Der Wahl des richtigen Anwalts sollte deshalb verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden, rät der BSZ e.V. Denn auch hier wird manchmal die Not und die Ratlosigkeit von Rechtsuchenden nur als Chance zum eigenen Profit begriffen. Allerdings gibt es weder schlechte Mandanten noch schlechte Anwälte. Nur die Partnerwahl ist mitunter falsch. Der durch diese falsche Anwaltswahl angerichtete Schaden beim Mandanten kann beträchtlich sein. Manchmal ist es sogar eine Art Gnadenstoß in den absoluten Ruin des Mandanten verbunden mit einem irreparablen Vertrauensmissbrauch gegen das Empfinden der Rechtsstaatlichkeit
Dem Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V. (BSZ e.V.) Dieburg, stand Herr Rechtsanwalt Jan-Henning Ahrens, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der auf die Interessenvertretung von Investoren spezialisierten KWAG Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht, Bremen, für ein ausführliches Interview zu diesem Thema zur Verfügung.
BSZ:
Herr Ahrens, Anwälte, die wie Sie auf die Vertretung geschädigter Investoren spezialisiert sind, haben momentan Hochkonjunktur, oder?
RA Ahrens:
Das stimmt. Doch volkswirtschaftlich betrachtet ist dies ein trauriger Boom. Denn es geht um etliche Milliarden Euro, die Investoren insbesondere mit ihren Beteiligungen an Geschlossenen Fonds bereits verloren haben oder noch verlieren werden. Falls sie sich nicht mit allen verfügbaren rechtlichen Mitteln dagegen wehren.
BSZ:
In welchen Beteiligungssegmenten gibt es momentan die größten Probleme?
RA Ahrens:
Eindeutig bei den Schiffsfonds. Ich denke – leider gibt es keine verlässlichen Zahlen, sondern nur Schätzungen -, dass rund 200 dieser Fonds erhebliche wirtschaftliche Probleme haben oder bereits die Sanierung durchlaufen. Etliche kleinere Schiffsfonds mussten überdies bereits Insolvenz anmelden.
BSZ:
Und die übrigen Segmente?
RA Ahrens:
Wir haben immer noch den Dauerbrenner Medienfonds. Insbesondere geht es hier um Emissionen des Initiators Hannover Leasing. Bei etlichen Fondsbeteiligungen wurden die steuerlichen Grundlagenbescheide geändert. Mit der sehr ärgerlichen Folge, dass Investoren insgesamt Millionen Euro ans Finanzamt zahlen müssen, die aus Steuerersparnissen aufgrund früherer Verlustzuweisungen resultierten. Die Finanzverwaltung hat festgestellt, dass das steuerliche Konstrukt bei den Fonds so nicht funktioniert, und das hätten die Initiatoren eigentlich wissen müssen. Probleme gibt es zunehmend auch bei den Lebensversicherungsfonds. Hier wird immer mehr klar, dass die Renditeprognosen nicht zu halten sind und Investoren sogar erhebliche Kapitalverluste drohen. Darüber hinaus der Dauerbrenner, die Geschlossenen Immobilienfonds.
BSZ:
Sind Geschlossene Fonds deshalb gleichsam Teufelszeug?
RA Ahrens:
Selbstverständlich nicht. Der Wohlstand unseres Landes und die gedeihliche Entwicklung unserer Wirtschaft beruhen maßgeblich auf privaten Investitionen. Das beginnt beim Bau eines Eigenheims, erstreckt sich über den Kauf von Aktien und Aktienfonds und endet sicher lange noch nicht bei einer Geschlossenen Beteiligung. Eine solche, sieht man einmal von Medienfonds und Lebensversicherungsfonds ab, ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Überdies unterstelle ich den meisten Initiatoren Geschlossener Beteiligungen lautere Absichten. Entscheidend ist aber letztlich, wem eine solche Beteiligung empfohlen, besser: verkauft wird. Und hier sind wir wieder an dem Punkt angelangt, um den sich schon seit Jahren letztlich alles dreht. Nämlich die Beratung von Investoren insbesondere durch Banken und Sparkassen.
