Private sowie institutionelle Anleger haben exorbitante Verluste erlitten. Die Hauptfrage ist dabei, wie die Verluste kompensiert werden können. Grundsätzlich ist es schwierig, die Kapitalanlagegesellschaften in die Haftung wegen Misswirtschaft und Fehlberatungen zu nehmen. Exemplarisch ist hier die verkürzte dreijährige Verjährungsfrist zu nennen. "Allerdings zeigt es sich nun, dass Möglichkeiten bestehen, Depotbanken für die erlittenen Verluste haftbar zu machen", erklärt Lutz Tiedemann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der BSZ e.V. Anlegerschutzkanzlei KWAG.
Schadensersatzansprüche gegen Depotbanken können daraus resultieren, dass diese ihre Kontrollaufgaben nicht in der vom Gesetzgeber geforderten Neutralität bewerkstelligt haben. Denn sie sollen die Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig von der Kapitalanlagegesellschaft und ausschließlich im Interesse der Anleger ausüben, so will es das Investmentgesetz. "Allerdings haben viele Depotbanken mit ihrer Neutralität so ihre Probleme, wenn man bedenkt, dass Depotbanken oftmals Mutterkonzerne von Immobilienfonds sind und mithin eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung vorliegt", so Tiedemann.
Diesbezüglich ist zu erwarten, dass Depotbanken ihre Schutzpflichten gegenüber Anlegern nicht mit ganzem Herzen wahrnehmen. Denn es erscheint unwahrscheinlich, dass der Mutterkonzern zulasten seines Tochterunternehmens Anleger schützt. Hierzu genügt ein Blick auf den Dachimmobilienfonds Investmentfonds Premium Management Immobilienanlagen (WKN: A0ND6C). Im Zuge der Einführung der Abgeltungssteuer empfahlen viele Berater der Commerzbank im Jahr 2008 einen Tausch aus dem zum Konzernverbund gehörenden Hausinvest Europa in den damals ebenfalls bei der Cominvest domizilierten Immobiliendachfonds. Später, im September 2010, wurde der Dachfonds als unattraktiv eingestuft und geschlossen. Die Berater sollten mit einem anteiligen Ausgabeaufschlag wieder in andere Fonds umschichten, nicht selten in den Hausinvest Europa. "Ein Schelm, wer Böses dabei und schon gar an Gebührenreiterei denkt", kommentiert Tiedemann.
Im Zuge der Übernahme der Dresdner Bank ging die Cominvest in der Folgezeit an den Allianzkonzern über, der Exklusiv-Vertrieb des Dachfonds oblag indes weiterhin der Commerzbank. Die Kontrolle über diese Vorgehensweise oblag der Commerzbank in Funktion als Depotbank. Aber auch bezüglich der Aussetzung der Rücknahme der Anteile und deren Kontrolle durch die Commerzbank als Depotbank tauchen Fragen auf. Wieso versendet die Commerzbank seit Oktober 2010 an geschädigte Anleger Kaufangebote für diese Wertpapiere? Wieso schreibt die Commerzbank nicht, dass sie als Depotbank u.a. die Kontrolle über die Rechtmäßigkeit der Aussetzung innehat?
Und nun ist bekannt geworden, dass die Commerzbank geschädigten Anlegern seit Oktober 2010 anbietet, ihre Anteile für einen gewissen Prozentsatz anzukaufen. Die Angebote werden dabei unter anderem als Härtefälle bezeichnet. "Wohl auch, damit die Commerzbank sich einen altruistischen Anstrich gibt. Es mutete schon etwas merkwürdig an, wenn die Commerzbank als Depotbank Anlegern anbietet, die Anteile selbst anzukaufen. Das macht deutlich, dass Gefahren von Interessenkonflikten bestehen", sagt Tiedemann. Interessenkonflikte - respektive deren Gefahren - von Depotbanken sind an sich nicht neu. Wohl auch deshalb hat die Bafin in ihrem Rundschreiben von 6/2010 die Aufgaben und Pflichten der Depotbanken nach dem InvG deutlich hervorgehoben.
Die Allgemeinheit ist sensibilisiert. Schadensersatzklagen, welche nicht der kurzen Verjährungsfrist unterliegen, werden wohl die Folge sein. "Das bedeutet aber auch, dass viele private und auch institutionelle Anleger ihre Verluste aus den Investitionen in diese Sparte wettmachen können", so Tiedemann. "Aus diesen Gründen können wir Anlegern, welche speziell bei Premium Management Immobilien Anlagen ein weichgespültes Angebot von der Commerzbank erhalten haben, nur raten, genau zu überlegen, ob dieses angenommen werden sollte." Denn es besteht die juristische Möglichkeit, die Depotbank direkt wegen Verletzung von Schutzpflichten aus dem Investmentdreieck zu verklagen. Dieser Weg hat auch den Vorteil, dass die engen Verjährungsfristen des § 127 V InvG keine Anwendung finden.
Für betroffene Anleger gibt es also gute Argumente, sich der BSZ e.V. Interessengemeinschaft "offene Immobilienfonds" anzuschließen.
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 11.11.2010 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.