Der Mandant der Kanzlei verlangt von Herrn Heckmann die volle Rückabwicklung seines Kaufs von Inhaberschuldverschreibungen der SiC Processing GmbH (ISIN DE000A1H3HQ1, WKN A1H3HQ). Rechtsgrund hierfür ist die sog. Prospekthaftung: Nach Überzeugung der BSZ e.V. Anlegerschutzanwälte war der Anleiheprospekt der SiC Processing GmbH nämlich falsch, denn wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass im Prospekt die wirtschaftliche Situation des norwegischen Hauptkunden der SiC viel zu positiv dargestellt wurde. Hierfür haftet Herr Heckmann den Anleihekäufern nach unserer Ansicht als Prospektveranlasser. Damit können die den Anleihegläubigern in der SiC-Insolvenz (Amtsgericht Amberg, Az. 261 IN 515/12) drohenden (Total-)Verluste ausgeglichen werden. Zahlreiche weitere Anleihekäufer haben uns zwischenzeitlich mit der Klageerhebung beauftragt. Die eingereichte Klage stützt sich auf folgende Argumente:
1. Hintergrund der Anleihemission: Kaufpreisfinanzierung
Im Februar 2011 hat die SiC Processing GmbH (nachfolgend ,,Emittentin") Inhaberschuldverschreibungen mit der ISIN DE 000A1H3HQ1 in einem Volumen von bis zu EUR 100 Mio. begeben. Grundlage der Emission war ein Anleiheprospekt, veröffentlicht am 07.02.2011. Der Prospekt verschweigt allerdings, dass der Hauptkunde der Emittentin sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet bzw. dass das Risikomanagement der Emittentin ungenügend ist. Diese Schwierigkeiten waren letztlich Ursache für die Insolvenz der Emittentin am 01.03.2013.
Vor der Anleihemission, im Sommer 2010, hatte eine Fondsgesellschaft des Finanzinvestors Nordic Capital Fund VII die Mehrheit der Anteile an der Emittentin erworben. Anteilsinhaber an der Emittentin waren im Wesentlichen Gesellschaften der Gründer-Familie Heckmann gewesen. Diese Gesellschaften waren bis Mitte 2010 Mehrheitsgesellschafter der Emittentin gewesen und hatten 70 % ihrer Anteile an der Emittentin an Nordic Capital Fund VII verkauft. Herr Heckmann ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Emittentin sowie Mitglied der Heckmann-Familie. Nordic Capital Fund VII hatte den an die Heckmann-Familiengesellschaften gezahlten Kaufpreis durch die Aufnahme von Bankdarlehen finanziert. Die dafür aufgenommenen Bankverbindlichkeiten wurden im Wege von Gesellschafterdarlehen der Emittentin aufgebürdet. Mit den 2011 eingenommenen Anleihegeldern wurden sodann diese Gesellschafterdarlehen und in Folge die zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommenen Bankdarlehen zurückgeführt. Im Ergebnis dienten die von den Anleihekäufern eingesammelten Anleihegelder also zur Ablösung des Kaufpreisdarlehens.
2. Prospektfehler
Der Prospekt der Emittentin ist nach unserer Einschätzung aber in wesentlichen Punkten fehlerhaft, denn er stellt die wirtschaftliche Situation des Hauptkunden der Emittentin falsch, nämlich viel zu positiv dar. 54,4 % des Gesamtumsatzes der Emittentin im Geschäftsjahr 2009 (2008: 43,4 %; 2007: 28,4 %) wurde mit nur einem Kundenunternehmen gemacht, nämlich der REC Wafer Norway AS, Sandvika in Norwegen (nachfolgend ,,Hauptkunde").
Daher wird im Prospekt behauptet, dass für das Forderungsmanagement der Emittentin ein direkter Bezug zum norwegischen Markt gewährleistet sei. Der Hauptkunde würde einer Bonitätsprüfung und Kreditlimit-Entscheidung unterzogen. Die Identifikation und Bewertung von Konzentrationsrisiken (Klumpenrisiken) auf Seite des Hauptkunden werde durch ein Risikomanagement überwacht. Der Hauptkunde soll zudem über gute bis sehr gute Bonität verfügen.
a) Wirtschaftliche Probleme des Hauptkunden schon vor Prospektveröffentlichung
Allerdings bestanden die erheblichen wirtschaftlichen Probleme, die zur Insolvenz des Hauptkunden und in Konsequenz zur Insolvenz der Emittentin führten, bereits, als die Anleihen von der Emittentin begeben wurden. Dies lässt sich belegen, denn uns liegen entsprechende Unternehmenszahlen und Presseveröffentlichungen vor. So erwirtschaftete der Hauptkunde schon vor der Prospektveröffentlichung durchgängig Verluste. Der Hauptkunde hat im ersten Quartal 2011 (Q1/2011) nur 94 Mio. NOK EBIT erwirtschaftet und weist eine EBIT-Marge von 5% auf. Der EBIT ist von Q4/2010 von 364 Mio. NOK auf nur noch 94 Mio. NOK in Q1/2011 zurückgegangen.
