet Die von BAYER initiierte, großangelegte Studie ARRIVE (Aspirin to Reduce Risks of Initial Vascular Events) soll nun die Frage beantworten, ob niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (Aspirin® protect 100 mg) auch dann vor dem ersten Herzinfarkt oder Schlaganfall schützen kann, wenn ein nur moderates Risiko besteht. Dies ist definiert als ein kardiovaskuläres 10-Jahres-Risiko von 10-20 Prozent. Per definitionem sind Typ-2-Diabetiker damit von der Studie ausgeschlossen, da diese Patienten zu der kardiovaskulären Hochrisikogruppe zählen: Ihr Risiko ist ebenso hoch wie das eines Koronarkranken, der bereits einen Myokardinfarkt erlitten hat.
Die Patientenrekrutierung für ARRIVE hat bereits begonnen. Geplant ist der Einschluss von 12.000 Patienten aus vier europäischen Ländern und den USA.
Risikofaktor Non-Compliance Nicht alle Patienten sprechen in erwartetem Ausmaß auf die plättchenhemmende Therapie mit ASS an. Eine Ursache hierfür sind mögliche Arzneimittelinteraktionen, z. B. mit anderen Analgetika, die zu einem Verlust der plättchenhemmenden Wirkung von ASS führen können. Auch gibt es verschiedene Erkrankungen, zum Beispiel Diabetes mellitus, die mit einer Hyperaggregabilität der Thrombozyten einhergehen. Oft kann hier durch eine ASS-Dosiserhöhung die erwünschte Wirkung erzielt werden. Auch Übergewichtige brauchen vielfach eine höhere ASS-Dosis.
Der häufigste Grund für ein "Therapieversagen" ist allerdings eine mangelnde oder fehlende Patientencompliance, betonte Prof. Dr. Karsten Schrör, Düsseldorf. Zunächst ist deshalb sicherzustellen, dass der Patient das Präparat auch wie vorgeschrieben eingenommen hat. Die Compliance bei der Einnahme von Acetylsalicylsäure lässt sich verbessern, wenn zur kardioprotektiven Langzeittherapie eine den Magen weniger belastende Zubereitung wie Aspirin® protect verordnet wird.