Wie in der Zwischenzeit bekannt, wurde in Bayern auf rund 900 Hektar Ackerfläche gentechnisch verunreinigtes Saatgut ausgesät. Vor dem Hintergrund, dass der Anbau genveränderten Maissaatgutes verboten ist, müssen alle betroffenen Flächen umgebrochen werden. Derzeit werden von den Behörden die betroffenen Betriebe ermittelt und informiert. Darüber hinaus müssen aber auch die betreffenden Flurstücke ermittelt werden, da die Betriebe unterschiedliches Saatgut verwendet haben. Die Zuordnung fällt schwer. Der Biokreis plädiert dafür, dass im Zweifelsfall alle Flächen umgebrochen werden, damit mögliche Schäden von gentechnikfreien und vor allem von Bioflächen auszuschließen sind. Das Unterpflügen muss aus diesem Grund schnellstens erfolgen.
Große Kritik übt der Biokreis an der Informationspolitik der Behörden. Mehrere Wochen nach Bekanntwerden des Problems liegt noch immer keine offizielle, schriftliche Stellungnahme vor. Die Öffentlichkeit wird nur unzureichend informiert und es stellt sich auch die Frage, ob wirklich alle betroffenen Landwirte zeitnah über die aktuelle Lage in Kenntnis gesetzt wurden. Es gibt viele offene Fragen: Wie verhält es sich mit Flächen, die nicht eindeutig zuzuordnen sind? Wie verhält es sich mit Entschädigungszahlungen bzw. Ansprüchen, gerade vor dem Hintergrund, dass der Inverkehrbringer "Pioneer" ein schuldhaftes Handeln und damit Entschädigungszahlungen ablehnt?
In Sachen Entschädigung der Bauern gibt es für Sepp Brunnbauer, Geschäftsführer des ökologischen Anbauverbandes Biokreis e.V., jedoch nur eine Antwort: "Die Agrogentechnikkonzerne müssen in die Haftung genommen und die betroffenen Landwirte müssen entschädigt werden. Das Unternehmen Pioneer ist als Vertreiber des Saatguts für dessen Reinheit verantwortlich."
Der Biokreis fordert eine lückenlose Überprüfung der Einhaltung der Umbruchsanordnung und darüber hinaus ein entsprechendes Monitoring, damit eine schleichende Verunreinigung von Gentechnik über die Hintertür auszuschließen ist, sowie auch für die Zukunft die Einhaltung der Nulltoleranzgrenze bei Saatgut. Diese Forderung bekommt Gewicht durch die aktuelle Diskussion der Pflanzenzüchter über "praktikable Schwellenwerte" unter dem Verweis darauf, dass Saatgut nicht im abgeschlossenen System eines Labors vermehrt wird, sondern in der Natur und eine absolute Sortenreinheit daher nicht möglich ist.
"Nun wird offen ausgesprochen, was wir immer schon angeprangert haben: Wenn Saatgut in einer Region vermehrt wird, wo auch gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, ob kommerziell oder als Freisetzungsversuch, ist eine Kontaminierung nicht vermeidbar", so Sepp Brunnbauer. Wenn nun ein Schwellenwert für gentechnische Verunreinigung von Saatgut eingeführt wird, wird dem Biobauern endgültig die Grundlage für gentechnikfreies Wirtschaften entzogen, denn für eine zufällige Verunreinigung konventionellen Saatguts gibt es keine Abstandsregelungen. "Wir hoffen, dass die Politik die Tragweite einer solchen Entscheidung erkennt und sprechen uns mit Nachdruck gegen die Akzeptanz von Schwellenwerten beim Saatgut aus."