BSZ:
Ist die Anlageberatung denn wirklich so schlecht und fehlerhaft?
RA Ahrens:
Nicht immer, aber häufig. Wir bekommen halt fast ausschließlich solche Fälle auf den Tisch, bei denen die so genannte Anlageberatung nachweislich ihre Bezeichnung nicht verdient hat. Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht von an sich schlechten Investmentprodukten, sondern von angeblichen Beraterinnen und Beratern, die etwa eine Schiffsbeteiligung oder einen Lebensversicherungsfonds allein aus Provisionsinteressen vermittelt haben und nicht, weil ein solches Investment zum Kunden passt.
BSZ:
Sie haben da sicher Fälle, die beispielhaft sind für solch eine Vorgehensweise, oder?
RA Ahrens:
Lassen Sie es mich etwas allgemeiner darstellen: Eine Schiffsbeteiligung kann für einen unternehmerisch denkenden Anleger, der bereits über ein ansehnliches Vermögen verfügt, ein sehr gutes Investment sein. Der Investor will sein Portfolio diversifizieren und – entsprechend seinen beruflichen und sonstigen Erfahrungen – auch in unternehmerische Anlageformen. In einem solchen Fall ist ein Schiffsfonds tatsächlich das passende Produkt, weil der Investor sich in der Regel der damit verbundenen Risiken bewusst ist und diese auch akzeptiert. Sobald aber einer fast 70jährigen Witwe mehrere Schiffsbeteiligungen empfohlen werden mit dem Hinweis sicherer und hoher Ausschüttungen, hat dies nichts mehr mit einer fairen und regelgerechten Anlageberatung zu tun. Das Gleiche gilt für den Berater einer Sparkasse, der seinem Kunden – einem frühpensionierten Beamten – einen Lebensversicherungsfonds als extrem sicherer und deutlich besser verzinster Festgeldersatz verkauft. Sie sehen, jeder Fall ist anders. Und letztlich läuft es fast immer auf eine Falschberatung hinaus.
BSZ:
Dabei haben wir noch gar nicht von verschwiegenen Rückvergütungen, den „Kick-backs“, gesprochen …
RA Ahrens:
Richtig, dass Banken und Sparkassen bei der Vermittlung von Geschlossenen Beteiligungen diese ihren Kunden gegenüber offenlegen müssen, hat der Bundesgerichtshof ja erst vor ein paar Jahren festgestellt. Die Verstöße gegen diese rechtliche Vorgabe gehen mittlerweile in die Zehntausende. Doch schon Jahre vor diesem BGH-Entscheid hat es Falschberatung, wie ich sie eben geschildert habe, gegeben. Auch vor zehn oder 15 Jahren sind speziell Schiffsbeteiligungen an für diese Investments ungeeignete Anleger verkauft worden. Ganz zu schweigen von Medienfonds, die nachweislich als Produkt und auch im Hinblick auf die Anlageberatung eine einzige Katastrophe waren und bis heute aufgrund ihrer auch juristischen Folgeerscheinungen noch sind.
BSZ:
An Ihrem Berufsstand, also den auf Investorenschutz spezialisierten Anwälten, gibt es oft harsche Kritik. Woran liegt das?
