Nach Schätzungen halten lediglich ein Viertel der Versicherten tatsächlich die volle Laufzeit ihrer Versicherung durch. In allen anderen Fällen werden Versicherungen häufig lange vor Fälligkeit gekündigt. Es stellt sich dann die immer gleiche Frage nach der korrekten Ermittlung des Rückkaufswertes.
Die Lebens- und Rentenversicherer haben zu ihren Gunsten zahlreiche Klauseln in den Verträgen vereinbart, nach denen zum einen Strafzahlungen, so genannte Stornoabzüge, im Falle einer Kündigung zulasten des Versicherungsnehmers vereinbart werden. Zum anderen werden Abschlusskosten und Provisionen auf eine für den Versicherungsnehmer äußerst nachteilige Weise teils in voller Höhe gleich zu Beginn der Versicherung verrechnet, so dass sich über viele Jahre hinweg ein negativer Rückkaufswert beziehungsweise kein Rückkaufswert ergibt.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu in den letzten Jahren zahlreiche Entscheidungen getroffen, zuletzt am 17. Oktober 2012. Dort hat er auf die Klage einer Verbraucherzentrale einen großen Versicherer dazu verurteilt, die Verwendung bestimmter Klauseln, welche für Versicherungsnehmer äußerst nachteilig sind, zu unterlassen. Viele Versicherte, welche ihre Verträge vorzeitig gekündigt haben, können auf Basis dieser Entscheidung mit teils mehreren 1.000,-- Euro zusätzlicher Rückzahlungen durch ihre Versicherer rechnen.
Die Praxiserfahrung der letzten Wochen seit Verkündung dieses verbraucherfreundlichen Urteils zeigt jedoch, dass die meisten Versicherer trotz der eindeutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs behaupten, diese sei deshalb nicht anwendbar, weil sie einen anderen Gegner betreffe. Diese Einlassung ist in aller Regel unsinnig, denn die von den Versicherern verwendeten Klauseln sind zwar nicht immer wortgleich, beinhalten aber in ihrer überwiegenden Mehrheit vergleichbare Regelungen zum Stornoabzug und zur Verrechnung von Abschlusskosten bei Kündigungen. Daher wird auch heute häufig der Rückkaufswert erheblich zu tief angesetzt und dementsprechend viel zu wenig an die Versicherungsnehmer ausgezahlt.
Ohnehin stellen sich die Versicherungen ganz offen auf den Standpunkt, dass jeder einzelne Versicherungsnehmer seine Ansprüche individuell geltend machen muss. Die Erfahrung zeigt, dass Versicherungsnehmer, die sich selbst ohne fachkundige Hilfe mit ihrem Anliegen an ihrem Versicherer wenden, ein standardisiertes Ablehnungsschreiben der Versicherung als Antwort versendet wird.
Betroffene sollten daher dringend fachkundige Hilfe von einem spezialisierten Rechtsanwalt und Fachanwalt für Banken- und Kapitalmarktrecht beziehungsweise Fachanwalt für Steuerrecht einholen und ihre Ansprüche prüfen zu lassen. Dies kann je nach Einzelfall sehr lohnend sein.
Für die Prüfung von Ansprüchen aus Lebens- und privaten Rentenversicherungen durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht, hat der BSZ e.V. die Interessengemeinschaft Versicherungen gegründet. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen zu bündeln und prüfen zu lassen und der Interessengemeinschaft beizutreten.