BSZ: Am 01.05.2014 gab das Itzehoer Insolvenzgericht dem Antrag der PROKON Regenerative Energien GmbH statt und eröffnete das Insolvenzverfahren. Was bedeutet das für die rund 75.000 Genussrechtsinhaber?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: PROKON's Vermögen wurde beschlagnahmt. Das Unternehmen kann nicht mehr schuldbefreiend auf Insolvenzforderungen gegen die Masse leisten. Die Genussrechtsinhaber müssen jetzt ihre Forderungen zur Tabelle anmelden und auf eine Quote hoffen.
BSZ: Wer entscheidet, wer was erhält?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Die Betroffenen müssen Ihre Forderungen anmelden. Im Anschluss daran gibt es einen Prüfungstermin. Im Prüfungstermin entscheidet das Insolvenzgericht, ob die Forderungen begründet sind.
BSZ: Und entscheidet das Gericht auch, was die Betroffenen auf ihre Forderungen bekommen.
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Das hängt von der Summe der Masse ab. Und der Höhe der festgestellten Forderungen. Das Verhältnis zwischen der Masse und der Forderung wird auch als Quote bezeichnet. Im Insolvenzverfahren fehlt denknotwendig von Anfang an Geld. Das heißt, dass die Gläubiger meistens nicht alles bekommen. Die Höhe der Quote hängt von Variablen, die noch nicht abschließend bestimmt werden können, ab. Deshalb hat der Insolvenzverwalter Penzlin die mutmaßliche Quote nur schätzen können.
BSZ: Von welchen Faktoren könnte die Höhe der Quote im Fall PROKON abhängen?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Der Verwalter Penzlin geht von einem Unternehmensvermögen in Höhe von rund EUR 1 Mrd. aus. Und nimmt an, dass dem Vermögen Forderungen in Höhe von rund EUR 1,5 Mrd. gegenüber stehen. Und schließt wahrscheinlich aus dem Verhältnis auf die mutmaßliche Quote. Das ist nach unserer Einschätzung die sprichwörtliche Milchmädchenrechnung. Denn bis jetzt wurden nur Forderungen in Höhe von rund EUR 391 Mio. geltend gemacht. Das heißt, dass alle Anleger, die bis jetzt Forderungen geltend gemacht haben, voll bedient werden. Das muss aber auch im Insolvenzverfahren vertreten werden.
BSZ: Werden alle Genussrechtsforderungen gleichbehandelt?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Das hätte der Insolvenzverwalter gern. Er geht davon aus, dass die Nachrangklausel im Bedingungswerk unwirksam ist. Und möchte deshalb alle Genussrechtsforderungen als echte Insolvenzforderungen zur Tabelle nehmen. Ich bin der Meinung: Herr Penzlin hat sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und versucht, das Verfahren zu retten. Denn damit würde er sehr viel Geld verdienen. Das wäre meines Erachtens der falsche Ansatz.
BSZ: Weshalb ist das für die Anleger von Nachteil?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: In jedem Großschadensfall gibt es mehrere Anlegerklassen. Es gibt sicherheitsorientierte und spekulative Anleger. Es gibt Härtefälle. Und es gibt Betroffene, die etwas gegen das Unrecht tun und es gibt Betroffene, die die Dinge sprichwörtlich laufen lassen. Ich halte es in den Fällen für ungerecht, die Anleger gleich zu behandeln. Denn die, die die Durchsetzung ihrer Forderungen mit guten Gründen betreiben, müssen privilegiert werden.
BSZ: Welche privilegierten Gründe können die Betroffenen gegebenenfalls geltend machen?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Umfassend vertretene Genussrechtszeichner haben in aller Regel widerrufen und Schadensersatzansprüche aus Betrug geltend gemacht. Die daraus folgenden Forderungen sind echte Insolvenzforderungen, die vor allen anderen Forderungen bedient werden müssen.
BSZ: Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass die Nachrangklausel unwirksam ist. Müssten die Forderungen der Genussrechtszeichner in dem Fall alle gleich behandelt werden?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Wenn da so wäre. Ja. Aber das ist nach unserer Einschätzung nicht der Fall. Mehrere Gerichte haben klargestellt, dass ähnliche Klauseln wirksam sind. Das finde ich auch schlüssig. Denn Genussrechtskapital wird in den Bilanzen meistens als Eigenkapital ausgewiesen. Und Eigenkapitalforderungen stehen im Insolvenzverfahren stets im Nachrang. Die vom Insolvenzgericht bemühte Entscheidung greift nicht. In dem Fall ging es um ein Darlehen, dass die Eltern eines Schülers der Privatschule gewährt haben. Und Eltern gehen im Zweifel nicht davon aus, dass die Schule in die Insolvenz geht. Die Vereinbarung in dem Kontext würde ich auch für überraschend, und damit unwirksam, halten. Aber im vorliegenden Fall ging es um ein mezzanines Investments eines Unternehmens, dass sich über den Kapitalmarkt Geld beschafft hat. In fast allen Fällen, die ich kenne, haben die Emittentinnen solche Klauseln ausgewiesen. Das ist nicht überraschend. Und deshalb auch nicht unwirksam.