RA Ahrens:
Da sollte man sich zunächst anschauen, woher diese Kritik kommt. Einerseits selbstverständlich von Initiatoren, die ihre Produkte nicht unbedingt so gestalten, dass es zu einem fairen Interessensausgleich zwischen Anbieter und Investor kommt. Ich erinnere nur an die unglaublich hohen Weichkosten von mehr als 20 Prozent bei manchen Beteiligungen. Mit solchen Anwürfen können wir leben. Dann kommt Kritik natürlich von der Verkäuferseite, insbesondere den Banken und Sparkassen, die die Anlageberatung ihrer eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für über jeden Zweifel erhaben betrachten. Für uns sind das eher Scheingefechte oder sogar das letzte Hurra, weil sich die Institute dank – wie ich betone – versierter Fachanwälte und höchstrichterlicher Rechtsprechung zunehmend in die Enge getrieben sehen. Es ist nun einmal so, dass der Teil der gerichtlichen Verfahren, der zugunsten der Investoren, also der Kläger, ausgeht, oder aber außergerichtlich verglichen wird, immer die Falschberatung der Vertriebe feststellen.
BSZ:
Da gibt es jedoch nicht nur die Initiatoren und die Banken und Sparkassen als Kritiker, sondern oft auch die Medien, die Fälle rüden Vorgehens von Anwälten dokumentieren und anprangern …
RA Ahrens:
Sobald da ein ganzer Berufsstand angegangen wird, also alle Kolleginnen und Kollegen, die sich auf die Interessenvertretung von Investoren spezialisiert haben, über einen Kamm geschoren werden, finde ich dies sehr bedauerlich. Es gibt gute und schlechte Anwälte. Das ist in unserem Beruf genauso alltäglich wie in anderen Lebensbereichen. Ich muss allerdings einräumen, dass es in den vergangenen Jahren einen erkennbaren Trend gibt. Und zwar dergestalt, dass die weniger gut qualifizierten Anwälte allmählich überhand nehmen respektive mehr von sich reden machen.
BSZ:
Wie meinen Sie das?
RA Ahrens:
Es ist kein Geheimnis, dass es bei Rechtsstreitigkeiten um Geschlossene Beteiligungen oft um vergleichsweise hohe Streitwerte geht. Was naturgemäß ziemlich lukrativ für einen Anwalt ist, der seinen Mandanten gegen einen Fondsinitiator oder die beratende Bank respektive Sparkasse vertritt. Da ergeben sich Gebühren, die um ein Vielfaches höher liegen als bei Auseinandersetzungen etwa nach einem Verkehrsunfall oder bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Es ist nur menschlich, dass nicht wenige Kolleginnen und Kollegen ohne Qualifikation aufgrund der erhofften großen Einkommenschancen auf diesen fahrenden Zug aufspringen. Oft ohne jemals nur einen einzigen vergleichbaren Fall bearbeitet zu haben. Wir kennen genügend Fälle, dass von tatsächlich qualifizierten Kollegen Schriftsätze und auch Klageschriften eins zu eins übernommen wurden. Und da liegt der Haken. Denn unsere Arbeit verläuft nicht nach Schema F, weil viele Fälle zwar vergleichbar sind, aber bei näherem Hinsehen dann doch wieder anders. Da tauchen bisweilen Schwierigkeiten und auch Argumentationslinien der Gegenseite auf, die die gesamte Kompetenz und Erfahrung eines versierten Fachanwalts erfordern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt steigen all jene Kolleginnen und Kollegen, die ein schnelles Geschäft witterten, aus. Sehr zum Verdruss ihrer Mandanten, die vom Regen in die Traufe gekommen sind, weil sich außer den Anwaltsgebühren nichts ergeben hat. Das ist selbstverständlich ein gefundenes Fressen für die Medien. Was ich in gewisser Hinsicht auch verstehe.
BSZ:
Und wie können sich Mandanten vor Kolleginnen und Kollegen schützen, die von solchen komplizierten Fällen lieber die Finger lassen und stattdessen weiter Verkehrs- oder Nachbarschaftsrecht machen sollten?
