Der Markt der Neubücher im Internet besteht seit langem. In Deutschland wird er von wenigen Branchengrößen wie Amazon, Jokers, Buch.de und Buecher.de dominiert. Aufgrund der Buchpreisbindung können Verlagsprodukte hierzulande nur zu den von den Verlagen vorgegebenen Preisen verkauft werden.
Eine Preisreduzierung ist nur dann zulässig, wenn der Verlag den Preis aufhebt oder es sich um Mängelware handelt, die eindeutig also solche gekennzeichnet ist. Diese Bücher, DVDs, CDs oder Hörbücher findet man als Konsument dann in den Angebotsecken des Buchhandels oder im Internet auf Marktplätzen wie von Amazon oder ebay Hier bietet eine Vielzahl meist kleinerer Händler einzelne Titel zu reduzierten Preisen an.
Teilweise sind es dabei die Verlage selbst, die ihre Überschussware über diesen Weg doch noch an den Konsumenten bringen wollen. Für sie ist das Geschäft mit den preisreduzierten Verlagsprodukten, das sogenannte moderne Antiquariat, ein notwendiges Nebengeschäft. Ihre Kernkompetenz liegt in der Vermarktung von Neubüchern.
Das belegen auch die Zahlen: 2006 betrug der Gesamtumsatz im Buchhandel 9,3 Mrd. Euro. Davon wurden 703 Millionen über das Internet erwirtschaftet. Das Online-Geschäft wächst stetig. 2006 wurde gegenüber dem Vorjahr eine Umsatzsteigerung um 11% erreicht. Der Anteil an Neubüchern ist dabei extrem hoch. Für den Online-Buchhandel wird dieser auf über 97 % geschätzt. Das aktuelle Marktvolumen des modernen Antiquariats im Internet liegt demnach bei etwa 20 Millionen Euro.
In diesem Markt entdeckte vor zwei Jahren ein Team von Unternehmensberatern eine Marktlücke. Als die Berater im Rahmen eines Projektes für einen mittelständischen Verlag das Online-Geschäft betreuten, entstand die Idee, das Geschäft mit der Überschussware der Verlage ganz neu aufzuziehen.
Die Grundidee der Gründer Ralf Strehlau und Thorsten Günnewig war dabei ganz einfach: In Mengen die Ware, die preisreduziert angeboten werden darf, einkaufen und über einen eigenen Online-Shop anbieten, in dem der Kunde aus einem großen Angebot auswählen kann - fast wie bei der Neubuchbestellung, nur das hier ausschließlich preisreduzierte Bücher, CDs, DVDs und Hörbücher angeboten würden. Das entscheidend Neue dabei war, sich ausschließlich auf diese Nische zu konzentrieren und als erste im Markt das moderne Antiquariat als Kerngeschäft zu betreiben.
Gesagt getan. Ende 2005 wurde das Unternehmen BilligBuch.de in Köln gegründet. Heute ist die Mitarbeiteranzahl bereits von 5 auf 12 Mitarbeiter gestiegen. Der Shop zählt schon über 10.000 Kunden. Alleine im Vergleich zum Vorjahr konnte der Umsatz verdoppelt werden. Der eigene Online-Shop unter www.billigbuch.de wurde stetig weiterentwickelt. Aktuell wird bereits an der dritten Generation des Onlineshops gearbeitet, um den Kunden noch mehr Komfort und Service zu bieten.
Die übrigen Anbieter von preisreduzierten Verlagsprodukten verfügen in der Regeln nicht über eigene Shops, sondern bieten ihre Bestände über Vermarktungsplattformen im Internet an. Zu den größten zählen hier die Plattformen von Amazon, ebay, booklooker, ABEbooks, Kauflux und Buch.de. Die Auswahl pro Anbieter ist für den Kunden auf diesen Markplätzen begrenzt. Sucht er mehrere Bücher, muss er diese meist bei verschiedenen Verkäufern bestellen. Das ist umständlich und kostet zusätzliches Porto. Auch BilligBuch.de bietet seine Produkte über diese Plattformen an. Dabei setzt das Unternehmen allerdings auf ein möglichst breites Angebot für die Kunden. Bei ebay beispielsweise sind sie der größte Anbieter für Kinderbücher. Dabei legt der Branchenneuling vor allem Wert auf eine hohe Kundenzufriedenheit. Dies bescheinigen die Kunden auf den Plattformen mit Zufriedenheitsbewertungen von 99 bis sogar 100 %.
