Riester: Magere Altersvorsorge für Freiberufler
Aktuelle Zahlen des Bundesministeriums für Finanzen sorgen für Ernüchterung. Die durchschnittliche Auszahlung der staatlich geförderten Riester-Rente liegt bei mageren 132 Euro monatlich. Der Finanz- und Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein bezeichnet sie im Gespräch mit ntv als „mickriges Taschengeld“. Geringe Renditen, hohe Kosten und die Inflation machen die Altersvorsorge auch für förderberechtigte Freiberufler und Selbstständige unattraktiv. Ein Sparer müsse fast 100 Jahre alt werden, damit der Vertrag keinen Verlust mache, kritisiert der Verbraucherschützer.
Wer in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, egal ob pflichtversicherter Freiberufler oder Selbstständige, die freiwillig den Mindestbeitrag leisten, bekommt finanzielle Hilfe beim Riestern. Den Eigenbeitrag stockt der Staat mit Zulagen auf: 175 Euro pro Person und Jahr sowie für Kinder weitere 185 oder 300 Euro (ab dem Geburtsjahr 2008) extra. Bei kinderreichen Familien mit geringem Einkommen fällt der Förderhebel am größten aus. Für viele lohnt es sich heute aber nicht mehr, einen Riester-Vertrag abzuschließen. Zu diesem Schluss kommt auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Ohne Reform bleibt die Riester-Rente ein Ladenhüter. Manche Versicherer haben das Neugeschäft bereits eingestellt.
Für Selbstständige scheidet die Förderrente als Altersvorsorge sowieso meist aus, da sie nur 2.100 Euro pro Jahr investieren und steuerlich absetzen können. Das Finanzamt prüft dann was günstiger ist: Zulagen oder Steuervorteil. Auch für besserverdienende Freiberufler ist die Altersvorsorge ungeeignet, selbst wenn die Rente – im Gegensatz zu privaten Geldanlagen – insolvenzsicher ist. Sie brauchen mehr als ein „Taschengeld“, um ihren Ruhestand abzusichern. Zudem können sie sich bei Rentenbeginn nur maximal 30 Prozent des angesparten Kapitals als Einmalbetrag auszahlen lassen. Der Rest fließt als monatliche Rente.
Wann lohnt sich die Rürup-Rente für Selbstständige?
Auch viele am Markt angebotene Rürup-Verträge überzeugen Verbraucherschützer nicht. Dabei ist diese geförderte private Altersvorsorge speziell für selbstständig Tätige und Freiberufler gedacht. Anders als bei Riester müssen Anbieter eingezahlte Beträge nicht voll garantieren, wodurch auch renditestärkere Anlagen am Kapitalmarkt möglich sind. Selbstständige entscheiden selbst über ihre Altersvorsorge: Gelder lassen sich sowohl in klassische Rentenversicherungen als auch in Policen stecken, die in Fonds und Aktien investieren und das Kapital später verrenten. Trotzdem bleibt nach Abzug der Kosten oft wenig übrig. Nicht einmal ein Inflationsausgleich von zwei Prozent sei bei vielen Verträgen drin, errechnete Finanzwende Recherche, eine gemeinnützige Tochter der Bürgerbewegung Finanzwende. Vielfach fehle es schlicht an Kostendisziplin, da bei erfolgreicher Kapitalanlage auch die Abzüge stark steigen. „Bei typischen Rürup-Verträgen macht es kaum einen Unterschied, ob die angenommene Wertentwicklung bei vier oder fünf Prozent liegt – nach Kosten bleiben durchschnittlich 2,1 Prozent übrig“, so die Studienautoren.
