Ein unverzichtbares modisches Attribut
Im 18. und 19. Jahrhundert war der Fächer ein unverzichtbares modisches Attribut der europäischen Damenwelt. Er diente der Zufuhr frischer Luft, dem Verbergen des Gesichts, als Telegraph für Botschaften an das andere Geschlecht, aber auch zum Vertreiben der Fliegen. Die heute bekannte Fächerform - der zusammenklappbare Faltfächer - wurde im Mittelalter in Japan erfunden und über Korea nach China verbreitet. Portugiesische Händler brachten ihn im 16. Jahrhundert nach Europa, wo er sich wegen seiner Handlichkeit rasch durchsetzte. Die Erinnerung an den Ursprung in Asien ging aber nicht verloren. Seit dem Beginn der "Chinamode" Ende des 17. Jahrhunderts importierten die ostindischen Handelskompanien und Privatleute Hunderttausende von Fächern, die größtenteils im südchinesischen Gewerbezentrum Kanton speziell für den Export nach Europa hergestellt wurden. Wegen der Vergänglichkeit der Materialien - Elfenbein, Bambus, Lack, Seide und Papier - ist von diesen Importen jedoch nur ein verschwindend geringer Bruchteil erhalten. Wesentlich zahlreicher sind die Nachahmungen aus europäischen Werkstätten, die sich der Chinamode beim Publikum anzupassen suchten.
Konkurrenz und Austausch zwischen Europa und Asien
Produktion und Handel solcher Luxusgüter hatten aber nicht nur eine modische, sondern auch eine spannende wirtschaftspolitische Seite, die die heutigen Diskussionen um Globalisierung und Gebrauchsmusterpiraterie vorwegnahm. Chinesische Fächer waren als Massenprodukte spezialisierter Werkstätten trotz teurer Schiffsfracht und Einfuhrzöllen preiswerter als die europäischen Konkurrenzprodukte. So brachten europäische Kaufleute heimische Fächermodelle nach Kanton und ließen sie dort kostengünstig kopieren. Die europäischen Fächermacher sahen ihre Existenz gefährdet und verlangten zunächst Einfuhrverbote, bis sie dann zu einer Zusammenarbeit fanden: Sie importierten teure chinesische Fächergestelle, um sie selbst weiterzuverarbeiten und in chinesischer Art zu bemalen. Andere wehrten sich mit technischen Innovationen: Sie druckten die Fächerblätter und mussten sie anschließend nur noch kolorieren, was die Preise erheblich senkte. Durch das fortlaufende Kopieren und Anpassen ist es heute nicht leicht, die europäischen Produkte von den chinesischen zu unterscheiden.
Die sorgsam ausgewählten Objekte aus bedeutenden deutschen Museums- und Privatsammlungen sind größtenteils noch nie öffentlich gezeigt worden. Sie werfen ein neues Licht auf das bisher noch wenig beachtete Phänomen asiatisch-europäischer Arbeitsteilung.
Die Ausstellung kann während der Öffnungszeiten im regulären Rundgang von Schloss Nymphenburg (täglich 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr) besichtigt werden.
Weitere Präsentationen zum Thema China hat die Bayerische Schlösserverwaltung bereits in den Reichen Zimmern, im Schwarzen Saal und in der Ostasiensammlung der Residenz sowie in drei Parkburgen von Schloss Nymphenburg eröffnet. www.schloesser.bayern.de