Im Windkanal der BMW Group stehen täglich Autos auf dem Prüfstand, deren Luftwiderstand und Auftrieb sowie das Strömungsprofil dort untersucht und optimiert werden. Dies trägt zur Verbrauchssenkung und zur Steigerung der Dynamik bei. Außerdem finden im Windkanal Untersuchungen zur Akustik, zum Komfort und zur Kühlung sowie Verschmutzungstests statt. Bei den Tests der Sportler geht es vorwiegend um den Luftwiderstand, der möglichst gering sein soll. Und das bei Geschwindigkeiten von annähernd 150 km/h.
Die vergangene Saison 2007/2008 war für den Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) außerordentlich erfolgreich: Sieben von acht Bob- und Rodel-Weltcupsieger kamen aus den deutschen Reihen. Außerdem räumten die Athleten alle Weltmeistertitel in Altenberg ab. Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Im Juni wurde der neue Viererbob-Prototyp für die anstehende Saison im Windkanal der BMW Group auf Herz und Nieren - oder besser auf Luftwiderstand, Auf- und Abtrieb - getestet. Und auch die Rennrodler optimieren ihre Körperhaltung, das Material und das Sportgerät im Windkanal. Entscheidend bei den Untersuchungen sind die Genauigkeit der Messungen und die Möglichkeit auch bei hohen Geschwindigkeiten zu testen. Das bietet der BMW Windkanal. Und es war den Aerodynamikern der BMW Group eine Ehre, die Sportler auf ihrem Weg zu olympischem Gold zu unterstützen.
Die Unterschiede zwischen Tests mit Autos und Bobs sind gar nicht so groß. "Der größte Unterschied ist, dass unsere Fahrzeuge Räder haben und die Bobs Kufen. Ansonsten gelten dieselben Prinzipien." erläutert Hans Kerschbaum, bei der BMW Group Leiter der Aerodynamik. Natürlich ist die Stirnfläche des Bobs wesentlich geringer und eher vergleichbar mit einem Motorrad als mit einem Auto; der Strömungswiderstandskoeffizient, kurz CW-Wert, ist aber etwas höher als bei aktuellen Fahrzeugen. Beispielsweise hat der aktuelle BMW 3er einen CW-Wert von 0,26, ein Bob liegt bei ca. 0,32 bis 0,35.
Körperspannung bei über 140 Stundenkilometern.
Gerade für die Rennrodler ist die Aerodynamik entscheidend. Mehr als bei den Bobfahrern ist neben dem Sportgerät vor allem auch die Körperhaltung wichtig. Im September war deshalb die deutsche Rennrodelelite im BMW Group Windkanal zu Gast. Patric Leitner und Alexander Resch, das seit Jahren erfolgreiche Doppelsitzerteam, arbeitet gezielt hin auf Olympia 2010: "Wir haben mit Olympia noch eine Rechnung offen, weil Turin und der sechste Platz waren nicht unser Ding. Deswegen wollen wir in Vancouver noch mal an den Start, kämpfen und eine Medaille holen. Das wird unser letztes Rennen sein, und da wollen wir auf dem Treppchen stehen."
Dazu wird auch an vermeintlichen Kleinigkeiten gefeilt, beispielsweise an der Fußhaltung. Norbert Loch, der Cheftrainer der Rennrodler zu den Windkanaltests: "Es wird ausgewertet, welche Fußhaltung die bessere für den jeweiligen Sportler ist, und das wird er versuchen, so zu trainieren, und auch im Wettkampf diese optimale Haltung zu erreichen." Bei den Messungen im Windkanal werden selbst feinste Unterschiede sofort sichtbar. Die Waage unter dem Schlitten erfasst auch kleine Abweichungen im Auf- oder Abtrieb, d.h. Unterschiede im Grammbereich. Eine Rauchfahne macht zudem Verwirbelungen sichtbar, bei den Rodlern zum Beispiel an den Füßen, bei Autos beispielsweise an den Außenspiegeln. Position und Winkel sind bei beiden ausschlaggebend.
