Der heutige Pflegebedürftigkeitsbegriff sei hingegen nicht in der Lage Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz tatsächlich gerecht zu werden. "Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungs-Assessement müssen so kurzfristig wie möglich umgesetzt werden. Die Vorarbeiten dafür sind doch längst abgeschlossen", so Kaltenbach. "Die Einführung stattdessen weiterhin auf unbestimmte Zeit zu verschieben, kann keine Option sein. Wir brauchen zumindest einen verbindlichen Zeitplan für die Realisierung der notwendigen Umsetzungsschritte."
Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen
Die Betriebskrankenkassen begrüßen die im Referentenentwurf des PNG vorgesehene Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen, da sich die Bedürfnisse der heutigen Seniorengeneration geändert haben. Kritisch hinterfragt werden muss jedoch das innovative Potential der vorgesehenen Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulanten Wohngruppen, für die ein Budget von 30 Millionen Euro vorgesehen ist. Bei einem Deckungsbetrag in Höhe von 10.000 Euro je Wohngemeinschaft können nicht mehr als maximal 3.000 Wohngemeinschaften gefördert werden. Fraglich ist auch, ob ein einmaliger Förderbetrag den Anstoß zur Gründung einer Wohngemeinschaft geben kann.
Pflegeversicherung braucht nachhaltiges Finanzierungskonzept Weiterhin kritisch anzumerken ist, dass das PNG keine tragfähigen Antworten auf die Frage nach der zukünftigen Finanzierung der Pflegeversicherung bietet. Bereits jetzt ist absehbar, dass die Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte die bevorstehenden Mehrausgaben nicht über das Jahr 2013 hinaus ausgleichen wird. Auch die in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren angekündigte steuerliche Förderung von privaten Pflegezusatzversicherungen wird die Pflegeversicherung nicht langfristig stabilisieren können. Die Betriebskrankenkassen mahnen daher eine gesetzliche Lösung für eine zukunftsfähige, nachhaltige, solidarische und paritätische Finanzierung der Pflegeversicherung an.
Zusätzlich sieht das PNG auch finanzielle Belastungen für die gesetzliche Krankenversicherung vor. So sollen niedergelassene Fachärzte finanzielle Zuschläge in Höhe von 77 Millionen Euro dafür erhalten, Pflegebedürftige in Heimen medizinisch zu versorgen. Doch bereits heute zählt dies zu den ureigenen Aufgaben der
Ärzte. Dass sich die Mehrkosten für die GKV - wie in der Gesetzesbegründung aufgeführt - mit "höhere[n] Einsparungen durch verringerte Kosten in Folge vermeidbarer Krankenhauseinweisungen und Krankentransporte" auch nur in Ansätzen einsparen lassen, ist stark zu bezweifeln.
"Fragwürdig bleibt insgesamt die Zielsetzung des Pflege- Neuausrichtungsgesetzes zum wiederholten Male die niedergelassenen Ärzte finanziell zu fördern, während die übrigen, hauptsächlich betroffenen Pflegeberufe auf der Strecke bleiben. Im Interesse einer hohen Versorgungsqualität in der Pflege wäre es lohnender, die Attraktivität der Pflegeberufe zu stärken", so Heinz Kaltenbach.
Die gesamte Stellungnahme des BKK Bundesverbandes zum Pflege- Neuordnungsgesetz können Sie hier nachlesen. Bereits im Oktober 2011 haben die Betriebskrankenkassen generelle Positionen zu einer Reform der Pflegeversicherung verabschiedet.