„Die Nachfrage nach nachhaltigen Vorsorgeprodukten ist bei Kunden und Beratern in den zurückliegenden zwölf Monaten deutlich zurückgegangen“, sagt Gottfried Baer, Gründer und Geschäftsführer der MehrWert GmbH. Dieselben Erfahrungen macht auch Sabine Seeliger, Expertin für Vorsorgelösungen, SRI Advisor und verantwortlich für das Investmentgeschäft bei dem Versicherungs- und Finanzmakler Seeliger & Co. Beide Branchenkenner machen für den Nachfrageeinbruch zunächst die Tatsache verantwortlich, dass Nachhaltigkeitsaspekte weiterhin stark von anderen großen Themen überlagert werden, angefangen beim Ukraine-Krieg und der kritischen Lage im Nahen Osten über weitere geopolitische Konflikte bis hin zu den Inflationsfolgen. Norman Wirth, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. AfW, bestätigt das überwiegende Desinteresse auf Kundenseite mit Blick auf entsprechende Ergebnisse der im vergangenen Jahr durchgeführten Vermittlerumfrage und betont, dass sich damit das Stimmungsbild gegenüber dem Jahr zuvor umgekehrt habe (siehe Abb. 1). Baer verweist zudem auf die heimische Klimapolitik, sei es das Gezerre um einen etwaigen fortgesetzten Betrieb von Atomkraftwerken oder die Auseinandersetzungen rund um das Heizungsgesetz. „Hier hat die Politik viel kaputt gemacht und Vertrauen zerstört“, resümiert der Geschäftsführer.
Einen weiteren Grund für den Stimmungswechsel liefert ein Blick auf Fondscharts des vergangenen Jahres, die die Wertentwicklungen konventioneller Aktienfonds mit jener klassischer Nachhaltigkeitsfonds vergleichen. „Besonders die Aktien von Anbietern fossiler Energien sowie von Waffen- und Rüstungsproduzenten haben sehr gut performt, während Nachhaltigkeitsfonds dort nicht investiert sind“, erklärt Seeliger. „Das führte zu deutlichen Renditeeinbußen bei Nachhaltigkeitsfonds, sodass einige Kunden sogar ihre Depots abgezogen haben“, bedauert der MehrWert-Geschäftsführer, dessen Beratungsgesellschaft ausschließlich nachhaltig ausgerichtete Versicherungen und Investmentfonds vertreibt.
Gleichzeitig erschwere der europäische Gesetzgeber den Weg zu nachhaltigen Investments, kritisiert Baer. „Das Nebeneinander verschiedener Regelungen überfordert Verbraucher und viele Berater.“ Denn ihnen stehen drei Wege zur nachhaltigen Geldanlage im Zuge der gesetzlich geforderten Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen offen, kurz gefasst auf Basis der sechs in der EU-Taxonomie aufgeführten Umweltziele oder der Fondsklassifizierungen nach Artikel 8 und 9 laut Sustainable Financial Disclosure Regulation (SFDR) oder auf Grundlage der sog. Principal Adverse Impacts, kurz PAIs. Letztere bezeichnen negative Auswirkungen eines Investments auf Umwelt und Gesellschaft, die Verbraucher in die Lage versetzen sollen, z. B. fossile Energien anteilig oder vollends bei ihrer Kapitalanlage auszuschließen. „PAIs funktionieren in der Beratung nicht wirklich gut, weshalb in der Praxis häufig darauf verzichtet wird“, sagt Baer.
Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe des insider-Magazins 02/24 der BCA AG: BCA_insider_02_24