Das Doppelsitzerteam Tobias Wendl und Tobias Arlt beschreibt das Gefühl bei Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke: "Ja, es spannt schon die Muskulatur. Du musst ja die Körperspannung halten. Nach drei Minuten da drinnen merkt man dann schon, dass die Konzentration ein wenig nachlässt." Auch der amtierende Einzelweltmeister Felix Loch und der Vizeweltmeister David Möller stellten sich den Windkräften. Das Frauenteam war mit Tatjana Hüfner und Natalie Geisenberger am Testen.
Die Medaillenkandidaten waren auch auf die Ergebnisse des neuen Schlittens gespannt. Denn diese sind maßgefertigt. Thomas Schwab erklärt das genauer: "Wir haben die Verkleidung unter dem Schlitten verändert und noch besser an den Sportler angepasst. Und wir versuchen, die Fahrhaltung des Sportlers individuell auf seinen Schlitten bezogen, hier im Windkanal zu optimieren." Und der Mann weiß wovon er spricht. Schließlich lag er selbst schon als aktiver Rodler im BMW Windkanal.
Hochgeschwindigkeitstests für den Viererbob.
Der Start in die vergangene Saison war für den Viererbob problematisch. Deshalb hat dieser Schlitten nach Aussage von Cheftrainer Raimund Bethge höchste Priorität. Schon im Juni wurde der neue Prototyp für die anstehende Saison im Windkanal der BMW Group getestet.
Die Vergleichstests zwischen dem Schlitten der vergangenen Saison und dem Prototyp waren vielversprechend. Obwohl der Bob den Athleten mehr Platz bietet, konnten die Werte für Luftwiderstand und Auftrieb deutlich verbessert werden. Trotzdem legten die Experten noch vor Ort Hand an und untersuchten verschieden modellierte Frontpartien und die Auswirkungen auf den Auftrieb im vorderen Teil des Schlittens.
Der Blick von Bethge geht noch weiter in die Zukunft, Richtung Olympia 2010 in Vancouver: "Whistler ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, also wird auch die Aerodynamik eine sehr große Rolle spielen, und deshalb ist natürlich jetzt schon die Vorbereitung in vollem Gange." Der dreifache Olympiasieger Kevin Kuske erklärt die Bedeutung der Windkanaltests: "Wir haben ja, was viele gar nicht wissen, wie Autos auch eine relativ hohe Geschwindigkeit von bis zu 160 km/h, und ich schätze in Vancouver sogar über 160 km/h."
Am Ende des Testtages: zufriedene Gesichter. Auch beim Generalsekretär des BSD, Thomas Schwab: "Wir erwarten uns eine Verbesserung in der gesamten Aerodynamik, die man nach den Ergebnissen von heute auch erhoffen darf. Und damit verbunden natürlich eine Verbesserung auf der Bahn." Der B-Kader Pilot Karl Angerer überzeugte sich persönlich vor Ort vom Potenzial des neuen Bobs: "Erhoffen tun wir uns, dass er schneller ist. Es könnte ein Zehntel sein oder ein paar Hundertstel. Aber im Bobsport sind schon die Hundertstel wichtig. Wenn es nur zwei Hundertstel sind, dann hat es sich für uns schon enorm gelohnt."
Starke Partner für effiziente Dynamik.
Die BMW Group freut sich, durch die Testmöglichkeiten in ihren Windkanälen seit über zwanzig Jahren zum Erfolg der deutschen Bobfahrer und Rennrodler beizutragen. Seit den 1990er Jahren gibt es außerdem eine Zusammenarbeit zwischen dem BMW Group Wärmebehandlungszentrum und den Rennrodlern. Hier werden seit einiger Zeit die Kufen der Rodler optimiert.
Exakte Messergebnisse auch bei hohen Geschwindigkeiten bilden die Grundlage der Fahrzeugentwicklung. Und diese Genauigkeit, die der Windkanal der BMW Group ermöglicht, liefert den entscheidenden Mehrwert für die Sportler, deren Siege oft von Tausendstelsekunden abhängen.