Mittelloser Halbwaise wird Manufakturleiter
Andreas Pirot kam als sechstes von neun Kindern in Frankfurt zur Welt. In Würzburg fand er nach dem Tod des Vaters Aufnahme im Kinderhaus des Juliusspitals und wurde 1721 mit 13 Jahren bei dem "Tappetenwürcker" Johann Thomas in die Lehre geschickt. Der Würzburger Fürstbischof, der eben mit dem riesigen Neubau der Residenz begonnen hatte, wollte seine Raumfluchten mit wertvollen Wandbehängen ausstatten. Diese Tapisserien sollte eine eigene Manufaktur kostengünstig herstellen. Deshalb bezahlte er für Pirot das Lehrgeld und ließ ihn auch zum Auslernen mit Thomas nach Fulda ziehen. Krönender Abschluss von Pirots Lehrzeit war ein ebenfalls vom Würzburger Hochstift finanzierter Aufenthalt in der Wirkermetropole Brüssel. Ab 1728 musste Pirot seine Ausbildungskosten dann als Leiter der fürstbischöflichen Wirkteppich-Manufaktur in Würzburg über viele Jahre abarbeiten. 1732 beschäftigte er vier Lehrlinge und sollte jährlich zwei Tapisserien für die fürstbischöflichen Schlösser in Franken liefern.
Outsourcing und Ende in Armut
Im Jahr 1749 gab die Würzburger Hofkammer die eigene Tapisserie-Manufaktur aus Kostengründen wieder auf, gestattete Pirot jedoch das Weiterarbeiten als Privatunternehmer. Dennoch geriet er in große Geldnot, bis ihm auf seine Gnadenersuchen hin ab 1752 bis zu seinem Tode 1763 wieder ein kleines Gehalt als "Hof-Zimmer-Inspektor" zugestanden wurde.
Werke der Würzburger Wirkteppich-Manufaktur
Insgesamt produzierte die Würzburger Manufaktur unter der Leitung Andreas Pirots etwa 25 Tapisserien, die sich jedoch nur zum Teil erhalten haben. Im Besitz der Bayerischen Schlösserverwaltung sind u.a. zwei aus der Residenz in Bamberg kommende Werke Pirots. Sie sind derzeit in der Ausstellung "Frühstück beim Kaiser von China" in der Münchner Residenz zu sehen.
Die Tapisserien gehören zu dem Zyklus der "chinesischen Historien", die er nach Vorlagen des Bamberger Hofmalers Johann Joseph Scheubel d.Ä. herstellte. Der größte Wandteppich "Die Astronomen" ist 26 Quadratmeter groß und zeigt, wie europäische Missionare mit dem chinesischen Kaiser über Himmelskunde beraten. Bei dieser Szene hat Pirot eine Tapisserie der berühmten französischen Manufaktur Beauvais außen angestückt und vergrößert. Die Tapisserie "Die chinesische Hochzeit" ist dagegen ganz sein Werk, zeigt freilich eigentlich einen japanischen Hochzeitsritus. Drei Tapisserien von Pirot aus der "Commedia dell'Arte"-Folge mit lebhaften Szenen aus dem Venezianischen Karneval sind im "Venezianischen Zimmer" der Residenz Würzburg zu bewundern.
Ausstellung "Frühstück beim Kaiser von China" in der Residenz München
In der Sonderausstellung "Frühstück beim Kaiser von China - Exotische Welten auf europäischen Tapisserien" zeigt die Schlösserverwaltung acht kostbare Wandteppiche des 18. Jahrhunderts in einer beeindruckenden Inszenierung. Die riesigen Tapisserien stammen aus der berühmten französischen Manufaktur Beauvais und der Würzburger Manufaktur Pirot. Luxuriöse Wandbehänge waren früher die wertvollsten Ausstattungsstücke in den Schlössern und Residenzen.
Die Ausstellung ist noch bis 19. Oktober während der regulären Öffnungszeiten des Residenzmuseums (täglich 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr; letzter Einlass 17.00 Uhr) zu besichtigen. Die Schlösserverwaltung bietet auch Sonderführungen zum Thema an.
Weitere Informationen: www.residenz-muenchen.de.