Warum liegt Ihnen die Vermittlung deutscher Schüler an englische Internate so am Herzen?
von Bülow: Meiner Meinung nach unterstützt und fördert das deutsche Schulsystem die Schüler nicht genügend. Ich war damals sehr unzufrieden mit der Schulsituation meines Sohnes und habe deshalb nach einer Alternative für ihn gesucht. Die privaten Internate in Großbritannien sind seit jeher weltweit die besten Schulen. Bei den letzten PISA-Studien schnitten sie sogar besser als die finnischen Schulen ab.
Aber was machen die englischen Schulen besser als deutsche?
von Bülow: Die Lehrpläne der deutschen Schulen sind im Grunde genommen gut. Bloß interessieren sich viele Lehrer leider nicht immer für ihre Schüler. An britischen Internaten ist das anders. Dort stehen die Schüler im Vordergrund. Sie werden von ihren Lehrern ernst genommen und mit wirklichem Interesse begleitet. Ihnen wird nicht einfach nur der Unterrichtsstoff eingetrichtert, sondern effektive Lerntechniken vermittelt. Ein wichtiger Unterschied ist außerdem, dass gute Leistungen in England respektiert und anerkannt werden. Das gilt sowohl bei Lehrern als auch Mitschülern, während Kinder hierzulande schnell als Streber abgestempelt werden.
Sie waren selbst als Schülerin in England?
von Bülow: Richtig. Damals, in der Pubertät, war ich furchtbar - faul aber intelligent. Ich kam in ein winziges Dorf zu einer Pfarrerfamilie, wie man es sich in einem Rosamunde Pilcher-Roman vorstellt und habe mich auf der Stelle in Land und Leute veliebt. Am besten hat mir aber meine neue Schule gefallen. Dieser einfach tolle Schulunterricht mit charismatischen Lehrern holte mich wieder auf den Boden zurück und eröffnete mir gleichzeitig völlig neue Welten. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass es mein prägendstes Bildungserlebnis war.
Ist dies nicht eher eine Motivation, an den Schulen im eigenen Land etwas zu ändern?
von Bülow: Natürlich. Als mein Sohn in die Grundschule kam, habe ich als Elternteil versucht, ein Stück dieser bewährten englischen Traditionen einzubringen. Ich habe mich im Förderverein der Grundschule über zehn Jahre, also über die Schulzeit meines Sohnes hinaus, eingesetzt und gezielt Arbeitsgemeinschaften für Begabungsdifferenzierung gegründet und betreut. Dadurch konnten wir etwa 35 verschiedene Kurse von "Junge Forscher" bis Laubsägen für die unterschiedlichen Talente der Kinder anbieten. Allerdings bin ich immer wieder an Grenzen gestoßen. Letztendlich stand für mich fest, dass mein Sohn an einer englischen Schule besser aufgehoben ist.
Den Problemen deutscher Schulen mit viel Geld aus dem Weg zu gehen, das hat schon etwas Elitäres.
von Bülow: Eine solche Ausbildung kostet, das stimmt schon. Allerdings ist es nicht mehr nur ein Privileg der Elite. Viele Eltern verzichten gerne nicht nur auf Luxus, sondern auf ihren Urlaub und ein Zweitauto, um ihren Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen.
In Großbritannien gibt es rund 1.000 Internate. Welches würden Sie empfehlen?
von Bülow: So einfach lässt sich das nicht sagen. Nicht jedes Internat ist für jeden Schüler geeignet. Das heißt, die Schulen verfolgen die unterschiedlichsten Konzepte. Viele fördern leistungsstarke Kinder auf hohem Niveau, andere sind darauf spezialisiert, Schüler mit Lernproblemen individuell zu unterstützen und wieder andere konzentrieren sich auf musikalische oder sportliche Talente. Jeder Schüler hat eine andere Begabung! Und diese herauszufinden und entsprechend zu fördern, ist der Schlüssel zum persönlichen Erfolg der Kinder.
Wie finden Sie dann konkret die passende Schule für die Kinder?
von Bülow: Wir nehmen uns für die Familien viel Zeit. Die Schule muss neben der Stoffvermittlung sicher stellen, dass das Kind in das deutsche Bildungssystem zurückkehren kann. Und die Schule muss das Kind schließlich im Sinne der Eltern prägen, damit es nach dem Auslandsaufenthalt wieder ohne Probleme nach Hause zurückkehren kann. Um die tatsächlichen Fähigkeiten und Wünsche der Kinder herauszufinden, schreiben sie ihre Bewerbung in englischer Sprache bei uns vor Ort und ohne weitere Hilfsmittel nieder.
Haben Sie bei den strengen Strukturen der englischen Privatschulen nicht manchmal das Gefühl, die Schüler verlieren ihre Kindheit oder sind einem zu hohen Leistungsdruck ausgesetzt?
von Bülow: Aus eigener Erfahrung als Schülerin und auch als Mutter kann ich dem nur widersprechen. Die klaren Regeln gelten jederzeit für alle Schüler. Und das gibt den Jugendlichen viel Sicherheit. Sie wissen, was von ihnen erwartet wird. Außerdem werden die Schüler immer wieder ermutigt und bestärkt. Sie merken auf einmal, was in ihnen steckt! Im Gegensatz zu deutschen Schulen bieten die englischen das Freizeitprogramm vor Ort gleich mit an. Sämtliche Logistik-Probleme, auch für die Eltern, sind somit passé und es bleibt mehr Zeit, die Chancen der Jugend zu nutzen. Ich hatte immer das schöne Gefühl, dass hinter der Gleichheit der Schuluniformen jeder so sein darf, wie er ist.