Wer eine Sucht entwickelt, hat sich häufig bereits in vielen Bereichen seines Erlebens und Verhaltens verändert, bevor bei einer medizinischen Untersuchung auf der körperlichen Ebene krankhafte Befunde festgestellt werden können. Das stellen am ehesten Angehörige und Freunde fest. Viele Ehepartner sagen z. B.: „Das ist nicht mehr der Mensch, den ich einmal geheiratet habe.“ Was für den Suchtkranken das Suchtmittel bedeutet, ist für Angehörige der suchtkranke Partner oder die Partnerin: Irgendwann dreht sich ihr ganzes Denken, Fühlen und Handeln um den suchtkranken Menschen. Die Abhängigkeit verändert auch das Leben der Familienangehörigen, Partner und Freunde.
Kinder sind besonders betroffen, denn sie sind dem veränderten Verhalten ihrer Mutter oder ihres Vaters hilflos ausgeliefert. Außerdem glauben sie oft, an den Problemen der Eltern schuld zu sein. Sie schämen sich und versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass andere Menschen sehen können, was in ihrer Familie vor sich geht. Die meisten erwachsenen Kinder von Suchtkranken tragen die Erfahrungen in ihrem Elternhaus ein Leben lang mit sich herum: Sie haben Probleme mit dem Selbstwertgefühl, Schwierigkeiten mit Veränderungen, neigen zu komplizierten Beziehungen und sind selbst erheblich suchtgefährdet.
Reinhard Jahn, Bundesgeschäftsführer des Blauen Kreuzes in Deutschland: „Angehörige leiden häufig mehr unter der Sucht als der Suchtkranke selbst. Sie sind meist zuerst bereit, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Das verändert sowohl das Leben der Angehörigen als auch der Suchtkranken. Gemeinsam sind sie stark und können die Sucht überwinden.“
Angehörige von Suchtkranken benötigen zum einen unsere Hilfe, Unterstützung und unsere Aufmerksamkeit, damit auch sie befreit leben lernen können. Zum anderen können Suchtkranke durch eine geeignete Begleitung Angehöriger bzw. des nahen sozialen Umfelds in ihrem Abstinenzwillen enorm unterstützt werden. Diese Ressourcen gemeinsamen Redens und Handelns Suchtkranker und Angehöriger sollen stärker in den Fokus der Sucht-Selbsthilfe genommen und ganz praktisch genutzt werden. Auch sollen Fragen nach einer geeigneten Zusammenarbeit in der Sucht-Selbsthilfe zwischen suchtkranken und angehörigen Helfern sowie den Akteuren der beruflichen Suchthilfe gestellt und gemeinsam beantwortet werden. Befreit leben lernen – Gemeinsam echt stark!