Freiberufler und Selbstständige haben bei dieser Altersvorsorge kein Kapitalwahlrecht. Sie bekommen eine lebenslange Rente. Doch ausgerechnet bei der Verrentung machen aktuelle Angebote keine gute Figur. Wer 30 Jahre lang monatlich 100 Euro einzahlt, baut sich durchschnittlich einen Kapitalstock von 50.200 Euro auf, errechnete Finanzwende. Als Rente fließen monatlich 130 Euro an Selbstständige zurück. Rentner und Rentnerinnen müssten also noch 23 Jahre leben, um zumindest das eingezahlte Geld zurückzubekommen. Um das angesparte Kapital aufzuzehren, wären mehr als 32 Rentenjahre nötig. Wer vor seinem 100. Geburtstag stirbt, macht in der Regel ein Verlustgeschäft. Denn vererben lässt sich die private Rente nicht. Zwar lässt sich eine Rentengarantiezeit vereinbaren oder eine zusätzliche Police abschließen, um Hinterbliebene abzusichern, doch das kostet extra.
Bevor selbstständig Tätige und Freiberufler eine private Altersvorsorge abschließen, sollten sie also genau vergleichen und von Anbietern eine transparente Kostenaufstellung verlangen. Verbraucherschützer raten zu Verträgen mit Nettotarifen, die auf teure Abschlusskosten verzichten, eine renditestarke Anlage ermöglichen und einen hohen Rentenfaktor garantieren, da die Gelder später als lebenslange Rente ausgezahlt werden. Mit fondsgebundenen Rürup-Rentenversicherungen, etwa von Europa, Canada Life oder Debeka, lassen sich höhere Erträge für den Ruhestand erwirtschaften. Reine Versicherungslösungen mit Zinsgarantie lohnen sich dagegen nicht. „Eine Basisrente mit Investment- oder Indexfonds ohne Beitragsgarantie kann für Selbstständige sinnvoll sein“, meint DIA-Experte Morgenstern. „Sofern der Vertrag einen vernünftigen Kostensatz hat.“ Vor drei Jahren hat das Institut einige Musterfälle durchgerechnet und verglichen, wieviel Rente bei den verschiedenen Formen der privaten Altersvorsorge später netto im Geldbeutel landet: Selbstständige Singles erhielten mit einer Rürup-Rente damals höhere monatliche Auszahlungen als mit einer vergleichbaren privaten fondsgebundenen Rentenversicherung. Dafür ist die Basisrente aber unflexibler. Verträge lassen sich nicht kündigen und auflösen, sondern nur beitragsfrei stellen, weil die Rente Selbstständigen als Altersvorsorge dienen soll. Die Kosten laufen dann aber weiter und schmälern das angesparte Kapital. Wer kein hohes Einkommen erzielt und nicht dauerhaft selbstständig sein oder als Freiberufler arbeiten möchte, braucht eine flexiblere Altersvorsorge.
Die Basisrente kann sich nämlich nur rechnen, wenn Selbstständige die Steuervorteile nutzen. Sie dürfen derzeit Beiträge bis zu einer Höhe von 27.565 Euro im Jahr (Stand 2024) von der Steuer absetzen. Bei Verheirateten sind es 55.130 Euro. Dafür ist die Rente im Alter steuerpflichtig. Wer dieses Jahr in Ruhestand geht, muss 83 Prozent seiner Basisrente versteuern. Der steuerpflichtige Anteil steigt für jeden neuen Rentnerjahrgang. Ab 2058 müssen Selbstständige die private Rente komplett versteuern. Sozialabgaben auf die Förderrente fallen in der Regel nicht an. Nur freiwillig gesetzlich Krankenversicherte müssen im Rentenalter auf sämtliche Einkünfte – bis zur Beitragsbemessungsgrenze – Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen.
Rürup-Sparer kommen jedoch nicht vor dem 62. Lebensjahr an ihr Geld. Frühere Rentenzahlungen sind ausgeschlossen. Wer schon mit Ende 50 in Ruhestand gehen möchte, braucht also andere Finanzierungsquellen. Wichtig zu wissen: Kommt die verpflichtende Altersvorsorge für Selbstständige, bietet die Basisrente den gesetzlich geforderten Insolvenz- und Pfändungsschutz. Das angesparte Kapital wird zudem nicht auf das Bürgergeld angerechnet.
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