RA Ahrens:
Jeder Investor bzw. potenzieller Mandant sollte sich eine Leistungsbilanz des favorisierten Anwalts vorlegen lassen. Darin ist in der Regel sehr genau zu erkennen, ob die Kollegin oder der Kollege etwas taugt oder aber nicht. Zu einer Leistungsbilanz zählen aus meiner Sicht die Anzahl der Mandate bzw. Fälle. Vor allem aber die Erfolgsquote. Im Klartext: Wer als Anwältin oder Anwalt bis dato nur drei Investoren vertreten und davon auch noch zwei Fälle verloren hat, der scheint mir nicht sehr geeignet für ein neues Mandat. KWAG beispielsweise legt schon seit Längerem eine dokumentierte Leistungsbilanz vor. Danach haben wir mehr als 95 Prozent aller Fälle – und das sind bis heute mehrere Tausend – vor Gericht gewonnen oder zugunsten unserer Mandanten verglichen. Ich glaube, diese Zahlen sprechen in punkto Qualifizierung unseres Teams und Qualität unserer Arbeit für sich.
BSZ:
Auch aufgrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise strafft der Gesetzgeber zunehmend die Zügel. Haben Sie nicht die Befürchtung, dass Ihnen irgendwann die Fälle und damit auch die Arbeit ausgehen?
RA Ahrens:
Da bin ich sehr gelassen. Denn solange es Investoren gibt und solange es Initiatoren von Anlageprodukten gibt, so lange wird es auch Fehler und Falschberatung geben.
BSZ:
Herr Rechtsanwalt Ahrens, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und die offenen Worte.
Über den BSZ e.V.:
Der BSZ® e.V. arbeitet innerhalb der Interessengemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger mit Kanzleien zusammen, die in diesem Bereich nach Meinung von Marktbeobachtern zu den Besten in Deutschland gehören. Die Anwälte haben langjährige Erfahrungen in allen Bereichen des Kapitalanlagerechts; sie haben ihre Fähigkeiten außerdem durch eine Vielzahl von ober- oder gar höchstrichterlichen Urteilen und durch hunderte von Vergleichen für ihre Mandanten unter Beweis gestellt. Der BSZ® e.V. vermittelt den Kontakt zu denjenigen Anwälten, die die betreffende Interessengemeinschaft betreuen. Der BSZ® e.V. arbeitet nicht mit Personen oder Unternehmen zusammen, die Kapitalanlagen entwickeln, initiieren oder vermitteln. Deshalb ist die Betreuung im Rahmen der Interessengemeinschaften umfassend und nicht in irgendeiner Weise eingeschränkt. Der Vorstand des BSZ® e.V. ist unabhängig und nicht weisungsgebunden. Der BSZ® kann dabei auf überdurchschnittliche Erfolge im Bereich Anlegerschutz verweisen: Ein Grund dafür ist, dass die Zusammenführung von Geschädigten in Interessengemeinschaften dazu führt, dass deren Rechte wesentlich effizienter wahrgenommen werden können als wenn jeder Anleger alleine tätig werden würde.
Übrigens: der kompetente Anlegerschutzanwalt wird dem geschädigten Kapitalanleger - bevor dieser dem Anwalt schlussendlich ein Mandat erteilt- eine erste Einschätzung seines Falls vermitteln.
Der aktuelle BSZ e.V. Tipp:
Nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung dürfte es kaum noch Kunden beratender Banken geben, die sich gefallen lassen müssten, an erfolglosen Fondsbeteiligungen festgehalten zu werden. Mit kundiger rechtsanwaltlicher Hilfe bieten sich Erfolg versprechende Möglichkeiten, Schadensersatzansprüche umzusetzen. Das betrifft nicht nur aktuelle Fonds, sondern auch Vorgänge, die Jahre zurückreichen. In der überwiegenden Zahl solcher Fälle werden an beratende Banken Rückvergütungen geflossen sein. Das führt grundsätzlich zu einer Haftung von Kreditinstituten, die sich an, wie es der Bundesgerichtshof formuliert, fragwürdigen Vereinbarungen hinter dem Rücken ihrer Kundschaft beteiligt haben.
BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
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