Nur die Finanzkennzahlen für Q4/2010 waren ausnahmsweise weniger schlecht; ansonsten waren die Ergebnisse des Hauptkunden bereits für das komplette Geschäftsjahr 2010 desaströs: In Q1-Q3/2010 hat der Hauptkunde stets eine negative EBIT-Marge aufgewiesen und in den fünf Quartalen Q1/2010 bis Q1/2011 wurden auf den Firmenwert im Schnitt 195 Mio. NOK abgeschrieben. Nur in Q4/2010 war das EBIT positiv, ging aber von Q4/2010 auf Q1/2011 schon wieder um ca. 75 % (!!) zurück auf 94 Mio. NOK. Das EBIT-Margin des Hauptkunden verfiel seit 2007 dramatisch: 2007 betrug es 35%, 2008 noch 27,43%, 2009 war es mit -9% negativ und 2010 lag es bei 0%. Damit erwirtschaftete der Hauptkunde bereits seit 2009 keine Marge mehr, um für Zinsen und evtl. Steuern aufzukommen.
Zudem kam es beim Hauptkunden im Jahre 2010 immer wieder zu lang andauernden Produktionsausfällen und das zweite Werk des Hauptkunden in Glomfjord/NOR arbeitete zeitweise nur bei 30 %. Dieses Werk verursachte beim Hauptkunden einen negativen Beitrag zum EBITDA von NOK 64 Mio. in Q3/2010 und einen negativen Beitrag zum EBITDA von NOK 49 Mio. in Q2/2010. Damit war offensichtlich, dass dieses Werk, welches in der Geschäftsbeziehung zwischen Emittentin und Hauptkunden ein ganz wesentlicher Umsatzträger war, ständig erhebliche Verluste für den Hauptkunden erwirtschaftete. Zudem verfügte die Emittentin, also deren Geschäftsleitung, über Vorort-Knowhow bzgl. ihres norwegischen Hauptkunden, wegen des direkten Bezugs der Emittentin zum jeweiligen Markt.
Überdies war die Emittentin bzw. deren 100prozentige Tochter SiC AS produktionstechnisch eng an den Hauptkunden angebunden. Die Produktionslinien der norwegischen Tochter der Emittentin, der SiC AS, waren eng verflochten mit dem Hauptkunden. Die Produktionsanlagen der SiC AS standen in den Produktionshallen des Hauptkunden, unmittelbar neben dessen Anlagen, direkt daran angeschlossen. Die Produktionstätigkeit der Emittentin-Tochter war voll integriert in die Produktionsabläufe des Hauptkunden. Daher hätte die Emittentin von den Problemen des Hauptkunden bei Prospektveröffentlichung wissen müssen.
Auf den Umstand, dass der Hauptkunde finanziell und operativ in erheblichen Schwierigkeiten steckt, hätte im Prospekt hingewiesen werden müssen: Denn die Insolvenz des Hauptkunden hat zur Insolvenz der Emittentin geführt. Dieser Hinweis ist unterblieben. Eine Prospektaktualisierung erfolgte ebenfalls nicht. Dabei handelte es sich aber um eine Information, die für die Anlageentscheidung der Anleihekäufer erheblich war.
Kurz nach Prospektveröffentlichung wurde die Geschäftstätigkeit des Hauptkunden der Emittentin sodann eingestellt: Die REC ASA meldete unmittelbar nach Prospektveröffentlichung für Q1/2011 einen Gewinnrückgang von 16 % gegenüber Q4/2010. Im Mai 2011 teilte die REC ASA sodann mit, dass für das Werk des Hauptkunden in Horaya ein Produktionsstop verhängt sei und Massenentlassungen beschlossen seien. Dieser nunmehr vollendete Niedergang des Hauptkunden wurde noch im Mai 2011 auch in der Fachpresse ausführlich besprochen. Damit fiel Ende Mai 2011 der Hauptkunde der Emittentin im Wesentlichen endgültig weg. Zum 2. Quartal 2011 hat die REC ASA demgemäß den Firmenwert der REC Wafer nahezu vollständig abgeschrieben. Als Grund dafür wird u.a. genannt, dass die beabsichtigten Kosteneinsparungen beim Hauptkunden nicht erreicht wurden. Diese Verfehlung war der Emittentin und deren Geschäftsführung bereits im Jahr 2010 offensichtlich und von der REC auch bekannt gemacht worden.
Trotz dieser für die Emittentin potenziell existenzbedrohenden Entwicklung erwähnte diese sogar in ihrem Ersten Halbjahresbericht 2011 die Krise ihres Hauptkunden unverständlicherweise immer noch nicht. Es heißt dort lediglich lapidar, dass sich hinsichtlich Chancen und Risiken keine Veränderungen ergeben haben. Eine Aktualisierung des Prospekts durch die Prospektverantwortlichen erfolgte nicht. Erst im April 2012 meldete die Emittentin, dass die norwegische Tochter SiC AS ihre Produktionsanlagen in Heroya/NOR stillgelegt.
b) Fehlendes Risikomanagementsystem bei Prospektveröffentlichung
Sollte der Emittentin die wirtschaftliche Schieflage des wesentlichen Hauptkunden - entgegen aller Wahrscheinlichkeit - nicht bekannt gewesen sein, so ist der Prospekt aber aus anderen Gründen fehlerhaft.