BSZ: Was empfehlen Sie Betroffenen?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Wenn der Insolvenzverwalter sich irrt, und dafür spricht gerade viel, falsch liegt, wird die Einschätzung des Gerichts kassiert. Die qualifizierten Forderungen der Genussrechtsgläubiger werden privilegiert. Die bekommen nach Lage der Dinge alles zurück. Anleger, die nichts tun, bekommen weniger oder nichts. Wenn die Genussrechtsgläubiger alle Chancen wahren wollen, müssen sie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren qualifiziert begründen. Das kostet nicht viel und sichert die Ansprüche.
BSZ: Musste es soweit kommen?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: PROKON's Idee, grüne Energien zu fördern und unsere Erde vor allem vor den vernichtenden Gefahren der Kernkraft zu schützen, ist richtig. Und PROKON begann mit dem Gedanken Geld zu verdienen. Die haben leider Fehler gemacht. Und zuletzt viele Anleger betrogen. Aber das Unternehmen verdient Geld. Viel Geld. Und deshalb gibt es nach meiner Einschätzung keinen Insolvenzgrund. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Unternehmen nicht insolvenzreif überschuldet sind, wenn die Gläubiger auf ihr Geld warten können und die meisten Forderungen in absehbarer Zeit erfüllt werden können. Und das Unternehmen Substanz hat. Nach unserer Einschätzung liegen die Voraussetzungen vor. PROKON verdiente im letzten Jahr knapp EUR 500 Mio. ebitda. Wegen der fixen Einspeisevergütung aus dem Erneuerbare Energien Gesetz kann man damit kalkulieren. Wenn PROKON EUR rund EUR 500 Mio./ Jahr verdient, könnten die die Schulden aus den Genussrechten in den nächsten drei Jahren abtragen. Der Bundesgerichtshof verneint einen Insolvenzgrund, wenn die Schuldnerin die Forderungen in absehbarer Zeit selbst tilgen kann. Und das scheint der Fall zu sein. Die Genussrechtsgläubiger ziehen aus dem mutmaßlichen Schlechtester-Fall-Szenario nicht mal ein Drittel auf Ihre Forderung. Wenn Sie ein paar Jahre warten würden, bekämen Sie alles. Und die Rendite würden Sie mit halbwegs ansprechenden Angeboten nie am geregelten Kapitalmarkt erzielen. Es gibt, mit Ausnahme der Härtefälle, keinen Grund, die Emittentin in die Insolvenz zu treiben.
BSZ: Und warum ging PROKON in die Insolvenz?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Wir halten die rechtlichen Ausführungen, mit denen der Insolvenzverwalter die Zahlungsunfähigkeit begründet hat, für absurd. Gutachter können auch mit bestimmten Vorgaben beauftragt werden. Ob das in den Fall so gewesen ist, wissen wir nicht. Aber wir glauben an das Unternehmen, die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und schätzen, dass Herr Penzlin als Insolvenzverwalter der Einzige ist, der mit der Insolvenz PROKON's richtig viel Geld verdient. Und der hat nach unserer Einschätzung eine ganze Reihe von ganz wichtigen Fragen links liegen lassen. Das hätte das Insolvenzgericht prüfen müssen.
BSZ: Und was werden Sie jetzt tun?
Rechtsanwalt Matthias Gröpper: Wir greifen den Eröffnungsbeschluss an. Nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage gibt es unseres Erachtens keinen Insolvenzgrund; die Betroffenen können in ein paar Jahren alles zurückbekommen. Und in der Zwischenzeit müssen die, leider, Ihre Forderungen in der Insolvenz bestmöglich vertreten. Mit der Unterstützung spezialisierter Anlegeranwälte.
Für Anleger von Prokon bestehen gute Gründe die Interessen zu bündeln und der BSZ e.V. Interessengemeinschaft Prokon beizutreten.
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 05. Mai 2014 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen Einschätzung führen.