Positive Daten der Phase-III-Studie CORRECT (Colorectal cancer treated with regorafenib or placebo after failure of standard therapy) zeigen, dass das Entwicklungspräparat Regorafenib von Bayer die Gesamtüberlebenszeit von Patienten mit metastasiertem Darmkrebs signifikant um 29% verlängern kann (HR=0,77, p=0,0052). Die Studie erreichte damit ihren primären Endpunkt. Sie untersuchte Regorafenib in Kombination mit der bestmöglichen unterstützenden Therapie (best supportive care, BSC) gegenüber Placebo plus BSC bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (metastatic colorectal cancer, mCRC), deren Erkrankung auch nach Behandlung mit den zugelassenen Standardtherapien weiter fortgeschritten war.
Mit der signifikanten Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit (HR=0,49, p<0,000001), sowie einer signifikanten Verbesserung der Tumorkontrollrate (p<0,000001) wurden außerdem zwei sekundäre Wirksamkeitsendpunkte erreicht. Der Unterschied in der objektiven Ansprechrate im Vergleich der beiden Studienarme war nicht statistisch signifikant. Die Studienergebnisse werden am Samstag, dem 21. Januar 2012 auf dem diesjährigen Symposium der American Society of Clinical Oncology (ASCO) zu gastrointestinalen Krebserkrankungen (ASCO-GI) in San Francisco, Kalifornien (USA) präsentiert (14:30 - 16:00 Uhr Ortszeit, Level 3 Ballroom, Moscone Center West, Late Breaking Abstract Nr. 385).
"Die Daten zeigen, dass Regorafenib das Krankheitsgeschehen auch noch in einem weit fortgeschrittenen Stadium stabilisieren und das Überleben von Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom, die sonst keine Behandlungsoptionen mehr haben, verlängern kann", erklärte Prof. Eric Van Cutsem, Universitätskrankenhaus Leuven, Belgien, einer der leitenden Prüfärzte der CORRECT-Studie. "Damit ist Regorafenib der einzige oral zu verabreichende Multi-Kinase-Inhibitor, der als Monotheraphie in einer großen Phase-III-Studie eine Verbesserung des Krankheits-verlaufs bei Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs gezeigt hat. Die Substanz könnte sich als neuer Therapiestandard bei therapieresistentem metastasiertem CRC erweisen."
Folgende Ergebnisse wurden bei den mit Regorafenib behandelten Patienten beobachtet:
- eine mittlere Gesamtüberlebenszeit von 6,4 Monaten verglichen mit 5,0 Monaten unter Placebo (HR=0,77, p=0,0052)
- eine mittlere progressionsfreie Überlebenszeit von 1,9 Monaten verglichen mit 1,7 Monaten unter Placebo (HR= 0,49, p<0,000001) sowie
- eine Krankheitskontrollrate von 44,8% verglichen mit 15,3% in der Placebo-Gruppe (p<0.000001)
- eine objektive Ansprechrate von 1,0% verglichen mit 0,4% in der Placebo-Gruppe (p=0,188)
Sicherheit und Verträglichkeit von Regorafenib waren vergleichbar mit früheren Studienergebnissen. Die häufigsten, der Behandlung zuzurechnenden Nebenwirkungen (aufgetreten bei mindestens 25% der behandelten Patienten) waren Müdigkeit (47,4% der Regorafenib-Patienten gegenüber 28,1% der Patienten, die Placebo erhielten), Hand-Fuß-Syndrom (46,6% vs. 7,5%), Durchfall (33,8% vs. 8,3%), Appetitlosigkeit (30% vs. 15,4%), Veränderungen der Stimme (29,2% vs. 5,5%), Bluthochdruck (27,8% vs. 5,9%), Entzündung der Mundschleimhaut (27,2% vs. 3,6%), sowie Hautausschlag oder -schuppungen (26,0% vs. 4,0%).
Im Oktober 2011 war die CORRECT-Studie vorzeitig entblindet worden, nachdem im Rahmen einer planmäßigen Zwischenanalyse der primäre Endpunkt - die signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens - erreicht wurde. Die Patienten aus der Placebo-Behandlungsgruppe erhielten die Möglichkeit, zu der Behandlung mit Regorafenib zu wechseln.
"Wir freuen uns über das positive Ergebnis dieser Studie. Es besteht nach wie vor ein hoher medizinischer Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit metastasiertem Darmkrebs. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Regorafenib das Gesamtüberleben von Patienten, die derzeit keine therapeutischen Optionen mehr haben, positiv beeinflussen kann", sagte Dr. Kemal Malik, Member of the Bayer HealthCare Executive Committee and Head of Global Development. "Wir sind jetzt sehr gespannt auf die Daten aus unserer weiteren Phase-III-Studie mit Regorafenib bei gastrointestinalen Stroma-Tumoren (GIST)."
