Der Anstieg im GKV-Markt einschließlich Abschläge und Zuzahlungen im Jahr 2007 (voraussichtlich auf 31,4 Mrd. Euro) wird insgesamt bestimmt durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer (plus 750 Mio. Euro), die anhaltende Strukturverschiebung (Verordnung neuer und teurer Arzneimittel statt günstiger und bewährter, plus 1,2 Mrd. Euro) und den Mengenzuwachs (mehr Packungen, plus 630 Mio. Euro). Entlastend wirken mit jeweils minus 140 Mio. Euro die Festsetzung neuer Festbeträge und die Erhöhung des Apothekenabschlags auf 2,30 Euro pro Packung. Die neuen Möglichkeiten aus der Gesundheitsreform reichen trotz des großen Engagements der Kassen nicht aus, um den Ausgabenanstieg wirksam zu bremsen.
Von dieser Dynamik sind auch die Abschläge für die Gesetzliche Krankenversicherung erfasst, also die gesetzlichen Rabatte, die die GKV z. B. von der Pharmaindustrie erhält. Sie erhöhen sich, so die BKK-Schätzung, mengen- und strukturbedingt von 2,0 Milliarden Euro 2006 auf 2,2 Milliarden Euro in 2007.
Allein im April dieses Jahres sind die Arzneimittelausgaben gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,9 Prozent gestiegen. Die Tatsache, dass die Steigerungsraten bei den Arzneimittelausgaben im April zwischen + 7,9 Prozent in Sachsen und + 14,6 Prozent in Baden-Württemberg liegen, weist darauf hin, dass es keineswegs nur medizinische Gründe sind, die die Arzneimittelausgaben ansteigen lassen. Dem Pharma-Marketing kommt auch bei der regionalen Kostenentwicklung eine wichtige Rolle zu.
Zuzahlungsvolumen konstant
Trotz der steigenden Arzneimittelausgaben bleibt das Zuzahlungsvolumen der Versicherten im Vorjahresvergleich mit 2,1 Milliarden Euro aufgrund verschiedener, sich teilweise ausgleichender Effekte konstant. Die Kombination aus zuzahlungsbefreiten Arzneimittel, der Überforderungsklausel („2-Prozent-Grenze“) und der Begrenzung von Zuzahlungen auf zehn Euro pro Packung bei einem gleichzeitigen Trend zu Großpackungen führt dazu, dass die Versicherten den Anstieg der Arzneimittelausgaben nicht über mehr Zuzahlungen im eigenen Geldbeutel spüren werden.
Viele Finanzwirkungen der Gesundheitsreform kaum kalkulierbar
Jenseits der bereits dargestellten Entwicklungen gibt es Faktoren, deren finanziellen Auswirkungen kaum zu kalkulieren sind. Dies betrifft viele Neuregelungen aus der Gesundheitsreform, denn hier gibt es noch keine Erfahrungswerte. Ob es die kassenindividuellen Rabattverträge sind, die Inanspruchnahme von Kostenerstattung statt von Sachleistungen oder auch die ausgeweiteten Möglichkeiten, dass Arzneimittel von Zuzahlungen befreit werden können.
Ein wesentlicher Punkt sind Schutzimpfungen, die die Krankenkassen bisher als freiwillige Satzungsleistungen übernommen haben, die ab dem 1. Juli 2007 in den allgemeinen Leistungskatalog übergehen. Die zu übernehmenden Impfungen bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie. Ausgedehnt wird die Leistungspflicht auf berufsbedingte Impfungen, bei denen in den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften keine Zuständigkeit der Arbeitgeber bestimmt ist. Hier findet eine teilweise Entlastung der Arbeitgeber statt, die die Beitragszahler der GKV finanzieren müssen.
Seriöse Schätzungen - Grundlage solider Finanzplanung
Für die Finanzplanung jeder einzelnen Krankenkasse ist es wichtig, in den verschiedenen Ausgabenbereichen seriöse Einschätzungen über die voraussichtliche Kostenentwicklung zu bekommen. Nur so kann sie ihren Beitragssatz solide kalkulieren und ggf. rechtzeitig anpassen. Der voraussichtliche Ausgabenanstieg allein für Arzneimittel für das laufende Jahr von gut zwei Milliarden Euro entspricht rund 0,2 Beitragssatzpunkten. Dies müssen die Kassen rechtzeitig wissen, um entsprechend handeln zu können. Um solche Informationen kümmern sich die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen - frei von politischen oder wirtschaftlichen Vorgaben oder Erwägungen.
Weitere Informationen zum Thema unter www.bkk.de im Internet:
- Arzneimittel-Vertragspolitik Juni 2007
- BKK Faktenspiegel
- Verbraucherbroschüre: „Alles Wichtige zum Thema Arzneimittel“