Den Schwerpunkt legen die Gesellschafter Strehlau und Günnewig jedoch eindeutig auf den eigenen Shop. "Hier steckt das bisher ungenutzte Potenzial dieses Nischenmarktes. Über die Plattformen können wir nicht wachsen, aber über unseren eigenen Shop erreichen wir immer mehr Kunden", so Thorsten Günnewig, der die operative Geschäftsführung leitet.
Das Ziel, das sich die BilligBuch-Gründer zum Start gesetzt haben, war ehrgeizig: Sie wollten einer der größten, unabhängigen Anbieter des modernen Antiquariat in Deutschland werden. Dieses Ziel haben sie heute schon erreicht: BilligBuch.de gehört zu den fünf größten Anbietern in Deutschland. Größer sind u.a. die Restevertriebe von Branchenriese Amazon und Weltbild - also Teile von großen Konzernen, die das Remittendengeschäft für den Verkauf der eigenen Neubuch-Restbestände betreiben.
Das schnelle Wachstum von BilligBuch.de erklären sich die Unternehmer vor allem dadurch, dass es ihnen gelungen ist, ihren Kunden nahezu den gleichen, hohen und gewohnten Service zu bieten, den sie vom Kauf von Neubüchern im Internet gewohnt sind. Hierbei kommt es vor allem auf Schnelligkeit und Zuverlässigkeit an.
Die BilligBuch-Kunden erhalten ihre Bestellung in der Regel spätestens nach zwei Tagen - eine Quote, die sonst nur Großanbieter wie Amazon erreichen. Der Mittelständler kann dies leisten, weil er über ein eigenes Lager verfügt, indem ständig über 200.000 Bücher vorrätig sind. Der Handel mit den preisreduzierten Verlagsprodukten ist nicht rein virtuell, wie bei vielen seiner Wettbewerber. Jedes im Shop angebotene Buch ist bei BilligBuch.de tatsächlich vorrätig und zwar genau in der angegebenen Zustandsbeschreibung.
In der Zuverlässigkeit bei den Zustandsbeschreibungen liegt der zweite wichtige Erfolgsfaktor: Wenn die Bücher leichte Mängel haben, ist dies für den Kunden bereits vor der Bestellung ersichtlich. So hat der Kunde die Sicherheit, zu bekommen, was er erwartet und BilligBuch.de vermeidet zeit- und kostenaufwändige Reklamationen. Ein weiterer Service stellt der Newsletter dar, über den die Kunden auf Wunsch über neue Angebote informiert werden. Regelmäßige Preis- und Gutscheinaktionen machen den Einkauf für Stammkunden zusätzlich attraktiv.
Die Bedürfnisse ihrer Kunden scheinen die Kölner jedenfalls zu treffen: Die Öffnungsquoten des Newsletters liegen bei über 80 %, die durchschnittliche Bestellmenge pro Einkauf bei 10 Büchern und Kunden, die einmal im Shop gekauft haben, kommen fast immer wieder.
Preisreduzierte Bücher zu finden war für den Verbraucher bisher eher Glücksache. Er konnte entweder ein bestimmtes Buch suchen und darauf hoffen, dass er im stationären Buchhandel oder über die Internet-Plattformen durch Zufall auf ein günstigeres Angebot stieß. Oder er konnte gezielt nach günstigen Büchern suchen - in der Hoffnung, dabei Bücher zu finden, die ihn tatsächlich interessierten. Ein Angebot an preisreduzierten Verlagsprodukten, das so breit ist, dass man darin fast so gezielt suchen kann, wie beim Neubuchkauf, fehlte bisher. Genau diese Lücke schließt BilligBuch.de mit seinem breiten Angebot.