Im Prospekt schreibt die Emittentin nämlich, dass die Identifikation und Bewertung von Konzentrationsrisiken (Klumpenrisiken) auf Kundenseite durch ein Risikomanagement überwacht wird. Falls der Emittentin die finanziellen Probleme ihres Hauptkunden trotz deren Offensichtlichkeit unbekannt geblieben wären, würde dies bedeuten, dass bei der Emittentin kein adäquates Risikomanagementsystem installiert war, - obwohl dies im Prospekt behauptet wird. Denn andernfalls hätte das Insolvenzrisiko des Hauptkunden und das damit einhergehende Existenzrisiko der Emittentin bekannt sein müssen und wäre im Prospekt genannt worden.
4. Herr Heckmann als Prospektverantwortlicher
Herr Heckmann haftet nach unserer Meinung den Anleihekäufern als Prospektverantwortlicher, § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 BörsG. Denn er ist Unterzeichner des Prospekts und Geschäftsführer der Emittentin im Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung. Er war zudem wesentlich beteiligter Gesellschafter der Emittentin und wirtschaftlich Interessierter an der Anleihemission. Da Herr Heckmann zudem einen wesentlichen Teil des Kaufpreises aus dem SiC-Verkauf an Nordic Capital erhalten hat und über werthaltige Unternehmensbeteiligungen verfügt, nehmen wir an, dass Haftungsmasse bei Herrn Heckmann besteht, mit welcher Forderungen der Anleihekäufer befriedigt werden können.
5. Rechtsfolge für Anleihekäufer
Die Anleihekäufer können daher nach unserer Ansicht von Herrn Heckmann die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, wenn die Anleihen binnen 6 Monaten nach Prospektveröffentlichung (diese war am 07.02.2011) gekauft worden waren. Wurden die Anleihen irgendwann später verkauft, so können Anleihekäufer den Verlust aus der Differenz zwischen Kaufpreis und Verkaufspreis verlangen. Im Ergebnis bekämen Anleihekäufer der ersten sechs Monate ihre Verluste also voll erstattet. Insgesamt stehen Anleihen über ca. 85 Mio. EUR aus.
6. Prozessfinanzierung
Nach unserer Einschätzung ist für Anleihekäufer eine Klage bei einer Anleihenominale von TEUR 10 wirtschaftlich sinnvoll. Sollte eine Rechtsschutzversicherung bestehen, ist eine Klage wohl stets wirtschaftlich sinnvoll. Inzwischen hat sich zudem ein Prozessfinanzierer bei uns gemeldet. Dieser prüft momentan, von uns vertretenen Anleihegläubigern anzubieten, gegen eine Ertragsbeteiligung die Prozesskosten von Anleihegläubigern zu übernehmen. Noch ist dies nicht spruchreif. Im Ergebnis würden dann aber Anleihegläubiger (die sich dazu entscheiden) im Obsiegensfall zwar einen Anteil des an sie erstatten Geldes an den Finanzierer abgeben müssen, im Gegenzug dafür aber kein Kostenrisiko für den Unterliegensfall tragen.
7. Verjährung zum 07.02.2014
Unbedingt zu beachten ist allerdings, dass Prospekthaftungsansprüche binnen drei Jahren seit Veröffentlichung des Prospekts verjähren, danach also nicht mehr durchsetzbar sind. Verjährung tritt also voraussichtlich am 07.02.2014 ein. Etwaige Klagen gegen Herrn Heckmann müssen also von einem SiC-Anleihekäufer vor diesem Termin erhoben werden.
8. Über die BSZ e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte
Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte aus Berlin ist bereits seit über 10 Jahren bundesweit erfolgreich im Bank- und Kapitalmarktrecht tätig. Die Kanzlei ist insbesondere mit Inhaberschuldverschreibungen (Anleihen) und der gebündelten Vertretung von Anleihebesitzern, wie im Fall SiC Processing bestens vertraut (z. B. Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West, DM Beteiligungen AG, First Real Estate, Global Swiss Capital AG, Solar Millenium, DEIKON GmbH, WGF AG; SiC Processing GmbH, Windreich, Solen AG, Centrosolar, SolarWorld, Carpevigo, Gebhardt Real Estate, Getgoods, SAG Solarstrom). Hierbei wurden bereits über 1000 Anleger erfolgreich vertreten, die Verluste mit Anleihen erlitten haben. Zuletzt wurde Rechtsanwalt Dr. Marc Liebscher, Partner der Sozietät, von den Anleihegläubigern der Solen AG als Mitglied in den Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren der Solen AG gewählt. Rechtsanwalt Liebscher ist überdies Mitherausgeber und Autor eines führenden Praxis-Handbuchs zur Unternehmenssanierung (C.F. Müller Verlag).
Betroffene Anleger können sich der BSZ e.V. Interessengemeinschaft " SIC Processing" anschließen. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen zu bündeln und prüfen zu lassen und der Interessengemeinschaft beizutreten.