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Für eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft "Doping" sieht die Landesregierung keinen Anlass: "Keine verstärkte Anzeigeerstattung"

Jürgen Walter: "Landesregierung lässt jedes entschiedene Handeln vermissen"

(lifePR) (Stuttgart, )
Die Landesregierung sieht weiterhin keinen Anlass zur Einrichtung einer von den Grünen geforderten Schwerpunktstaatsanwaltschaft Doping. Diese Forderung wird seit Jahren in allen Expertenhearings zur Dopingbekämpfung erhoben. Wie jetzt aus einer Stellungnahme des Wissenschaftsminister auf einen Antrag des sportpolitischen Sprechers der Grünen im Landtag Jürgen Walter hervorgeht, begründet die Landesregierung ihre Verweigerungshaltung mit der Tatsache, dass den Staatsanwaltschaften in den letzten Jahren "nur in sehr geringer Zahl Tatsachen bekannt" wurden, die den "Anfangsverdacht von Straftaten im Zusammenhang mit Doping im Sport begründet." Insbesondere in Baden-Württemberg sei es nicht zu einer verstärkten Anzeigeerstattung durch die Sportverbände gekommen. Deshalb seien auch seit 2005 keinerlei Verfahren anhängig, mit Ausnahme eines Verfahrens gegen die beiden Freiburger Sportmediziner aufgrund deren Selbstbelastungen in Sachen Doping-Praktiken bei der Freiburger Sportmedizin.

Angesichts der Enthüllungen der letzten Tage über das Ausmaß des Dopings im Radsport eine - wie Jürgen Walter spöttisch anmerkt - fast schon an Komik grenzende Begründung für Nichtstun: "Wer im Zusammenhag mit Doping gegen geltendes Recht verstößt, muss in Baden-Württemberg wohl erst dann mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren rechnen, wenn er sich selbst beschuldigt." Die Landesregierung handele hier wie die drei Affen: "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Die Landesregierung lässt jedes entschiedene Handeln vermissen." Während sich an einer staatlichen Hochschule im Lande die Drehscheibe des Sportdopings entfalten konnte, sei das Interesse, diesen Saustall auszumisten, nicht sehr weit entwickelt.

Auch über die Wirksamkeit von Kontrollmechanismen bei der Universitätsklinik Freiburg hat die Landesregierung eine reichlich blauäugige Ansicht. So heißt es in der Stellungnahme, dass Dopingmittel eben auch Medikamente seien, die im Klinikalltag gebraucht werden, und die Beschaffung in der Klinikapotheke bzw. bei anderen Apotheken über einsehbare Listen bestellt würden; über die bestellten Medikamente werden monatlich Listen erstellt, die auch kontrolliert würden.

Genau diese Kontrollmechanismen waren offensichtlich unzureichend und konnten die Praktiken in Freiburg nicht verhindern. Freiburgs Universitätsrektor Jäger gestand jetzt ein, dass er nicht wisse, ob das Doping-Mittel EPO aus Apotheken der Universitätsklinik stammt. "Einsehbare Listen" waren offensichtlich selbst für den Rektor der Universität nicht aussagekräftig. Diese Frage wird wohl - so Walter - auch erst wieder aufgeklärt werden, wenn die inzwischen fristlos entlassenen Sportmediziner durch die eingesetzte Untersuchungskommission befragt werden und bereit sind, ihre Methoden der Dopingmittel-Beschaffung zu erläutern.

Wie man an einschlägiges Wissen kommt, wussten die beiden Ärzte durchaus. Obwohl sie nicht verpflichtet waren, an Weiterbildungsmaßnahmen zur Dopingproblematik teilzunehmen, haben sie laut Landesregierung reichlich Gelegenheit dazu. So hätten sie neben ihrer Zusatzausbildung zum Sportmediziner auch bei regelmäßig stattfindenden Weiterbildungsangeboten und Kongressen ausreichend Gelegenheiten gehabt, sich mit der Dopingproblematik zu befassen.

Auf die Forderung der Grünen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass künftig keine Dopingmittel mehr über Universitätsklinika und ihre Beschäftigen in Umlauf gebracht werden, geht die Landesregierung nicht ein. "Das Problem liege nicht in der Verbreitung derartiger Mittel, sondern in der Verwendung", ist die lapidare Begründung, an diesem Punkt des Dopingsystems nicht tätig werden zu wollen.

Walter: "Wie schon bei der Forderung nach einer Verschärfung des Strafrechts und Einbeziehung des sich selbst dopenden Sportlers hat die Landesregierung keine entschiedene Meinung. Abwarten, abwiegeln, gucken was die anderen machen, und bis dahin erst mal nicht tätig werden. Das ist die laxe Haltung der Landesregierung, und solange sich da nichts ändert, werden sich bei der Bekämpfung von Doping im Sport keine großen Erfolge einstellen. Ich fordere die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für ein echtes Anti-Doping-Gesetz einzusetzen und dem Placebo-Gesetz von Minister Schäuble eine Absage zu erteilen. Wer im Drogensumpf sitzt, kann nur durch ein entschiedenes Handeln wieder Glaubwürdigkeit gewinnen."
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