Und tatsächlich: Wenn man auf der Webseite des Kölner Online-Händlers erst einmal angefangen hat zu stöbern, ist es schwer, nicht gleich den Buchvorrat für die nächsten Monate bestellen zu wollen. So groß ist die Auswahl, so günstig sind aber vor allem die Preise, dass jedes weitere Buch für sich genommen nicht der Rede wert ist.
Durch die Bestellung bei einem Anbieter entstehen dem Kunden kaum Portokosten und ab 20 Euro übernimmt BilligBuch.de die sogar ganz - ein Service, den man ebenfalls von der Neubuchbestellung gewohnt ist. Für reduzierte Verlagsprodukte ist dieses Gesamtpaket im Service neu. Hier kann man Bücher fast wie Zeitungen kaufen: Interessantes Thema finden - kaufen - lesen - wegwerfen, sammeln oder weitergeben. Mit dieser Idee kann in einem scheinbar besetzten Markt sogar ein kleines Unternehmen neben all den Riesen erfolgreich sein.
Interview mit den BilligBuch.de-Gründern Ralf Strehlau und Thorsten Günnewig
1. Wie sind Sie damals auf die Idee gekommen, ein eigenes Buchhandelsunternehmen zu gründen, obwohl Sie fast keine Branchenkenntnisse hatten?
T. Günnewig: "Nachdem wir uns bei der Arbeit in einem Restrukturierungsprojekt mit dem Markt beschäftigt hatten, hat sich uns die Geschäftsidee, sich auf den Ein- und Verkauf der Überschussware von Verlagen über das Internet zu spezialisieren, fast schon aufgedrängt. Hier war es genau unser Vorteil, dass wir mit einem unverfälschten Blick von außen auf die Branche gucken konnten. Wenn man jahrelang in einer Branche tätig ist, ist es viel schwerer, solche Marktlücken überhaupt noch zu sehen."
- "Eine nicht besetzte Nische im Beratermarkt haben wir jedenfalls bis heute nicht gefunden." fügt Günnewig noch scherzend hinzu.
2. Unternehmer waren Sie bereits vor der Gründung von BilligBuch.de mit Ihrem Beratungsunternehmen. Macht es einen großen Unterschied, ob man ein Handelsunternehmen oder ein Dienstleistungsunternehmen aufbaut?
R. Strehlau: "Oh ja, einen großen sogar. Es war vor allem zu Beginn eine neue Erfahrung, als wir plötzlich quasi Berater im eigenen Haus waren. Sicherlich hilft uns hier auch heute noch unsere Beratungserfahrung, wenn es um die systematische Optimierung von Strukturen und Prozessen geht. Ich muss allerdings sagen, dass ich auch umgekehrt von dieser Erfahrung profitiere. Wenn ich heute in einem Beratungsprojekt für ein mittelständisches Unternehmen tätig bin, weiß ich auch dadurch, was es für den Mittelständler bedeutet, Veränderungen durchzuführen."
3. Sind Sie für Ihr eigenes Unternehmen BilligBuch.de heute noch immer die Berater im eigenen Haus?
R. Strehlau: "Zumindest zum Teil versuchen wir natürlich, dieses Know-how zu nutzen. Mittlerweile haben wir uns entschlossen, hier eine konsequente Aufgabenteilung vorzunehmen. Herr Günnewig verantwortet die operative Geschäftsführung von BilligBuch.de und hat sich zugunsten dieser Aufgabe aus der Beratung zurückgezogen. Mein Schwerpunkt liegt weiterhin in der Beratung. Als Gesellschafter der BilligBuch.de kann ich mich in dieser Rolle gezielt einbringen."
T. Günnewig: "Ich denke, in unserer täglichen Arbeit merkt man schon, wo unsere Wurzeln liegen. Aber letztendlich müssen wir genauso viel lernen, wie jeder andere Unternehmensgründer auch. Wir probieren nach wie vor ständig Neues aus, verwerfen Ideen, optimieren und versuchen wieder Anderes. Als Berater haben wir den Vorteil, dass wir darauf trainiert sind, dies sehr systematisch zu tun und zu wissen, dass es völlig normal ist, laufend Verbesserungen vornehmen zu müssen."
