Mit der "Mineralölverordnung" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) soll die Pflicht zur Verwendung sogenannter Barrierematerialien bei altpapierhaltigen Packstoffen zur Vermeidung potenzieller Migration von bestimmten Mineralölbestandteilen aus Verpackungen in Lebensmitteln eingeführt werden. Eine solche Barrierepflicht würde massiv Einfluss auf die derzeitige Verwendung von papierbasierten Verpackungen in der Lebensmittelkette und auf deren Recyclingfähigkeit und die Kosten für Recycling nehmen. Begründet wird der politische Schritt mit der Gesundheitsgefahr, die von den Mineralölbestandteilen MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) ausgeht. Aber, die maßgebliche Eintragsquelle von MOAH in die Recyclingkreisläufe von Papier ist die Bedruckung von Papier- und Kartonerzeugnissen, die gar nicht als Lebensmittelverpackung dienen, mit mineralölhaltigen Druckfarben. "Maßnahmen, die auf genau diese Eintragsquelle gezielt Einfluss nehmen und für saubere Recyclingkreisläufe sorgen, hat die Bundesregierung seit Jahren versäumt und sogar abgelehnt. Das Konzept der Mineralölverordnung bestraft nun die verpackende Lebensmittelwirtschaft und die Lebensmittelverpackungshersteller für Missstände, die nicht in ihrem Einflussbereich und ihrer Verantwortung liegen", moniert Dr. Stähle.
In Eigenverantwortung betreibt die Lebensmittelwirtschaft seit Jahren erfolgreiche Minimierungsstrategien für Mineralölbelastungen der Lebensmittel, für die es sehr unterschiedliche Quellen geben kann. Die Ergebnisse werden im Monitoring des mit der Lebensmittelüberwachung gemeinsam betriebenen Projekts "MOH-Orientierungswerte" zusammengefasst, das ausdrücklich von der Verbraucherschutzministerkonferenz unterstützt wird. Dr. Stähle betont: "Die Daten des Projektes belegen objektiv, dass der gesundheitliche Verbraucherschutz heute in Bezug auf die kritischen Mineralölbestandteile MOAH bereits gewährleistet ist". Aus den "MOH-Orientierungswerten" geht hervor, dass trotz der unterschiedlichen Quellen im breiten Lebensmittelangebot nicht mit MOAH-Belastungen gerechnet werden muss und sich die Guten Herstellungspraktiken geändert haben. Die "MOH-Orientierungswerte" kommen in der Anwendung und Wirkung einer faktischen Selbstverpflichtung der Wirtschaft gleich. Es ist völlig unverständlich, warum die Bundesregierung die Fortschritte und gegenwärtige Situation nicht zur Kenntnis nimmt, sondern die Notwendigkeit einer "Mineralölverordnung" noch immer und ausschließlich mit Untersuchungen aus dem Jahr 2009 begründet.
Besonders besorgniserregend für die Branche sind die mit der Umstellung durch die "Mineralölverordnung" verbundenen Kostenfolgen. Neue Verpackungskonzepte, der Zertifizierungsaufwand und das aufwändigere Recycling werden zu einer weiteren Verteuerung vor allem papierverpackter Lebensmittel führen müssen. Dr. Sieglinde Stähle fordert: "Der Abwehrschirm der Bundesregierung beinhaltet u. a. die Maßnahme, unverhältnismäßige Bürokratie zu vermeiden und der Wirtschaft keine zusätzlichen Bürokratielasten aufzubürden. Die Mineralölverordnung bringt für die Lieferketten auch erheblichen und zusätzlichen bürokratischen Aufwand mit sich. Zudem ist der Preis für Papier als Rohstoff für Verpackungen extrem gestiegen und belastet nicht nur die Lieferkette, sondern auch spürbar die Verbraucher. Daher nehmen wir die Wirtschaftspolitik beim Wort und fordern die Aussetzung der Mineralölverordnung."