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Stress kann man messen

Forscherteam an der FH Lausitz entwickelte tragbares Messgerät für Langzeitaufnahmen

(lifePR) (Senftenberg, )
Ich sitze in angenehmer Runde im Besprechungsraum der Fachhochschule Lausitz im brandenburgischen Senftenberg und ich habe zwei kleine Klebe Elektroden an meiner Hand. Der Grund des Selbstversuches: Ein Team aus Professor, Ingenieur und Ärztin hat an der Fachhochschule Lausitz ein mobiles Messgerät für den Hautleitwert, einen wissenschaftlich anerkannten Indikator für mentale Erregungszustände dem Stressfaktor entwickelt.

Von Jana Wieduwilt

Nach meinem Gefühl sollte das Gerät Messwerte im unteren Bereich aufzeichnen, denn die Situation ist friedlich und entspannt, ich führe ein normales Interview. Dennoch, sobald ich etwas frage oder mir eine Gegenfrage meiner Gesprächspartner unbewusst unangenehm ist, sehe ich mit Blick auf das gut erkennbare Display, dass der Pegel auf dem MentalBioScreen K3 so die offizielle Bezeichnung des Stressmessgerätes in die Höhe klettert.

Entwickelt wurde das ausgetüftelte Messgerät nur ein wenig größer als ein Handy an der Fachhochschule Lausitz, es ist eines der fachübergreifenden Projekte an der Hochschule, die zum Patent und einer Firmengründung geführt haben.

"Vor etwa drei Jahren ist Dr. Silvia Noetzel an mich mit ihrer Idee herangetreten, ein transportables, handliches Messgerät für Langzeitmessungen des Grades des Stresszustandes von Patienten zu ermitteln", erläutert Professor Dr. Helmut Schuster, Wissenschaftler an der Hochschule. Zuerst analysierte der Professor gemeinsam mit Betriebswirtschaftsstudenten den Markt. Fazit des Experten für Marketing und Unternehmensplanung: Ein portables Gerät in dieser Form mit Display und hoher Messgenauigkeit gibt es noch nicht, während der Bedarf von Ärzten und Verhaltenstherapeuten an einer kontinuierlichen Wertaufnahme auch außerhalb der Praxisräume im normalen Lebensumfeld der Patienten, vorhanden ist.

"Dann haben wir begonnen, das Gerät mit Unterstützung der Fachhochschule zu entwickeln", sagt Dr. Silvia Noetzel. Die Ärztin und Verhaltenstherapeutin wollte sich nicht damit abfinden, dass bei ihren Patienten mit der bisher verfügbaren Gerätetechnik eine Messung der Werte nur in der Arztpraxis stattfinden konnte. "Die wirklich Stress auslösenden Faktoren sind zum Teil den Patienten nicht genau bekannt, mit unserem neuen Gerät können sie mit der Anzeige ihren eigenen Stresswert einschätzen", so die engagierte Medizinerin.Mit Diplom-Ingenieur Kai Uwe Irrgang kam der Dritte zum Bunde: ein Techniker, der tüftelte, probierte und den größten Teil der praktischen Entwicklungsarbeiten an dem inzwischen patentierten Gerät vornahm.

Das kleine Messgerät ist vollgestopft mit Elektronik.

Langzeitmessungen können durchgängig aufgezeichnet werden und erlauben dem Arzt oder Therapeuten eine genaue Diagnose und exaktere Behandlungsmethoden, denn die Auslöser für die mentalen Erregungszustände können minutiös ausgewertet werden. Anwendung kann das Gerät beispielsweise auch in der Therapie von Angstpatienten finden. Auf dem Display sehen die Patienten, wie sich ihr mentaler Erregungszustand entwickelt. Dann können die Patienten punktgenau die gemeinsam mit dem Therapeuten entwickelten Entspannungsübungen machen, wenn es die Situation verlangt. Ein lachendes oder trauriges Gesicht zeigt auf einen Blick, ob sich die Werte im günstigen oder ungünstigen Bereich bewegen.

Das funktioniert so: "Die handelsüblichen Klebe-Elektroden leiten einen sehr kleinen Meßstrom durch die Haut, im Stressfall ist der Hautleitwert deutlich höher, diese Werte zeichnet das MentalBioScreen K3 auf und zeigt sie simultan an. Wir haben bei der Entwicklung darauf geachtet, so viele handelsübliche Teile wie möglich zu verwenden, so reichen zum Beispiel normale Supermarkt-batterien oder Akkus völlig aus, um das Gerät zu betreiben.Damit können wir die Betriebs Kosten für die Endanwender niedrig halten", erklärt der technische Informatiker Kai Uwe Irrgang.

Das Beispiel zeigt gut, wie Wissenschaftler, Anwender und Entwickler an einer gemeinsamen Basis zusammenarbeiten. Eine Menge Studenten konnten sich in kleinen Teilen an der Entwicklung beteiligen, mit Diplomarbeiten, Praktikums-arbeiten und als Hilfskräfte erwarben sie in verschiedenen Fachdisziplinen der FH Lausitz praktisches Wissen.Nach Entwicklung, Erprobung und Patentanmeldung sowie der Beantragung des CE-Zertifikats steht die Markteinführung an.

Die gute Idee, der entsprechende Bedarf bei Patienten und Medizinern, die wissenschaftliche Unterstützung durch das gute fachübergreifende Forschungspotential und die ausgezeichneten Möglichkeiten einer modernen Hochschule machten es möglich: Professor Dr. Helmut Schuster in beratender Funktion, Dr. Silvia Noetzel und Kai Uwe Irrgang gründeten eigens eine Produktionsfirma und gehen mit ihrem Produkt in die Serienproduktion am Standort Senftenberg.

"Das Stressmessgerät wird in der Diagnostik und Therapie von psychosomatischen Beschwerden, Depressionen, Angsterkrankungen und chronischer Schmerzen eingesetzt werden. Die Entwicklung des Gerätes wirft eine Menge weiterer zu erforschender Fragen auf, Forschungen, die erst durch die Möglichkeit, langfristig und mobil die Erregungszustände der Patienten in ihrem täglichen Umfeld zu messen und aufzuzeichnen, tatsächlich umgesetzt werden können", wagt Dr. Silvia Noetzel einen Ausblick in die Zukunft.

Zapp. Schon wieder ist der Pegel des Messgerätes ausgeschlagen, denn Professor Helmut Schuster fragte ziemlich überraschend, ob ich denn denke, dass mein Text auch wirklich druckbar sein wird. Obwohl ich routiniert und ruhig antworte, schnellen die Messwerte blitzschnell in die Höhe. Es funktioniert. Doch nach dem Selbstversuch muss ich es noch wissen: Bin ich stressmäßig noch im grünen Bereich? Noch während ich spreche steigt der Erregungszustand deutlich sichtbar am großen "Berg" der über das Display rollt. "Ja, Sie haben ganz normale Werte, gut dosierter Stress ist für die Gesundheit genauso wichtig, wie die Entspannungsphasen", beschwichtigt Dr. Silvia Noetzel meine leicht aufkommende Unruhe. Der Pegel geht wieder nach unten. Entspannung.

Genau so werden es hoffentlich bald künftig die Patienten sehen, wenn sie mit Hilfe des mobilen Gerätes Schritt für Schritt wieder gesund werden.
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