4. Herr Günnewig, wie kam es zu der Entscheidung, dass Sie sich zugunsten des neu gegründeten Unternehmens aus der Beratung zurückziehen?
T. Günnewig: "Wir haben von Anfang an diese Geschäftsidee geglaubt. Aber der Glaube allein führt leider kein Unternehmen zum Erfolg. Natürlich ist der Neuaufbau eines Unternehmens harte Arbeit. Dass man das nicht nebenbei machen kann, hat sich schnell gezeigt. Deshalb haben wir uns Ende letzten Jahres entschieden, dass sich einer von uns vollständig auf diese Aufgabe konzentriert. Da ich von Beginn an die operativen Geschäfte verantwortet habe, war es nur konsequent, dass ich das sein würde."
5. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Anbieter auf dem Markt der preisreduzierten Verlagsprodukte, die in der Regel deutlich länger im Geschäft sind als Sie. Wodurch differenzieren Sie sich im Wettbewerb von diesen Anbietern?
R. Strehlau: "Vor allem durch die Breite unseres Angebotes. Damit können wir unseren Kunden preisreduzierte Verlagsprodukte anbieten, die sie in dieser Auswahl sonst nirgends finden. Wir kaufen ganz gezielt und in großen Mengen Ware ein. Dadurch verfügen wir schon jetzt über das größte Angebot unterschiedlicher Titel im modernen Antiquariat. Außerdem haben wir diese Bücher tatsächlich. Wir handeln nicht nur virtuell auf Marktplätzen damit, wie es die Regel ist. Aktuell haben wir einen Lagerbestand von etwa 200.000 Büchern, den wir sukzessive ausweiten."
T. Günnewig: "Genau das macht den größten Unterschied für den Kunden aus: Dadurch, dass wir die Bücher, die wir anbieten, direkt aus unserem eigenen Lager heraus verschicken, können wir genauso schnell liefern, wie es die Kunden sonst nur bei Neubüchern gewohnt sind. Der zweite Faktor, mit dem wir uns, meiner Ansicht nach, von den anderen Anbietern preisreduzierter Verlagsprodukte unterscheiden, besteht darin, dass wir sehr hohen Wert auf eine verlässliche Zustandsbeschreibung legen. Wenn die Bücher, die wir anbieten, leichte Schäden aufweisen, dann geben wir das im Shop an. Unsere Kunden sehen auf einen Blick, in welchem Zustand sich jedes einzelne Produkt befindet. Hierfür haben wir eindeutige Kategorien von "wie neu" über "leichte Gebrauchsspuren" bis "akzeptabel". Und danach richten sich dann natürlich auch die Preise. Dass wir mit diesem Ansatz richtig liegen, zeigt unsere Kundenbindung: 70 % unserer Kunden kaufen mehr als drei Bücher pro Monat."
6. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für Ihr junges Unternehmen für die nächsten Jahre?
T. Günnewig: "Wir befinden uns trotz aller Erfolge noch im Aufbau des Unternehmens - das dürfen und wollen wir nicht vergessen. Unser Ziel ist es, vor allem im eigenen Shop noch deutlich zu wachsen. Eine weitere Umsatzverdopplung halten wir dabei für absolut realistisch. Dafür müssen wir vor allem unseren Shop und unseren strategischen Einkauf weiterentwickeln, um das Angebot für unsere Kunden noch attraktiver zu machen."
R. Strehlau: "Da ich das Marketing verantworte, sehe ich unsere größte Herausforderung darin, ohne Millionen-Werbebudget die Bekanntheit unseres Shops sukzessive zu steigern. Hier profitieren wir eindeutig von unserem Beratungshintergrund, denn wir müssen für unsere Konzepte keine externen Berater finanzieren." Strehlau lacht und ergänzt: "Wie man aber wahrscheinlich merkt, geht auch mit uns langsam die Leidenschaft für die Branche durch. Die Vorteile der externen Berater im eigenen Haus werden wir wohl nicht mehr allzu lange ausnutzen können."