Der Großhandelsindikator als Maßstab für die Stimmung im deutschen Groß- und Außenhandel hat im zweiten Halbjahr 2006 einen neuen „Peak“ erreicht. Nach dreimaligem Anstieg in Folge liegt er mit 132 Punkten um neun Punkte über dem bisherigen Höchststand von 123 Punkten im Boom-Jahr 2000. Der Indikator zeigt jedoch auch, dass die Unternehmen ihre aktuelle Lage besser bewerten als zukünftige.
Der Umsatz im Großhandel hat sich im vergangenen Jahr 2006 nach Einschätzung des BGA mit einem Anstieg von real 3,6 Prozent und nominal 6,6 Prozent auf 744 Milliarden Euro robust entwickelt. Für 2007 rechnet der BGA angesichts etwas verhaltener Erwartung mit einem weiteren Anstieg der Umsätze um real 3 ¼ Prozent und nominal um 5 ½ Prozent auf rund 785 Milliarden Euro.
Die Dynamik hat sich auch bei der Investitionstätigkeit und Beschäftigung niedergeschlagen. Von Januar bis Oktober stieg die Beschäftigung um 16.000, wobei sich allerdings eine Abschwächung abzeichnet. Für 2007 erwartet der BGA im Großhandel daher auch nur einen weiteren zögerlichen Aufbau der Beschäftigung um 8.000 bis 10.000 Arbeitsplätze.
Im abgelaufenen Jahr rechnet der BGA mit einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von 2,2 Prozent. Im Jahr 2007 wird es mit einem Wachstum des Bruttoinlandspro-duktes von nur noch real 1,7 Prozent in Deutschland weiter aufwärts gehen, aber mit angezogener Handbremse.
Motor der binnenwirtschaftlichen Entwicklung bleibt der Außenhandel. Mit enormen Anstrengungen ist es den Unternehmen gelungen, die Wettbewerbsfähigkeit aus eigener Kraft zu verbessern. Achillesferse der Binnenkonjunktur bleibt der private Verbrauch. 2007 entzieht der Fiskus den Menschen durch die massiven Steuererhöhungen rund 23 Milliarden Euro aus ihrem eh schon schmalen Portemonnaie.
Der Politik stellen die befragten Unternehmen mit der Durchschnittsnote Note 4+ ein unbefriedigendes Zeugnis aus. Zwar sehen sich zwei Drittel ausreichend auf die Globalisierung vorbereitet, doch fühlen sie sich dabei von der Politik allein gelassen. 90 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Maßnahmen der großen Koalition an den Erfordernissen der Unternehmen vorbeigehen. „Es reicht nicht aus, Reformen anzukündigen, es muss entschlossen gehandelt werden. Der Durchbruch bei der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, der Lösung der strukturellen Probleme der Sozialversicherungen und bei der Formung eines modernen und attraktiven Steuerrechts steht immer noch aus. Die große Koalition ist bislang über vereinzelte Ansätze nicht hinausgekommen“, so Börner.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen machen ihre Bereitschaft mehr zu investieren davon abhängig, wie die Unternehmensteuerreform im Detail ausgestaltet wird. Wenn Zinsen und Finanzierungsanteile besteuert werden sollen, wollen mehr als ein Drittel der Unternehmen Investitionen zurückstellen.
Die aktuelle Erhöhung der Umsatzsteuer, mit der teilweise die Beiträge zu den Sozi-alversicherungen gesenkt werden sollten, ist riskant, auch wenn die Politik berechtigte Hoffnung haben kann, dass die Konjunktur diese Belastung ohne gravierende Einbrüche durchläuft. 84 Prozent der Unternehmen des Groß- Außenhandels gehen davon aus, dass die Erhöhung der Umsatzsteuer keine negativen Auswirkungen auf die Investitions- und Beschäftigungsentscheidung ihres Unternehmens hat.
„Die Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung dürfen nicht spurlos versickern. Sie gehören den Arbeitnehmern und Unternehmen, die sie eingezahlt haben, und müssen ihnen über die weitere Absenkung der Beiträge zufließen“, fordert Börner.
Für neue verteilungspolitische Wohltaten besteht kein finanzieller Spielraum. Nach wie vor leidet der Standort Deutschland an zu hohen Arbeitskosten. Nur ein Prozent der Unternehmen gibt an, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit bereits verbessert hat. In der Verlängerung des Renteneintrittsalters sehen die Unternehmen des Großhandels lediglich einen ersten Schritt. 94 Prozent der Unternehmen sind überzeugt, dass dies alleine nicht ausreicht und weitere Reformen am Arbeitsmarkt und der sozialen Sicherungssysteme notwendig sind.
Auch beim Dauerthema Bürokratieabbau zeigen sich die Unternehmen ernüchtert. Für fast vierzig Prozent der Unternehmen hat sich bislang nichts geändert. Mehr als 60 Prozent geben sogar an, dass sie letztlich mit mehr Bürokratie kämpfen.
„Der Aufschwung bedarf der politischen Begleitung. Die strukturellen Aufgaben müs-sen dringend erledigt werden, damit der wirtschaftliche Aufschwung an Stetigkeit und Nachhaltigkeit gewinnen kann. Die gute Konjunktur verdeckt die bestehenden strukturellen Probleme“, so Börner abschließend.