Bayer plant, die Zulassung für Regorafenib zur Behandlung von metastasiertem Darmkrebs im Jahr 2012 zu beantragen.
Über die CORRECT-Studie
Die CORRECT-Studie ist eine internationale, randomisierte, doppelblind durchgeführte, placebokontrollierte, multizentrische Studie. 760 Patienten mit metastasiertem Darm-krebs, deren Tumor unter der aktuellen Standardtherapie weiter fortgeschritten war, nahmen an der Studie teil. Die Studie wurde in Nordamerika, Europa, China, Japan und Australien durchgeführt.
Nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) erhielten die Patienten entweder Regorafenib in Kombination mit der bestmöglichen unterstützenden Therapie (BSC) oder Placebo plus BSC. Drei Wochen lang, gefolgt von jeweils einer Woche Pause, erhielten die Patienten einmal täglich entweder 160 mg Regorafenib oder ein Placebo plus BSC. Der primäre Endpunkt dieser Studie war das Gesamtüberleben. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die progressionsfreie Überlebenszeit, die objektive Ansprechrate des Tumors und die Tumorkontrollrate. Auch die Sicherheit und die Verträglichkeit der Behandlungen wurden verglichen.
Über das kolorektale Karzinom
Beim Darmkrebs (kolorektales Karzinom) bilden sich bösartige Tumorzellen (Krebszellen) in den Geweben des Dickdarms (Kolon) oder des Enddarms (Rektum). Mit ca. 90% macht das Adenokarzinom histologisch die Mehrzahl aller Darmkrebsfälle aus. Als Adenokarzinom bezeichnet man einen bösartigen Tumor, der aus Drüsengewebe hervorgegangen ist.
Das kolorektale Karzinom ist weltweit die vierthäufigste Krebsart, mit mehr als einer Million neuer Fälle jährlich. Die Mortalitätsrate liegt weltweit bei etwa 50%. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt im Durchschnitt bei 55%, ist aber je nach Stadium der Erkrankung sehr unterschiedlich (von 74% bei Patienten im frühen Stadium zu nur 6% bei Patienten im späten Stadium).
Über Regorafenib
Regorafenib ist ein in der Entwicklung befindlicher oral wirksamer Multi-Kinase-Inhibitor, der bestimmte Signalwege des Tumorwachstums hemmt - darunter angiogene Kinasen wie die Rezeptoren für VEGF, die eine wichtige Rolle bei der Angiogenese (Blutver-sorgung) des Tumors spielen. Regorafenib blockiert außerdem verschiedene onkogene und stromale Kinasen, darunter KIT, RET, PDGFR und FGFR und verhindert dadurch das Wachstum (Proliferation) von bestimmten Tumorzellen. Der Wirkstoff hat in präklinischen Untersuchungen gezeigt, dass er aufgrund antiangiogener und antiproliferativer Mechanismen das Wachstum einer Vielzahl von unterschiedlichen Tumormodellen effizient unterdrücken kann. Auf Basis dieser Ergebnisse wird jetzt die Wirksamkeit von Regorafenib bei Patienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen in klinischen Studien geprüft.
Regorafenib ist ein Entwicklungspräparat. Es ist derzeit weder von der europäischen Gesundheitsbehörde EMA (European Medicines Agency) noch von der US-Gesundheits-behörde FDA (Food and Drug Administration) oder anderen Gesundheitsbehörden zugelassen.
Regorafenib hat von der FDA den "Fast-Track"-Status für die Behandlung von Patienten mit metastasiertem CRC sowie für die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem GIST erhalten. Dieser Status soll die Entwicklung von Arzneimitteln zur Behandlung schwerer Erkrankungen mit hohem ungedecktem medizinischem Bedarf erleichtern und die Begutachtung durch die FDA vereinfachen.
Regorafenib hat außerdem von der FDA einen sogenannten "Orphan Drug"-Status für die Behandlung von Patienten mit gastrointestinalen Stroma-Tumoren (GIST) erhalten. Der "Orphan Drug"-Status soll in den USA die Entwicklung von Medikamenten unterstützen, die zur Diagnose, Behandlung oder Prävention einer Krankheit mit weniger als 200.000 Betroffenen im Land beitragen.
Mit Onyx Pharmaceuticals hat Bayer 2011 eine Vereinbarung getroffen, nach der Onyx Lizenzgebühren auf zukünftige weltweite Umsätze mit Regorafenib im Bereich der Krebsbehandlung erhalten würde.